Bezirk Innsbruck-Land

Aktiver Chronist der Volkskultur

Bäuerliche Volkskultur in Form von Höfen, Stuben und Öfen aus Nord-, Ost- und Südtirol hält Klaus Markovits für sein ?Tirol-Archiv? fest.
© Klaus Markovits

Klaus Markovits aus Oberhofen dokumentiert die ganze Vielfalt der Tiroler Bauernhöfe, Stuben und Öfen auf seiner Website und in prachtvollen Bildbänden. Die Realität findet er viel faszinierender als jede Inszenierung.

Von Martina Schratzberger

Oberhofen – „Es gibt zwei Arten der Konzentration“, sagt Klaus Markovits aus Oberhofen. „Die, die anstrengt, und jene, die man geschenkt bekommt. Man nennt sie Faszination und sie bringt innere Leichtigkeit mit sich.“ Bei Markovits hat die Quelle dieser Faszination einen Namen – das Tiroler Bauernhaus in seiner ganzen Vielfalt. In Kürze bringt er seinen nächsten Bildband heraus.

Details wie diese mehrere Jahrhunderte alte Ofenkachel faszinieren ihn.
© Klaus Markovits

Markovits kommt gerade von einer seiner vielen Touren zurück. 330 Kilometer sind es diesmal bei einer Erhebungstour ins Südtiroler Gadertal geworden. 300 neue Fotos sind auf der Kamera gespeichert. Für den 59-jährigen Autor war es ein erfolgreicher Tag. Das Wetter ließ traumhaftes Licht in noch nie gezeigte Stuben, die Inhalt seines Archivs werden sollen. Aus diesem 65.000 buchfähigeFotos fassenden Fundus nimmt er den Stoff für seine Bildbände: Tiroler Bauernhöfe, Bauernstuben, Bauernöfen, Kachelöfen, auf Wallfahrtswegen durch Tirol …

Nur mit dem Fotografieren ist die Arbeit natürlich nicht getan, erhebt der Autor doch den Anspruch, mit abgesicherten Daten in Form von Erhebungsblättern zu den jeweiligen Themen „Raumbilder“ zu entwickeln. Das bedeutet, die erhobenen Daten und Fotos 40 Teilräumen in Nord-, Ost- und Südtirol zuzuordnen: Dargestellt wird, welche Bauweisen, Hofformen, Heizsysteme oder Baumaterialien im jeweiligen Teilbereich besonders vertreten sind.

Auf die Frage, wie Klaus Markovits es schafft, bei wildfremden Menschen in die Stube zu dürfen, meint er: „Ein gewisses Vertrauen braucht es schon, vielleicht merkt man mir die Freude am Thema an.“ Vor 20 Jahren hat er Blut geleckt. „Wir waren mit unserem damals noch kleinen Sohn Michael mit dem Rad unterwegs und kamen an einem sehr, sehr schönen Bauernhaus vorbei. Ich ging darum herum, ein Fenster stand offen. Ich schaute gerade hinein, als eine etwa 90-jährige Frau vorsichtig die Ofenstiege herabstieg.“ Zu sehen bekam Markovits einen kuppelförmigen Ofen, den er in dieser Form zuvor noch nie gesehen hatte. Und die Neugierde auf mehr war geweckt. Damals hat er seinen ersten Bildband, betitelt mit „Tiroler Bauernhöfe“, herausgegeben. Das war aber nicht der Endpunkt, sondern der erneute Startpunkt, sich dem Thema des Tiroler Bauernhofes vertiefend auf unterschiedlichen Ebenen zu widmen.

Freilich wird Markovits immer wieder von Insidern mit Tipps gefüttert. Wesentlich verlässlicher seien aber seine Spürnase und die Gabe, hinter Mauern verborgene kulturelle Schätze zu heben. Viele Höfe und Stuben habe er in ruinösem Zustand fotografiert. Kurz vor dem Abriss wurden sie von ihm für seine Website „Tirol-Archiv“ (www.tirol-archiv.at) fotografiert. Ein Teil seines Archivs läuft daher auch unter dem Titel „reine Dokumentaraufnahmen“. Diese mögen nicht immer „buchfähig“ sein, runden aber auf eindrucksvolle Art den Gesamtbestand ab.

Ende November erscheint sein nächster Bildband.
© h

Eine außergewöhnliche Stube hat er etwa in Südtirol ausfindig gemacht, obwohl rundherum eine neue Villa gebaut wurde. „Und zum Teil hatte ich Riesenglück, überhaupt einen Fuß in die Häuser setzen zu können, etwa weil der Besitzer aus Wien gerade die Heimfahrt antreten wollte, als ich die Einfahrt durchquerte.“

Es kann auch vorkommen, dass Markovits dieselbe Stube zweimal vor die Linse bekommt – so wie jene, die er vor 20 Jahren in Nordtirol fotografiert hatte. „18 Jahre später lernte ich in Bozen zufällig einen Baggerfahrer kennen, der mir seine Stube zeigte. Es war ein und dasselbe Werk, es war versetzt worden.“

Auf die Frage, wie er den Stubenbestand in den Tiroler Museen sehe, meint Markovits, dies sei sehr vom Museum abhängig. „Geht das Museumskonzept in Richtung Inszenierung, wenn etwa die Milka-Kuh in einer Stube aufgeblasen wird, um den Kindern Land- und Stubengefühl zu vermitteln, gibt man sich der Lächerlichkeit preis.“ Die Realität sei schöner, ehrlicher. Auch wenn etwa der Bauern­ofen eines 80-Jährigen nicht glänzt und aufpoliert ist, weil dieser gerade noch sein Leben alleine am Hof bestreiten kann. „Dieser Ofen, diese Stube ist wesentlicher Bestandteil seines Lebens. Das macht ihn faszinierend, ästhetisch und authentisch.“

Markovits’ neues Buch „Südtiroler Bauernhöfe“ erscheint Ende November, der zweite Band, der Nord- und Osttirol zum Thema hat, im Frühjahr 2018. Zurzeit beschäftigt sich der Autor zudem mit der Thematik des Vorarlberger Bauernhauses, auch hier ist 2018 ein Buch geplant. Und dann? „Dann lege ich eine schöpferische Pause ein, um meine vielen weiteren Buchideen zu ordnen.“ Material dafür ist ausreichend vorhanden.

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