Gärtnern in der Flasche für Bequeme
In verschlossenen Deko-Gläsern können Pflanzen wachsen – über Jahre, ohne dass das Gefäß je geöffnet wird. Sie können sich selbst mit allem versorgen, was sie brauchen, gewinnen sogar ihr eigenes Wasser.
Berlin –Eine perfekte Lösung für bequeme Gärtner propagiert Buchautorin Judith Baehner aus Amsterdam: Sie verrät das Geheimnis, wie sich Pflanzen in einem eigenen kleinen Biotop, einer Flasche, selbst am Leben erhalten können. Es ist die richtige Mischung aus Feuchtigkeit, Temperatur, Platz und Nährstoffen im Boden.
Baehner hat viele Jahre mit den Gläsern experimentiert und entdeckt, dass dem Boden zugefügte Aktivkohle beim Filtern der Luft und des Bodens hilft. Außerdem dürfen nicht zu viele Pflanzen in das Glas kommen, verrät sie. Denn sonst gibt es nicht ausreichend Kohlenstoffdioxid und Nährstoffe in dem kleinen Raum für sie. Die Pflanzen faulen oder gehen ein.
Das richtige Gefäß: Es muss eines aus durchsichtigem Glas sein. Verwenden lassen sich zum Beispiel Milchflaschen mit einem Volumen von einem Liter, aber auch größere bauchigere Formen. Wichtig ist: Sie müssen sich mit einem Korken passgenau verschließen lassen. Normale Drehverschlüsse oder gar Glaspfropfen seien nicht geeignet, erklärt Baehner. Das Glas wird vor dem Bepflanzen am besten desinfiziert, damit sich keine Keime darin befinden.
Der Boden: Ganz unten füllt die Pflanzenkundlerin zunächst Kies ein. Diese etwa ein bis zwei Zentimeter hohe Drainage-Schicht verhindert, dass sich die im Glas befindliche Nässe am Boden des Glases aufstaut und somit die Wurzeln faulen. Baehner nimmt gerne Kieselsteine aus dem Dekorationsbedarf. Steine aus der Natur müssten vorher ebenfalls gereinigt werden. Ihr Tipp: die Steine mit einem Trichter einfüllen. Aus optischen Gründen, denn eine noch so dünne aufgewirbelte Staubschicht würde später die Sicht auf die Pflanzen beeinträchtigen.
Die Geheimzutat: Nun folgt etwas Aktivkohle – Baehners Geheimrezept. Sie gibt in ein Fünf-Liter-Glas etwa zwei Esslöffel Aktivkohle oben auf die Mitte der Steinschicht, sowie etwas Blähton. Darauf folgt eine Schicht gewöhnliche Blumenerde – so viel, wie die einzupflanzenden Wurzelballen benötigen.
Die passenden Pflanzen: Die Pflanzen müssen im Glas mit einem feuchteren Klima klarkommen, als üblicherweise im Wohnraum herrscht. Daher eignen sich vor allem Tropengewächse wie zum Beispiel Fittonia für diese Art der Bepflanzung. Baehner greift aber auch gerne zu heimischen Waldpflanzen, die mit konstanter Feuchtigkeit klarkommen. Ein Glas mit dieser Bepflanzung sollte allerdings in einer eher kühleren Umgebung stehen. Nur Tropenpflanzen kommen im normal warmen Wohnraum zurecht.
Experten raten auch dazu, fleischfressende Pflanzen – die so genannten Karnivoren – in ein geschlossenes Terrarium zu setzen, denn alle Arten dieser Pflanzengattung brauchen eine hohe Luftfeuchtigkeit. Das Substrat sollte nährstoffarm und leicht sauer sein.
In ein 20-Liter-Glas gibt Baehner drei Pflanzen und etwas Moos. Gefäße mit 10 bis 15 Litern fassen zwei Pflanzen und Moos, die Milchflasche nur ein Stück Grün. Die Gartenexpertin empfiehlt, die Wurzelballen zehn Minuten in Wasser zu stellen, damit sich die Wurzeln vollsaugen. Dann eine Nacht abwarten, die Erde um die Ballen entfernen und die Pflanzen einsetzen.
Die Accessoires: Zusätzlich folgt etwas Dekoration – am besten eine den Pflanzen dienliche wie Rindenstücke oder kleine Äste. Sie speichern Feuchtigkeit und helfen somit dem natürlichen Kreislauf aus Bewässerung und Verdunsten im Glas. Ein wenig Gießwasser wird ebenfalls gegeben – aber nur gerade so viel, dass die Erde feucht ist. Nun wird der Bepflanzung eine Woche lang Zeit gegeben, um sich zu akklimatisieren, dann wird das Glas verschlossen – und abgewartet.
Die Probe: Zeigt sich nach rund einer Woche, dass noch immer zu viel Feuchtigkeit im Glas ist, etwa durch beschlagene Scheiben, lässt sich das Gefäß für kurze Zeit öffnen und lüften. Auch ein Platz dichter am Fenster kann sinnvoll sein. Hier reguliert das Licht das Klima.
Ohne Verschluss: Die Gläser lassen sich auch ohne Verschluss nutzen oder es werden Gläser bepflanzt, die eine große seitliche Öffnung haben – wie auch viele Hobbygärtner auf Kreativseiten wie Pinterest vorschlagen. „Wenn ich zum Beispiel Orchideen einsetze, lasse ich die Gläser besser auch offen“, sagt Pflanzenkundlerin Baehner. Damit eröffnen sich natürlich auch vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, da nicht jede Pflanze mit dem speziellen Mikroklima im geschlossenen Glas klarkommt. Ein Tipp: Durchsichtige Gläser ermöglichen einen tollen Blick auf das, was sonst verdeckt bleibt – die Wurzeln und ihr Wachstum in der Erde. (APA)