Irland will keine „harte Grenze“ nach Brexit, Davis verschärft Ton
Der Irischer Premier Varadkar sprach sich bei seinem Österreich-Besuch im Rahmen des Opernballs Bundeskanzler Kurz gegenüber für ein enges neues Verhältnis zu Großbritannien nach dem Brexit aus. Indes klagt Brexit-Minister Davis über eine „unhöfliche Sprache“ in einem Entwurf für die Übergangsphase aus Brüssel.
Wien, London – Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und der irische Ministerpräsident Leo Varadkar haben am Donnerstag in Wien betont, dass es im Zuge der Brexit-Verhandlungen nicht dazu kommen dürfe, dass zwischen Irland und Nordirland eine „harte Grenze“ entstehe. Das würde nicht funktionieren, meinte Kurz. „Das neue Verhältnis der EU zu Großbritannien soll so eng wie möglich sein“, forderte indes Varadkar.
Für Irland sei es von „großem nationalen Interesse“, dass es nach dem EU-Austritt Großbritanniens „neue Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU“ gebe, die freien Handel und Reiseverkehr ermöglichen würden, so Varadkar. „Noch warten wir auf die Entscheidung Londons, welche Beziehung sie zur EU künftig wollen“, betonte der Taoiseach, so der irischsprachige Titel des Premierministers. Wichtig sei jedenfalls eine rasche Entscheidung, denn das geplante Austrittsdatum im März 2019 komme bald. Eine „harte Grenze“ müsse jedenfalls unbedingt vermieden werden, denn es „wäre auch unvorstellbar wieder eine Grenze zwischen Österreich und Bayern zu haben“.
Österreich und Irland hätten ähnliche Interessen, betonte Kurz. Beide seien eher kleine und zudem neutrale Länder, die auch bei der Frage der Nicht-Weiterverbreitung von Nuklearwaffen einer Meinung seien, meinte Kurz. Varadkar hob hervor, dass er und Kurz, den er schon aus der Europäischen Volkspartei (EVP) kenne, auch über Migration und den neuen mehrjährigen Finanzrahmen der EU gesprochen hätten. Beide Länder seien Nettozahler in der Europäischen Union und würden für Freihandel eintreten, so Varadkar. Auch die von Österreich vorangetriebene Erweiterung der EU um die Westbalkanländer werde von Irland unterstützt.
Brexit-Minister Davis klagt über „unhöfliche Sprache“ aus Brüssel
Einen Tag vor dem Abschluss der jüngsten Verhandlungsrunde zum britischen EU-Austritt hat Brexit-Minister David Davis den Ton verschärft. In einem BBC-Interview beklagte er sich am Donnerstag über die „offen unhöfliche Sprache“ in einem Papier aus Brüssel.
Aus dem Entwurf der EU-Verhandlungsposition vom Mittwoch geht hervor, dass Brüssel in der geplanten Übergangsphase nach dem Brexit die Vorteile des EU-Binnenmarktes für Großbritannien beschränken will, falls das Land gegen EU-Recht verstößt.
„Ich glaube, es ist nicht im guten Willen geschehen, ein Dokument zu veröffentlichen mit offensichtlich unhöflicher Sprache und anzudeuten, dass sie effektiv die Übergangsphase abbrechen könnten“, sagte Davis. „Das ist nicht der Zweck der Übung, das ist nicht im guten Willen geschehen. Wir glauben, dass es nicht klug war, das zu veröffentlichen.“
Details zur geplanten Übergangsphase am Freitag erwartet
Beamte beider Seiten hatten die ganze Woche über Details des britischen EU-Austritts im Jahr 2019 und über die geplante Übergangsphase bis Ende 2020 gesprochen. Für Freitag erwartet die Europäische Union Hinweise aus London, wie die langfristigen Beziehungen beider Seiten danach aussehen könnten.
Das britische Kabinett hatte am Mittwoch und am Donnerstag in dieser Sache beraten - Ergebnisse waren aber zunächst nicht nach außen gedrungen. Die Gespräche seien „sehr konstruktiv“ gewesen, sagte Davis am Donnerstag. „Sie werden bald mehr von der Premierministerin dazu erfahren.“
Am Freitagmittag will EU-Chefunterhändler Michel Barnier in Brüssel die Öffentlichkeit über den letzten Stand der Verhandlungen informieren. (APA/ dpa)