Mordprozess

Prozess in Freiburg: Schreckliche Details zu Lucile-Mord

© APA/dpa/Patrick Seeger

Gegenüber einem Sachverständigen soll der 40-jährige Rumäne keinen Zweifel daran gelassen haben, auch für die Tat 2014 in Kufstein verantwortlich zu sein. Die französische Studentin wurde brutal erschlagen.

Von Marco Witting

Freiburg –Catalin C. saß mit gesenktem Kopf auf dem schwarzen Stuhl, blickte nach rechts unten, während ihm der Dolmetscher übersetzte, was vorne am Richtertisch gesagt wurde. Dort schilderte Karl-Heinz Huber vom LKA Tirol anhand von Bildern den Richtern und Anwälten die Situation beim Auffinden von Lucile an der Innpromenade in Kufstein. Catalin C., der Mann, dem vorgeworfen wird, die französische Austauschstudentin 2014 ermordet zu haben, bewegte sich bei all den Ausführungen nicht. Er starrte zu Boden. Keine Regung im Gesicht. Es war der vierte Verhandlungstag im Verfahren gegen den 40-jährigen rumänischen Lkw-Fahrer in Freiburg. Und das Landgericht Freiburg suchte gestern nach Parallelen zwischen dem Mord an Carolin G. in Deutschland und der Tat in Tirol. Dabei kamen schreckliche Details zutage. Außerdem wurde klar, so verlautbarte es auch das Landgericht in einer Aussendung vor wenigen Tagen, dass Catalin C. gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen keinen Zweifel daran gelassen hatte, auch für eine Tat von Anfang 2014 verantwortlich zu sein.

Doch der Reihe nach. Denn am Vormittag war der Emmendinger Kripobeamte Christian Bender noch einmal als Zeuge geladen. Bender erklärte dabei, wie man dem mutmaßlichen Täter auf die Spur kam. Und dass dieser auch nach der Tat wohl über einen Tag in unmittelbarer Nähe des Tatorts war. „Die GPS-Daten des Lkw zeigen, dass der Lkw am Samstag, den 11. Jänner 2014, von Kufstein-Süd abgefahren ist und der Lenker ihn dann gegen 14.28 Uhr auf den Parkplatz eines Logistikzentrums gestellt hat“, erklärte Bender. Das Fahrzeug sei dann erst am Montag gegen 5 Uhr früh von dort weggefahren und in der Zeit dazwischen auch nicht bewegt worden. Zur Erinnerung: Lucile wurde in der Nacht auf Sonntag gegen Mitternacht getötet. Der Standplatz des Lkw war laut Angaben der badischen Ermittler fußläufig rund 20 Minuten entfernt. Neben den GPS- und Mautdaten gibt es auch ein Überwachungsvideo des Parkplatzes. Das wurde nach dem Mord von den Tiroler Ermittlern sichergestellt und im „Nachgang“ von den deutschen Behörden ausgewertet, wie Bender vor Gericht erklärte. Diese Kamera zeigt „sicher“, wie Bender es sagte, den 40-jährigen Rumänen. Die Aufnahmen zeigen aber nur die Beifahrerseite des Lasters. Dort sieht man um 0.59 Uhr, wie der Lkw-Fahrer mit Kapuze über dem Kopf und etwas, das ein Handtuch sein könnte, den Lkw verlässt und eine halbe Stunde später wiederkommt. Bender mutmaßte, dass es möglich sei, dass der Mann zu einer nahegelegenen Dusche gegangen sei. Das Kennzeichen selbst ist durch die Videoaufnahmen nicht sichtbar. Auf die Frage der Richterin, ob sich der Mann auf den Aufnahmen auffällig verhalten habe, verneint Bender dann. „Nein. Es gab keinerlei Auffälligkeiten.“

Am Nachmittag kamen dann die Tiroler Gerichtsmediziner und Ermittler zu Wort. 1000 Spurenanalysen wurden im Kufsteiner Fall gemacht und rund 150 DNA-Vergleichsanalysen. So fand man die Spur 1.40 – ein Zigarettenstummel –, der sowohl die DNA von Lucile trägt als auch männliche Spuren beinhaltet. Wie beide Spuren auf die Kippe kamen, darüber kann man weiter nur mutmaßen. „Das Opfer war wohl die Raucherin und der Täter hat seine Spuren durch Anfassen der Zigarette hinterlassen“, erklärte die Gerichtsmedizinerin. Über den zeitlichen Ablauf könne man aber wenig sagen.

Männliche DNA-Spuren fanden sich auch am Körper des Opfers. Drei im Genitalbereich, drei an der rechten Hand. Jene Gerichtsmedizinerin, die damals die Obduktion bei Lucile K. durchführte, erklärte aber, dass es keine Verletzungen im Genitalbereich gab. „Man konnte ein Sexualdelikt deshalb nicht ausschließen. Es gab aber keine massive Gewaltausübung hier“, erklärte Medizinerin Marion Pavlic. Die massive Gewalt mit einer Eisenstange gab es aber sehr wohl gegen den Kopf der jungen Französin. Wohl insgesamt drei heftige Schläge stellte man bei den Untersuchungen fest. Einen davon dürfte Lucile noch mit der Hand abzuwehren versucht haben. Spätestens beim zweiten Schlag ging sie dann aber zu Boden. Und auch dort schlug der Täter noch einmal auf sie ein. „Massive Kopfverletzungen“ und „massive Verletzungen im Gesicht“ trug laut Pavlic die junge Französin dabei davon. An starkem Blutverlust und inneren Blutungen starb sie dann auch.

Catalin C. regte sich bei all den Ausführungen nicht. Huber schilderte dem Freiburger Gericht dann den Hergang laut den Tiroler Ermittlungen. Er erzählte, dass Lucile damals eigentlich auf eine andere Party wollte, doch die Freundin krank wurde und sie deshalb umdisponierte. Dass der jungen Frau geraten wurde, einen anderen Weg zu nehmen und sie noch Snapchat-Nachrichten verschickte, wie düster es doch an der Innpromenade sei. Um 23.48 Uhr Samstagabend reißt der Handykontakt dann ab – das Telefon wurde nie mehr gefunden. Der Fund der Tatwaffe sei ein „Glücksfall“ gewesen, sagte Huber, und dass der Täter „aus dem Nichts gekommen“ und „ins Nichts verschwunden“ sei. Ob der Täter gestört wurde, fragte ein Anwalt dann. „Das weiß man nicht. Es sind gewisse Dinge noch offen. Wir konnten mit dem Verdächtigen noch nicht reden“, sagte der Tiroler Beamte. Die Parallelen zum Fall in Deutschland wurden gestern jedenfalls sichtbar. Der Lkw-freie Sonntag, zwei junge Frauen, zufällig am Tatort, bei beiden die Hose heruntergezogen.

Für morgen sind weitere Ausführungen des psychiatrischen Gutachters und möglicherweise die Plädoyers zu erwarten. Ein Urteil in Freiburg soll noch vor Weihnachten ergehen. Wann es zu einer Verhandlung in Innsbruck kommt, ist noch völlig unklar.

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