Vakzine ungefährlich: Neuer Impfplan gegen Erkrankungsrisiko
Die Probleme beim Schutz vor Keuchhusten, Masern und Influenza bestehen weiterhin, so das Gesundheitsministerium. Ein Abraten von Impfungen durch Ärzte „kann die berufliche Vertrauenswürdigkeit in Frage stellen“, so das Urteil der Experten beim Österreichischen Impftag in Wien. Die immer wieder diskutierten Hilfsstoffe in den Vakzinen sind laut dem neuen Impfplan ungefährlich.
Wien – Österreich hat bei den durch Immunisierung verhütbaren Erkrankungen mehrere Probleme. Vor allem das Erkrankungsrisiko durch Keuchhusten, Masern und Influenza sollte durch höhere Durchimpfungsraten deutlich gesenkt werden. Das betont der neue „Impfplan Österreich 2018“, der am Samstag beim Österreichischen Impftag in Wien präsentiert worden ist.
„Schutzimpfungen gehören zu den wichtigsten und wirksamsten präventiven Maßnahmen, die in der Medizin zur Verfügung stehen. Geimpfte sind im Regelfall vor der entsprechenden Krankheit geschützt. Zudem können Krankheiten, die nur von Mensch zu Mensch übertragen werden, z.B. Poliomyelitis, Hepatitis B, Masern oder Keuchhusten bei einer anhaltend hohen Durchimpfungsrate eliminiert werden“, heißt es in der Vorbemerkung der vom Gesundheitsministerium neu herausgegebenen Empfehlungen.
Erkrankungsrisiko soll gesenkt werden
Woran es in Österreich mangle: „Die derzeitige epidemiologische Situation in Österreich erfordert vor allem Anstrengungen zur Reduktion des Erkrankungsrisikos an Keuchhusten und Masern. Influenza verursacht mit der fast jedes Jahr auch in Österreich auftretenden Epidemie bis zu 1000 Todesfälle, hier ist es ebenfalls notwendig, die Durchimpfungsraten deutlich zu erhöhen. Durch die zuletzt in das kostenfreie Impfprogramm übernommene neunfach-Impfung gegen Humane Papillomaviren ist nun ein erweiterter Schutz gegen die durch diese Erreger hervorgerufenen (Krebs-)Erkrankungen (Gebärmutterhals- und andere mit HPV assoziierte Karzinome sowie auch Schutz gegen Genitalwarzen; Anm.) zu erwarten.“
Die Autoren, die Mitglieder des nationalen österreichischen Impfgremiums, nehmen die Ärzte in die Pflicht: „Es entspricht der ärztlichen Sorgfalt, die von ihnen betreuten Personen über den erforderlichen Impfschutz fachgerecht zu informieren. Dazu gehört, dass die Grundimmunisierung bei Säuglingen und Kleinkindern rechtzeitig begonnen, nicht unnötig verzögert und zeitgerecht abgeschlossen wird.“
Lebenslanger Impfschutz durch Auffrischungen
Dabei geht es nicht „nur“ um die Kinder. Impfschutz muss in vielen Fällen lebenslang aufrechterhalten werden. Ärzte, die ohne triftige medizinische Gründe von Impfungen abraten, befinden sich laut den Experten nicht auf dem Boden der wissenschaftlichen Beweislage. So heißt es im Impfplan Österreich 2018: „Darüber hinaus ist es notwendig, den Impfschutz durch Auffrischungsimpfungen in jedem Lebensalter sicherzustellen. Ein Abraten von Impfungen ohne Vorliegen einer Kontraindikation durch Ärzte im persönlichen Beratungsgespräch ist ein Verstoß gegen die Prinzipien der evidenzbasierten Medizin und kann die berufliche Vertrauenswürdigkeit infrage stellen.“
Jedes Jahr haben allein schon die österreichischen Hausärzte rund 65 Millionen Patientenkontakte. Dies, die Arztbesuche von Patienten bei Fachärzten und die Kontakte mit Spitalseinrichtungen sollten für mehr Impfschutz genutzt werden, betont der neue österreichische Impfplan: „Laut Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) soll jeder Arztkontakt dazu genutzt werden, zu prüfen, ob die empfohlenen Impfungen durchgeführt worden sind, und – wo notwendig (d.h. unabhängig davon, wie lange das empfohlene Impfintervall überschritten wurde) – fehlende Impfungen nachzuholen. Auch Arztkontakte im Rahmen von Spitalsaufenthalten sollen dafür genutzt werden.“
Impfen oder nicht impfen?
