Zeitumstellung

EU will Sommerzeitregelung auf den Prüfstand stellen

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© APA/Herbert Pfarrhofer

Das Europaparlament fordert von der EU-Kommission eine Überprüfung der Richtlinie zur Zeitumstellung. Von den Österreichern wird die Regelung eher gelassen gesehen.

Straßburg – Das Europaparlament hat eine Überprüfung der umstrittenen halbjährlichen Zeitumstellung gefordert. Die EU-Kommission solle eine „gründliche Bewertung“ der entsprechenden Richtlinie vornehmen, verlangte das Parlament in Straßburg am Donnerstag in einer Entschließung. Falls notwendig, solle sie einen Vorschlag zu einer Änderungen dieser Regelung vorlegen.

Die Forderung des Verkehrsausschusses, die Sommerzeit ganz abzuschaffen, fand im Parlament allerdings keine Mehrheit. Dagegen stimmten vor allem Konservative und Euroskeptiker.

Zahlreiche Studien, darunter eine des wissenschaftlichen Dienstes im EU-Parlament vom vergangenen Oktober, hätten auf „negative Folgen für die Gesundheit der Menschen“ durch die Sommerzeit verwiesen, heißt es in der Entschließung. Ähnlich hatten sich zuvor bei einer Debatte Abgeordnete aus unterschiedlichen Fraktionen geäußert. Sie kritisierten die Zeitumstellung als nicht mehr zeitgemäß und warnten vor gesundheitlichen Störungen bei vielen Menschen, aber auch bei Tieren.

Sommerzeit seit 1980 in Österreich

In Österreich wurde die Sommerzeit ebenso wie in Deutschland 1980 eingeführt. Andere Länder wie Italien und Frankreich hatten sich bereits in den 1960er-Jahren zu dem Schritt entschlossen. Unter dem Einfluss des Ölschocks erhofften sich die Regierungen damals von den hellen Abenden Energieeinsparungen.

Die EU war zwar für die Einführung der Sommerzeit nicht verantwortlich. Sie verabschiedete aber eine Richtlinie, wonach alle Mitgliedstaaten die Zeitumstellung am gleichen Tag vornehmen müssen – jeweils am letzten Wochenende im März und Oktober. Ziel der 2001 in Kraft getretenen Regelung ist es vor allem, ein zeitliches Durcheinander in der EU und damit Behinderungen des Binnenmarktes zu verhindern.

Abschaffung nur europaweit möglich

Nun liegt der Ball bei der EU-Kommission. Sie prüft Forderungen nach einer Abschaffung der Sommerzeit bereits seit längerem. Sollte sie zu dem Schluss kommen, dass der Schaden überwiegt, könnte sie den Mitgliedstaaten und dem Parlament einen Vorschlag zur Änderung der entsprechenden Richtlinie unterbreiten.

EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc stellte am Donnerstag im Parlament bereits klar, eine Abschaffung könne es nur europaweit geben. Bei einem Flickenteppich mit verschiedenen Zeitregelungen drohten Probleme im Binnenmarkt.

Österreicher für Beibehaltung

Von der österreichischen Bevölkerung wird die Verschiebung des Tageslichts um eine Stunde nach hinten bisher gelassen gesehen. 80 Prozent betrachteten dies im Jahr 2011 in einer Umfrage des Linzer Market-Instituts positiv bzw. neutral.

39 Prozent fanden damals, die Zeitumstellung habe Vorteile. 41 Prozent erklärten, dass die Sommerzeit für sie weder Vor- noch Nachteile bringe. Nachteile sahen lediglich 19 Prozent. Von den Befragten zwischen 15 und 29 Jahren waren sogar 60 Prozent von der Sommerzeit begeistert. Viele Befürworter fand sie auch bei den Berufstätigen. Hier sahen 44 Prozent klare Vorteile. Zu den wirtschaftlichen Auswirkungen befragt, sagten 83 Prozent, sie sehen die Sommerzeit neutral bis positiv.

Körper durchlebt „Mini-Jetlag“

Die Folge für den Menschen ist in erster Linie ein „Mini-Jetlag“. Von diesem sind Kinder und Jugendliche am stärksten betroffen, hatte die MedUni Wien zur Zeitumstellung im Frühjahr 2017 mitgeteilt. Generell sei die Umstellung nicht mehr zeitgemäß und unnötig, sagte Schlafforscher Gerhard Klösch von der Universitätsklinik für Neurologie.

Der menschliche Organismus gleicht sich automatisch an den natürlichen Rhythmus des Lichts an. „Dazu brauchen wir keine Zeitumstellung. Licht ist ein optimaler Zeitgeber“, erläuterte Klösch. Der Wechsel auf Sommerzeit kostet Kinder und Jugendliche laut Untersuchungen effektiv 32 Minuten Schlaf. Dieses Minus kann sich über zwei Wochen hinziehen. Es gibt aber auch Schlafforscher, die den Menschen für anpassungsfähig genug halten, sich auf die halbjährliche Zeitumstellung einzustellen.

Bei Haustieren empfehlen NGOs eine schrittweise Umstellung in den Tagen vor dem Wechsel. Kühe haben beispielsweise auch feste Zeiten, wann sie gefüttert und gemolken werden. Viele Bauern versuchen daher ebenfalls, die Fütterungszeiten nach und nach anzupassen. Trotzdem kann es passieren, dass Kühe über mehrere Tage weniger Milch geben.

Energiesparen als Hintergrund

Eingeführt wurde die Sommerzeit 1973 in Europa anlässlich der Ölkrise und mit dem Hintergrund, Energie zu sparen. Mit der Zeitverschiebung sollte eine Stunde Tageslicht für Unternehmen und Haushalte gewonnen werden. Frankreich machte damals den Anfang.

Österreich beschloss die Einführung erst 1979 wegen verwaltungstechnischer Probleme und weil man eine verkehrstechnische Harmonisierung mit der Schweiz und Deutschland wünschte. Diese beiden Länder führten die Sommerzeit erst 1980 ein. Allerdings gab es in der Alpenrepublik bereits im Ersten Weltkrieg schon einmal die Sommerzeit. Im Jahr 1916 galt sie für die Monarchie vom 1. Mai bis 30. September, wurde dann aber wieder eingestellt. Ein zweiter – erfolgloser – Versuch wurde in den Jahren 1940 bis 1948 unternommen.

Heuer werden die Uhren in Europa in der Nacht auf den 25. März auf Sommerzeit umgestellt. Am 28. Oktober endet diese dann wieder. (APA/AFP/dpa)