Schlag gegen Schutzgeld-Mafia in Tirol
Bei einer Großrazzia im Raum Innsbruck nahmen mehr als 70 Polizisten am Donnerstag acht Verdächtige fest.
Von Thomas Hörmann
Innsbruck – Acht Verdächtige festgenommen, über 70 Polizeibeamte im Einsatz: Das sind die Eckdaten einer Großrazzia, die am Donnerstag im Großraum Innsbruck über die Bühne ging. Das kriminelle Geschäftsfeld, in dem die Männer offenbar tätig waren, findet in Tirol normalerweise nur auf Kinoleinwänden und im TV-Abendprogramm statt: Die Verdächtigen aus Tschetschenien, Weißrussland, Deutschland und Armenien sollen von Spiellokal-Betreibern Schutzgeld erpresst haben. Wer sich weigerte, musste mit Überfällen und Prügel rechnen. Dass die Männer vornehmlich die Wett- und Glücksspielbranche ins Visier nahmen, ist kein Zufall: „Sie rechneten damit, dass sich die Opfer nicht an die Polizei wenden“, sagt Christoph Hundertpfund, stv. Leiter des Landeskriminalamtes. Ein Irrtum: „Wir erhielten dennoch Informationen, dass es um Schutzgeld-Erpressungen und Überfälle geht“, so Hundertpfund weiter.
Kriminelle Vereinigung entlarvt
Als im Mai ein Lokalbetreiber im Innsbrucker Stadtteil Wilten von Tschetschenen verprügelt wurde, lag bereits nahe, dass es dabei um Schutzgeld ging. Das Landeskriminalamt übernahm in der Folge die Ermittlungen. Die Beamten sammelten Hinweise und überwachten Handys sowie Verdächtige. Immer mehr zeichnete sich in den Akten das Bild einer kriminellen Vereinigung ab, die auch mit Suchtgift zu tun hatte. Der letzte Coup war am Silvesterabend ein Überfall auf ein Innsbrucker Wettlokal, bei dem die Täter mehrere tausend Euro erbeuteten. Eine Straftat, die rasch geklärt werden konnte: Schon am Neujahrstag meldete die Innsbrucker Kriminalpolizei, dass sich der „Tatverdacht gegen fünf Männer vermutlich tschetschenischer Abstammung“ richtet. „Einen ähnlichen Vorfall gab es am 21. Dezember im Unterland“, sagt Hundertpfund.
Die Überfälle waren wohl als Sofort-Inkasso gedacht, „die Täter sind sehr vehement aufgetreten und haben teils auch die Automatenschlüssel verlangt, um die Geldbehälter selbst zu entleeren“. In manchen Fällen „durften“ die Opfer die Schutzgelder auch später bezahlen.
Großaufgebot der Einsatzkräfte bei Verhaftung
Am Donnerstagmorgen war es dann so weit: Mit Haft- und Hausdurchsuchungsbefehlen der Staatsanwaltschaft in den Taschen schlugen die Beamten zu. Die über 20 LKA-Mitarbeiter wurden von der Diensthundestaffel und der Sondereinheit Cobra unterstützt. Aus gutem Grund – die Verdächtigen gelten als gewaltbereit. Tatsächlich soll ein Tschetschene bei der Festnahme einen Cobra-Beamten attackiert haben. „Wir haben acht Objekte durchsucht, dabei etwa 5000 Euro, drei Faustfeuerwaffen und etwas Suchtgift beschlagnahmt“, bilanziert Hundertpfund. Für die Zerschlagung der Bande gab es auch Lob von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ). Bei den ersten Einvernahmen waren die Beschuldigten nicht bereit, Angaben zu den Anschuldigungen zu machen.