LH Platter im TT-Gespräch: Kein ÖVP-Regierungsmitglied ist fix
VP-Spitzenkandidat und LH Günther Platter sorgt sich um die Mobilisierung seiner Wähler und möchte noch vor Ostern die neue Regierung bilden. Dabei will er sich von der türkisen Bundespartei nichts dreinreden lassen.
Herr Landeshauptmann Platter, was fällt Ihnen zu Ingrid Felipe (Grüne), Elisabeth Blanik (SP) und Markus Abwerzger (FP) ein?
Günther Platter: Blanik sowie Abwerzger haben ihre Oppositionsrolle im Landtag und Felipe ihre Aufgabe als Regierungsmitglied gut erfüllt.
Alle drei eint, dass sie mögliche Koalitionspartner sein könnten und das auch wollen. Das bringt Sie in eine komfortable Position.
Platter: Das sehe ich anders. Zuerst entscheiden die Wähler, wie sie die Parteien gewichten. Aus der Sicht der ÖVP müssen wir jedenfalls noch stärker mobilisieren. Damit die Menschen das Gefühl haben, da geht es um etwas, diese Stimmung spüre ich noch nicht. Deutschland ist für mich ein warnendes Beispiel, dort hat sich die CDU zu sicher gefühlt.
Ist das Vertrauen in die eigene Stärke so gering?
Platter: Ich leide nicht an Realitätsverweigerung. Die allgemeine Stimmungslage ist in Ordnung, doch jetzt müssen wir die Stimmung in Stimmen ummünzen. Ich selbst will als Regierungschef ebenfalls gestärkt werden, schließlich muss ich vermehrt in der EU, in Wien oder Rom auftreten. Mit einem großen Rückhalt der Bevölkerung kann ich Tirols Interessen besser vertreten.
Bräuchte es für die Mobilisierung nicht eine klare Ansage des ÖVP-Chefs? Sie geben als Ziel lediglich 40 Prozent und das Halten der Mandate aus. In Niederösterreich hat die ÖVP die Absolute erreicht.
Platter: Die Ausgangsposition ist eine völlig andere. In Niederösterreich hatte die VP 50, wir liegen bei 39,4 Prozent. Deshalb sind 40 Prozent unser Ziel, was angesichts von sieben Mitbewerbern ohnehin eine Herausforderung ist. Jeder Mitbewerber kostet Stimmen.
Wird bewusst tiefgestapelt, um besser zu mobilisieren?
Platter: Das ist eine Medienmeinung. Wir müssen alle Reserven aktivieren, um unser Wahlziel zu erreichen. Danach können wir ausloten, mit welcher Partei es die größte inhaltliche Übereinstimmung gibt und wie es mit der Verlässlichkeit der Partner aussieht.
Sie sind seit Juli 2008 Landeshauptmann. Fühlen Sie sich bereits als Landesvater?
Platter: Ich fühle mich als Arbeiter; als einer, der sich tagtäglich darum bemüht, für die Menschen in Tirol da zu sein. Da benötigt es natürlich auch Veränderungen, damit Beschäftigung, der soziale Frieden und die Sicherheit weiterhin gewährleistet bleiben.
Obwohl Sie sich alle Koalitionsoptionen offenhalten: Wann soll die neue Regierung stehen?
Platter: Vor Ostern.
Die Tiroler ÖVP setzt nach wie vor auf die Parteifarbe Schwarz und nicht Türkis.
Platter: Weil wir einen eigenständigen Wahlkampf in Tirol führen. Diese Eigenständigkeit wird sich auch in der Politik widerspiegeln.
In welchen Bereichen?
Platter: Wir ticken anders als Wien oder das Burgenland. Wir haben andere Voraussetzungen. So spielt der ländliche Raum bei uns im Gegensatz zu Wien eine zentrale Rolle. Deshalb verfolgen wir unseren Weg, natürlich mit Partnern wie mit der Bundesregierung.
Bedeutet die Eigenständigkeit auch, dass die Tiroler ÖVP mehr Berührungsängste zur FPÖ hat als die Bundespartei?
