Bundesheer: Auf neuen Verteidigungsminister warten viele Baustellen
Wien (APA) - Wer auch immer in der schwarz-blauen Regierung das Verteidigungsressort übernimmt, erbt eine riesige Baustelle. Das Bundesheer ...
Wien (APA) - Wer auch immer in der schwarz-blauen Regierung das Verteidigungsressort übernimmt, erbt eine riesige Baustelle. Das Bundesheer wurde in den vergangenen Jahren finanziell ausgehungert, Waffen, Geräte sowie Fahrzeuge wurden ausrangiert und die Organisation so oft „reformiert“, dass keine einzige Reform zu Ende geführt wurde.
Der scheidende Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat in vielen Bereichen eine Trendwende eingeleitet. Das war aber nur ein Anfang. Der künftige Ressortchef wird noch einiges an Bauschutt aufräumen müssen. Die APA bietet im Folgenden einen Überblick.
LUFTRAUMÜBERWACHUNG
Ein großes Thema für den neuen Minister wird die Luftraumüberwachung sein. Zum einen muss dringend ein Ersatz für die seit 1970 eingesetzten Saab 105-Flieger gefunden werden. Die noch in Verwendung befindlichen 15 Düsenflieger werden zu Trainingszwecken und als Unterstützung für den Eurofighter bei der Luftraumüberwachung verwendet. Sie sollen aus Altersgründen 2020 ausrangiert werden.
Die zweite Baustelle sind die Eurofighter selbst. Minister Doskozil hat den Ausstieg aus dem umstrittenen System eingeleitet und geplant gehabt, die Eurofighter und die Saab 105 gemeinsam durch eine Überschall-Flotte mit 15 Einsitzern und drei Doppelsitzern zu ersetzen. Ob die schwarz-blaue Regierung das weiter betreiben wird, ist fraglich. Gut möglich, dass sie stattdessen die Saab 105 durch neue Eurofighter ersetzt. Immerhin ist dieses System schon implementiert. Zudem gibt es Zweifel, ob ein Umstieg auf ein neues System tatsächlich günstiger wäre als die Beibehaltung der Eurofighter.
Auch ein Teil der Hubschrauber-Flotte gehört saniert. Sowohl die 24 Alouette als auch die zehn OH-58 Kiowa müssen aus Altersgründen ersetzt werden. Bei den Black-Hawk-Hubschraubern muss die Avionik modernisiert werden, das wurde aber bereits auf Schiene gebracht.
PERSONALMANGEL
Ein massives Problem für das Militär stellt der Personalmangel dar. In manchen Bereichen fehlen dem Bundesheer Hunderte Leute, besonders prekär ist die Situation bei Flugtechnikern, Piloten, Ärzten sowie Gruppenkommandanten, wie die APA aus gut informierter Quelle erfahren hat. Grund dafür sind einerseits der Personalabbau der letzten Jahrzehnte, die steigenden Pensionsabgänge und andererseits schlechte Rahmenbedingungen.
Von 2007 bis 2016 wurden beim Bundesheer 3.071 Vollzeitäquivalente (Zivil- und Militärbedienstete) abgebaut. Alleine in den Jahren 2011 und 2012 wurden jeweils über 600 Stellen gestrichen. Heuer gab es erstmals ein kleines Plus von 19 Vollzeitäquivalenten.
Derzeit verzeichnet das Bundesheer 1.500 bis 1.600 Abgänge pro Jahr, ein Drittel davon sind Pensionierungen, der Rest sind auslaufende Verträge, Kündigungen, Entlassungen, etc. Bis 2020 wird die Zahl der Abgänge auf 1.700 steigen. Dabei sind jetzt schon nur 22.000 der durch den Organisationsrahmen vorgegebenen 25.500 Arbeitsplätze besetzt. Um das aufzufüllen, braucht es entsprechend viele Anwärter.
Besonders groß ist die Lücke bei den Gruppenkommandanten: Derzeit sind nur 2.500 der 4.000 Unteroffiziers-Stellen besetzt. Hier braucht es 3.200 Anwärter pro Jahr. Davon müssten 800 aufgenommen werden, um auf einen Output von 600 bis 700 Unteroffizieren zu kommen. Um ausreichend Bewerber zu bekommen, sind wiederum entsprechend viele Grundwehrdiener nötig. Benötigt werden 20.000, verfügbar sind derzeit aber nur 17.000 bis 18.000. Der künftige Minister wird sich sowohl über eine höhere Entschädigung für die Rekruten als auch über Maßnahmen zur Reduktion der Untauglichen Gedanken machen müssen.
Handlungsbedarf gibt es ebenfalls im Bereich der Flugtechniker, Piloten und Ärzte. Aufgrund der im Vergleich zur Privatwirtschaft schlechten Arbeitsbedingungen kämpft das Heer seit Jahren mit massiven Engpässen. So sind etwa nur 130 der 200 Mediziner-Arbeitsplätze besetzt. Der Chef des Kommandos Luftunterstützung (LuU), Brigadier Andreas Putz, hat erst vor kurzem bestätigt, dass aufgrund des Personalmangels nur sechs der 23 Agusta Bell-Hubschrauber einsatzbereit seien. Von den neun Black Hawks können nur vier abheben. Neben fehlenden Piloten, die der Armee in Scharen in Richtung Privatwirtschaft davon laufen, ist der Personalmangel bei den Technikern der Hauptgrund für die Misere.