Leokino

,,Bar Bahar“: Das hässliche Spiegelbild der Freiheit

„Bar Bahar – In Between“ ist heute Montag, 18.40 Uhr, im Rahmen der Reihe Kinovi[sie]on im Leokino zu sehen.
© Yaniv Berman

Das israelisch-palästinensische Drama „Bar Bahar“ als Auftakt der Kinovi[sie]on 2018.

Innsbruck –„Morgen könnt­e schon der Frieden ausbrechen!“– Das ist das Motto der jungen Menschen in Tel Aviv. Die Stadt ist eine einzige bittere Party, getragen vom Trotz gegenüber dem gesellschaftspolitischen Klima rundherum. Das vermittelt zumindest Maysaloun Hamoud in ihrem Debütfilm „Bar Bahar – In Between“. Leila (Mouna Hawa) und Salma (Sana Jammelieh) sind zwei junge palästinensische Frauen, die ihre Freiheit in der liberalen Stadt in vollen Zügen ausleben. Die eine ist Anwältin, die andere DJane. Kiffen und Alkohol gehören genauso selbstverständlich zu dieser Freiheit wie in Europa. Als sich mit Nour (Shaden Kanboura) die Freundin einer Cousine in der liberalen Wohngemeinschaft einquartiert, könnte der Kontrast größer nicht sein. Die Informatik-Studentin trägt Kopftuch, betet und hat einen streng gläubigen Verlobten.

Was unter anderen Vorzeichen der Stoff einer flachen Komödie aus Frankreich sein könnte, wird in den Händen der in Ungarn geborenen Regisseurin ein dichtes Drama mit atmosphärischem Soundtrack. Hamoud zeichnet ein dreifaches Porträt der israelisch-palästinensischen Gesellschaft, zerrissen zwischen Tradition und Modern­e. Dabei sind die Kontrast­linien nicht so eindeutig: Auch Layla und Salma werden in der Partnerwahl mit den alten Konventionen konfrontiert: „Denkst du, das ist Europa!?“, bekommt Layla etwa von ihrem Lover zu hören. Und Salmas christliche Mutter stören nicht nur die Tattoos und Piercings der Tochter bei ihren Versuchen, sie zu verheiraten.

„Bar Bahar“ ist intensives Erzählkino. Auch wenn das Drehbuch nicht gerade subtil ist, lebt Hamouds Geschichte von den Kontrasten – und dass diese Kontraste und Zwänge dem echten Leben in Tel Aviv entspringen, daran zweifelt man als Zuschauer keine Sekunde. Wenig überraschend daher auch einige Reaktionen auf den Film: Die Filmemacherin bekam Todesdrohungen. Wirklich überrascht habe sie das nicht, erklärte Hamoud kürzlich in einem Interview mit der BBC: „Manche Menschen konnten ihr hässliches Gesicht nicht im Spiegel ertragen, den ihnen der Film vorhält.“ (maw)

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