Platter: Mir geht es nicht um die Farbe der Partei, sondern um Inhalte und darum, ob die persönliche Chemie stimmt.
Trotzdem: Wird Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz ein gewichtiges Wort mitreden, mit wem Sie nach der Wahl regieren?
Platter: Das ist undenkbar. Ich entscheide mit meinem Parteivorstand, was zu tun ist. Da lasse ich mir von der Bundespartei nichts dreinreden.
Sie treten mit der identen Regierungsmannschaft an. Wird es Änderungen geben? LR Beate Palfrader will unbedingt wieder dabei sein.
Platter: Das ist auch verständlich, aber das werden wir nach der Wahl in den Gremien entscheiden. Alle Regierungsmitglieder müssen in den Bezirken um Vorzugsstimmen kämpfen und sich beweisen. Danach wird man sich alle Ergebnisse ansehen. Es ist überhaupt noch nichts fix. Jeder muss sich um ein gutes Ergebnis bemühen, kein Regierungsmitglied ist abgesichert.
Was war in der zu Ende gehenden Regierungsperiode Ihr Highlight und was ist weniger gut gelungen?
Platter: Dass wir die Wirtschaftskrise gut überstanden haben, ist sicher ein großer Erfolg. Mit unserem Konjunkturpaket von 135 Millionen Euro konnten wir einen wesentlichen Beitrag dazu leisten. Und mit vereinten Kräften haben wir die Flüchtlingskrise eigentlich gut bewältigt und die illegale Migration gestoppt. Die Tarifreform war ebenfalls ein Meilenstein. Mittlerweile nutzen 145.000 Tiroler das Jahresticket. Beim leistbaren Wohnen ist meine Zufriedenheit allerdings noch bescheiden.
Hier gibt es also noch keinen Vorsprung Tirol. Außerdem sind die Lebenshaltungskosten nach wie vor zu hoch. Viele kommen mit dem Einkommen nicht mehr aus.
Platter: Zuerst einmal zum Vorsprung: Bei der Beschäftigung, beim Rückgang der Arbeitslosenquote, beim Wirtschaftswachstum und bei den Finanzen hat Tirol einen Vorsprung. Hätten wir keinen finanziellen Spielraum, könnten wir das Land nicht weiterentwickeln. Diesen Vorsprung haben wir uns erarbeitet und wir wollen ihn weiter ausbauen. Die Gehälter kann die Politik aber nicht bestimmen.
Doch müsste die Regierung nicht initiativer werden?
Platter: Selbstverständlich in jenen Bereichen, die wir beeinflussen können. Wir wollen den Strompreis niedrig halten, Familien fördern und attraktive Öffi-Tarife anbieten. Deshalb befürworte ich die Politik der Bundesregierung mit den Steuersenkungen und dem Kinderbonus. Das wirkt sich positiv auf das Gesamteinkommen der Familien aus.
Und beim Wohnen?
Platter: Man darf den allgemeinen Wohnungsmarkt und den sozialen Wohnbau nicht vermischen. Wichtige Schritte haben wir bereits gesetzt. Die Zinsen bei der Wohnbauförderung wurden massiv gesenkt, die Bauvorschriften durchforstet und in vier Gemeinden wird das 5-Euro-Wohnen umgesetzt. Das muss nun weiter forciert werden.
Aber bräuchte es nicht noch größere Anstrengungen?
Platter: In den nächsten fünf Jahren wollen wir 12.000 neue Wohnungen bauen. Gleichzeitig werden wir die Spekulationen bekämpfen, indem wir qualifizierte Vorkaufsrechte in Verträgen verankern. Die Vertragsraumordnung soll darüber hinaus besser abgesichert werden. Und ein weiteres Ziel ist ein großer Studentencampus für modernes Studentenwohnen in der Innsbrucker Innenstadt. Damit kann der Wohnungsmarkt, der auch durch die vielen Studierenden in Bedrängnis ist, doch spürbar entlastet werden; mit hoffentlich positiven Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt sowohl für die Innsbrucker als auch die Studierenden.
Das Interview führten Peter Nindler und Manfred Mitterwachauer