Kapsch: „Wahlkampf auf fünf Wochen limitieren“
Wien – Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung (IV), hat sich in der Vergangenheit klar für eine Erweiterung der EU ausgesproch...
Wien –Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung (IV), hat sich in der Vergangenheit klar für eine Erweiterung der EU ausgesprochen. In den letzten Jahren habe er seine Meinung in der Sache jedoch geändert, sagt er im APA-Gespräch. „Wir sollten anderen Ländern die Türe nicht vor der Nase zuwerfen, wir sollten aber auf Grund der Stimmungslage in Europa etwas vorsichtiger umgehen“, meint der IV-Chef.
„Ich war immer ein Freund einer sehr weitgehenden Vertiefung und in Wahrheit am Ende einer Art Bundesstaat“, so Kapsch. „Aber man muss die Realitäten zur Kenntnis nehmen: Das würde die Menschen in Europa einfach überfordern und den europäischen Gedanken töten.“ Auch beim EU-Beitritt der Türkei habe er seine Meinung geändert. Dieser mache aufgrund der aktuellen politischen Entwicklungen und jener der vergangenen Jahre keinen Sinn. Die wirtschaftlichen Beziehungen sollten aber intakt bleiben.
In der Flüchtlingsfrage sieht Kapsch große Versäumnisse der EU. „Wir haben Italien und Griechenland über Jahre einfach im Regen stehen gelassen. Wie soll Griechenland – trotz der übertriebenen Militarisierung des Landes – Grenzen mit Hunderten Inseln schützen? Das geht ja nicht.“
„Der nächste Schritt muss jetzt eigentlich sein, dass wir ein entsprechendes Verteilungssystem in Europa finden – weil es kann mir doch kein Mensch erklären, dass ein Kontinent mit über 500 Millionen Menschen nicht in der Lage ist, fünf Millionen Flüchtlinge aufzunehmen.“ Man müsse aber grundsätzlich unterscheiden zwischen Wirtschaftsmigration und Asyl. Letzteres sei ein Menschenrecht. „Bei der Wirtschaftsmigration sehe ich das Thema ganz anders, da glaube ich schon, dass wir selektieren können und müssen.“ Die EU müsse in den betroffenen Ländern Zentren einrichten, um die wirtschaftliche Situation in diesen Ländern zu verbessern und bereits dort zu entscheiden, wer nach Europa darf und wer nicht.
Sehr kritisch sieht Kapsch die Bürokratie in Europa, aber auch in Österreich. „Die Bürokratie in Europa – und zwar nicht die Beamten in Brüssel, sondern die strengen Regulative im Bereich Compliance und Governance, wo wir weit übers Ziel geschossen haben – kostet ungefähr drei Prozent des europäischen BIP.“ Auch in Österreich seien „die Bürokratie erdrückend, die Steuerlast eine Katastrophe und das Arbeitszeitrecht ein Anachronismus“.
Knapp vor der Wahl Gesetze durchzudrücken, sei „ein echter Skandal. Man sollte wirklich einführen, dass ab dem Zeitpunkt, ab dem der Nationalrat beschlossen hat, sich aufzulösen, keine nachhaltigen Beschlüsse mehr gefasst werden dürfen. Dann kommen wir auch von diesen idiotischen Wahlgeschenken weg, die nur Geld kosten und die die nächste Generation bezahlen darf“. Den Wahlkampf sollte man auf maximal fünf Wochen beschränken. (APA, TT)