Futter für Körper und Seele
Einser-Menü oder einsam essen? Viele Gedanken kreisen tagtäglich ums Essen und können belasten. Auf das Bauchgefühl kommt es Psychotherapeutin Romana Wiesinger an.
Innsbruck — Wir tun es bei Liebeskummer, Stress oder Ärger, in Pausen, beim Fernsehen, alleine und viel öfter zwischendurch. Essen tut bekanntlich dem Körper und der Seele gut.
Doch gerade die Psyche kann das Essen stark beeinflussen. Darüber hat die niederösterreichische Psychotherapeutin Romana Wiesinger das Buch „Kochbuch für die Seele" geschrieben. Klassische Rezepte finden sich darin nicht. Mit Tipps und Hilfestellungen für ein gutes Essverhalten sollen die Leser „satt" werden. Esser werden dabei in fünf Gruppen eingeteilt (siehe unten).
Essen wir größtenteils so, wie wir uns gerade fühlen?
Romana Wiesinger: Schön wäre es, würden wir mehr den Körper in das Essen miteinbeziehen. In unserer Gesellschaft geht es fast nur noch darum, nach zeitlichen Gesichtspunken zu essen. Es soll schnell gehen, Essen gibt es an allen Ecken. Wirklich Zeit dafür nehmen und beisammensitzen, ging verloren.
Ist das wichtig für ein gesundes Essverhalten?
Wiesinger: Ja, weil es dadurch ein bewussteres Essen wird und nicht zwischendurch erfolgt, neben dem Computer oder Handy. Damit ist auch ein bewusstes Wahrnehmen der eigenen Bedürfnisse verbunden: dass ich esse, wenn ich Hunger habe, und aufhören, wenn ich satt bin.
Der Körper weiß, was er braucht, betonen Sie. Wird das Körpergefühl oft von psychologischen oder rationalen Faktoren überlagert?
Wiesinger: Wir leben zum Teil unsere Gefühle nicht aus oder nehmen sie nicht wahr. Vieles kompensieren wir dann mit dem Essen, schlucken den Ärger oder Stress wortwörtlich hinunter oder überbrücken eine Pause oder Langeweile. Essen dient vielen Gefühlen, die dadurch nicht wahrgenommen werden müssen.
Sie schreiben, dass Zeit zum Denken fehlt. Wir sollten aber nicht mit dem Verstand essen, sondern mit dem Bauchgefühl. Wie passt das zusammen?
Wiesinger: Was der Körper mir meldet, soll ich ernst nehmen. Auch wenn mir das nicht in meine Planung passt. Das betrifft die Uhrzeit wie die Qualität des Essens. Ich sollte zugunsten des Bauchgefühls mitunter von meinem Plan, von der Vernunft, abrücken.
Welche Übung fällt Ihnen ein, um dem eigenen Körper wieder näher zu sein?
Wiesinger: Es gilt, bewusster wahrzunehmen, was ich jetzt gerne hätte. Wichtig ist, sich nicht zu viel mit elektronischen Geräten und Medien zu beschäftigen. Denn dadurch erlebe ich meine Gefühlswelt nicht. Für sich selbst und seine Bedürfnisse lieber mehr Zeit einräumen. Bei bewussterem Hinhören kann auch herauskommen, dass ich nicht hungrig, sondern durstig bin.
Was können Eltern tun, damit sich Ihre Kinder gut ernähren?
Wiesinger: Vorbildwirkung ist das Allerwichtigste. Wenn ich mir als Elternteil Zeit für Essen und Kochen nehme, wird mein Kind diese Wertschätzung für das Essen ganz von alleine übernehmen. Wenn ich mich abwechslungsreich ernähre, Gemüse und Obst ebenso esse wie süße und fettige Lebensmittel, wird das mein Kind auch machen.
Das Gespräch führte Deborah Darnhofer.