Die Frage „Wer soll geimpft werden?“ sei zumeist leichter zu beantworten als die gegenteilige Frage „Wer soll nicht geimpft werden und warum?“ Letzteres müsse natürlich auch überlegt werden. Aber: „Sofern ein verträglicher Impfstoff verfügbar und das Risiko der Infektionsexposition gegeben ist, wird die Antwort zugunsten der Impfung ausfallen.“
Besondere Verantwortung komme den Eltern zu: „Entsprechend der UN-Konvention vom 20. November 1989 haben Kinder das Recht auf beste Gesundheitsversorgung. Dazu gehört auch der Schutz vor Erkrankungen, die durch Impfung vermeidbar sind. Den Eltern obliegt es, die Schutzimpfungen bei ihren Kindern vornehmen zu lassen.“
Der Impfplan Österreich 2018 weist keine gravierenden Änderungen gegenüber jenem von 2017 auf. Es gibt aber neue Informationen zum Nachholen von fehlenden Immunisierungen, zu möglichst schmerzloser Impfung und zum Beispiel zu Inhaltsstoffen von Vakzinen.
Hilfsstoffe in Vakzinen ungefährlich
In Sachen Impfungen flackert immer wieder eine Diskussion rund um in den Vakzinen enthaltenen Substanzen auf. Neben den Antigenen, welche eine schützende Immunantwort hervorrufen, können das produktionsbedingte Hilfsstoffe oder Rückstände sein. Sie sind in Impfstoffen nur „in Spuren“ zu finden, heißt es im neuen Impfplan.
Hilfsstoffe in Vakzinen erfüllen bestimmte Funktionen: „Sie können zum Beispiel als Adjuvantien (‚Wirkverstärker‘) bei einem Teil der Totimpfstoffe, als Stabilisatoren, als Emulgatoren oder auch als Konservierungsmittel dienen. Zusätzlich können eventuell noch Substanzen als sog. Produktionsrückstände in Spuren im Impfstoff beinhaltet sein, die im Zuge der Herstellung benötigt wurden (z.B. Formaldehyd, Antibiotika), sich jedoch nicht mehr „zur Gänze entfernen ließen“, ist im neuen Impfplan zu lesen.
Quecksilber in fast keinem Impfstoff in Österreich enthalten
Zu Diskussionen hat in der Vergangenheit vor allem Ethylquecksilber (Thiomersal) geführt. „Früher wurde Thiomersal, eine organische Quecksilberverbindung, häufig als Konservierungsmittel verwendet. Heute ist Thiomersal bis auf zwei Ausnahmen (Mehrdosenbehältnisse bei zwei Pandemie-Impfstoffen) in keinem in Österreich zugelassenen Impfstoff als Konservierungsmittel mehr vorhanden, schrieben die Experten. Das ist vor allem durch Verbesserungen in der Produktion von Impfstoffen möglich geworden. Sie werden in sterilen Anlagen in Einzeldosen abgefüllt und – bis auf Pandemie-Vakzine in Großbehältnissen – in diesen Einzeldosierungen verwendet. Dadurch entfüllt eine Kontaminationsgefahr. Ein Zusammenhang zwischen Thiomersal und Entwicklungsstörungen bei Kindern wurde nicht beobachtet.
Formaldehyd ist ein anderer Diskussionspunkt, der ebenfalls ausgeräumt werden sollte. „Formaldehyd kann im Herstellungsprozess der Totimpfstoffe zur Toxin- oder Virusinaktivierung verwendet werden. Obwohl es anschließend wieder entfernt wird, kann es im Endprodukt noch in Spuren (sog. Produktionsrückstand) vorhanden sein. Das Europäische Arzneibuch (PhEur) regelt die Verwendung sämtlicher Inhaltsstoffe und so ist auch hier ein Grenzwert von 0,2 Milligramm pro Milliliter je Dosis gesetzlich geregelt, heißt es im Impfplan.
Formaldehyd sei jedenfalls ein natürliches Stoffwechselprodukt, das ständig im Blut (2,5 Milligramm pro Liter), Zellen und Körperflüssigkeiten vorkomme. Täglich würden mit der Nahrung bis zu 14 Milligramm aufgenommen. Besonders hohe Anteile seien in Obst und Gemüse enthalten. „Formaldehyd wird rasch metabolisiert, die Halbwertszeit beträgt eine bis 1,5 Minuten. Der Körper produziert auch selbst Formaldehyd: Erwachsene täglich 878-1.310 Milligramm (0,878 bis 1,31 Gramm; Anm.) pro Kilogramm Körpergewicht.“ Dagegen sei die in Vakzinen vorkommende „Dosis“ de facto vernachlässigbar. (APA)