Papstbesuch

„Ein Mann, der was bewegen will“: Van der Bellen lobt Papst-Reden

Mit seinen Reden und Bibelzitaten begeistert Papst Franziskus auch Österreichs Bundespräsidenten Van der Bellen.
© AFP

„Ich wäre bei jedem Satz froh, wenn er mir eingefallen wäre“, meinte Van der Bellen bei der Lektüre von früheren Reden des Papstes. Die Arbeit des Geistlichen sei durchaus politisch. Am Donnerstag wird der konfessionslose Bundespräsident eine Privataudienz in Vatikanstadt erhalten.

Von Edgar Schütz, APA

Vatikanstadt/Wien – Ein Flug nach Rom dauert nur eineinhalb Stunden, doch hatte Alexander Van der Bellen am Mittwoch genügend Muße zur Lektüre. Der Bundespräsident studierte im Linienflieger Reden von Papst Franziskus, den er am Donnerstag im Vatikan treffen wird, und war von diesen hörbar beeindruckt. „Ich wäre bei jedem Satz froh, wenn er mir eingefallen wäre“, sagte er nämlich danach zu mitreisenden Journalisten.

Thema Migration mit Bibelzitat belegt

Wobei eine Passage, die dem bekennenden Agnostiker Van der Bellen besonders imponierte, gar nicht vom katholischen Kirchenoberhaupt selbst stammt, sondern von diesem aus der Bibel zitiert wurde. „Ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen.“ Damit treffe der 80-jährige Pontifex aus Argentinien bezüglich der Flüchtlingsthematik den Nagel doch ebenso philosophisch wie politisch auf den Kopf, meinte der Bundespräsident, der bereits im Vorfeld der Reise klargestellt hatte, dass er mit Franziskus diesbezüglich auf einer Linie sei.

Diese Haltung des Papstes stärke auch jene Menschen, „die immer noch helfen“, betonte der Ex-Grünen-Politiker. Gleichzeitig drückte er seine Verwunderung aus, wie das Thema Migration und Flüchtlinge in Österreich immer noch diskutiert werde. Wobei klar sei, dass niemand eine Situation wie im Herbst 2015 wolle, wie Van der Bellen betonte. Damals sah sich Österreich mit einer massiven Flüchtlingswelle konfrontiert. Seither sei es aber gelungen, die Lage weitgehend in den Griff zu bekommen. So seien die „Obergrenzen“ für eine Aufnahme von Migranten sukzessive gesenkt worden. „Doch sie wurden nicht erreicht.“ Dies werde aber kaum thematisiert.

Ihm imponiere auch die Besuchsdiplomatie von Franziskus, hielt Van der Bellen vor dem gemeinsamen Treffen fest. „Er macht keine Routinebesuche, sondern sucht sich Punkte aus, wo er etwas bewegen kann.“ Die nächste Reise führe den Papst nach Myanmar und Bangladesch, zeigte sich der Bundespräsident beeindruckt. „Das Flüchtlingsschicksal geht ihm sehr nahe.“

In Myanmar war Ende August ein lange schwelender Konflikt zwischen der buddhistischen Bevölkerungsmehrheit und den muslimischen Rohingya eskaliert. Seither wurden hunderte Rohingya durch das Militär getötet, ihre Häuser wurden niedergebrannt und Frauen vergewaltigt. Mehr als 600.000 Rohingya flüchteten ins Nachbarland Bangladesch. Die UNO stuft das Vorgehen der Armee gegen die Minderheit als „ethnische Säuberung“ ein.

Zwischen Theologie und Politik

Die Reisen des Papstes seien durchaus politisch, kommentierte Van der Bellen, der Franziskus am Donnerstag bei der Audienz in dessen Privatbibliothek auch nach Österreich einladen will. Er setze sich ein für jene, „die unter die Räder komme“ und wisse auch, wie wichtig der Klimaschutz sei. Der Papst verstehe, dass der Klimawandel „wieder Fluchtbewegungen auslösen wird“, lobte der Bundespräsident. „Im Gegensatz zu anderen Politikern“, wie er – offenbar in Anspielung auf US-Präsident Donald Trump – hinzufügte.

Im Vorfeld seiner Reise nach Rom wurde dem Bundespräsidenten ein offener Brief der „Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt“ übergeben. Darin werden unter anderem die Aufhebung des Konkordats sowie die Behandlung aktueller Kirchenmissbrauchsfälle gefordert. Im Gespräch mit Journalisten sah Van der Bellen aber vorerst keinen Grund, am Konkordat zu rütteln, das die rechtlichen Grundlagen und die Gestaltung der Beziehungen zwischen Staat und der römisch-katholischen Kirche regelt. Die Plattform hatte in einer Aussendung unter anderem kritisiert, das Konkordat sei nicht mehr zeitgemäß, koste den österreichischen Steuerzahler Milliarden und verhindere zudem die Prävention von sexuellen Misshandlungen durch Kleriker an Kindern.

Der ehemalige Grünen-Politiker, der früher der evangelischen Kirche angehört hatte, aber seit Jahrzehnten konfessionslos ist, wird seine Reise in den Vatikan und in Rom übrigens früher beenden, als es ursprünglich vorgesehen war. Van der Bellen wird bereits am Donnerstagabend nach Wien zurückkehren. Der für Freitag geplante Besuch beim Souveränen Malteser-Ritter-Orden wurde ebenso auf Donnerstagnachmittag vorverlegt wie jener bei der insbesondere in Flüchtlingsfragen engagierten Gemeinschaft Sant‘Egidio.

Gestrichen wurden dafür Besichtigungen des Petersdoms und der Sixtinischen Kapellen. Hintergrund seien aber keine gesundheitlichen Probleme des 73-Jährigen, wie die Präsidentschaftskanzlei betonte, sondern wichtige Termine in Wien. Zu Beginn der Woche hatte Van der Bellen an einer Grippeerkrankung laboriert.