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David kauft Goliath: Koch Media geht an Schweden

Das Koch-Media-Headquarter in Höfen, wo 150 Personen im Spieleentwickler-, Film- und Vertriebsbereich arbeiten, wurde auch verkauft
© Helmut Mittermayr

Franz Koch (66) tritt in den Ruhestand. Mangels Nachfolgewunsch aus der Familie verkauft er sein Unternehmen um 121 Millionen an THQ Nordic.

Von Helmut Mittermayr

Höfen, Karlstad –„Vi landade bara i Höfen och gick till huvudkontoret till fots.“ Das könnten die neuen schwedischen Eigentümer der Koch Media Holding künftig öfter sagen. Nämlich, dass sie gerade am Flugplatz Höfen gelandet und zu Fuß die paar Meter ins Headquarter gegangen sind. Denn neben vielen Aspekten spielte auch die direkte Erreichbarkeit per Flugzeug eine Rolle bei der Kaufentscheidung. Die THQ Nordic AB mit Sitz in Karlstad am Vänernsee, ein schwedischer Konzern der Computerspielbranche, hat Mittwoch um acht Uhr Früh den Kaufvertrag für Koch Media unterschrieben. Auf der Homepage des schwedischen Konzerns für Spieleverlagswesen wird ein Kaufpreis von 121 Millionen Euro ausgewiesen, cash bezahlt. Gerechnet an Umsatz und Mitarbeitern hat damit David Goliath erworben. Denn die Koch-Media-Gruppe beschäftigt weltweit 800 Mitarbeiter, THQ Nordic 200. Der Koch-Media-Umsatz betrug 300 Millionen, die börsennotierte THQ Nordic schaffte 40 Millionen. Die Schweden hatten sich das notwendige Geld für den Kauf über eine Kapitalerhöhung an der Börse im vergangenen Jahr geholt. Der Aktienkurs von THQ schnellte nach Bekanntwerden des Deals Mittwochfrüh innerhalb von zwei Stunden um 20 Prozent von 97 auf 121 Schwedische Kronen nach oben.

Am Standort Höfen arbeiten derzeit 150 Personen. Neben Klemens Kundratitz hat dort Reinhard Gratl die Geschäftsführung inne – vor dem Deal wie nach dem Deal. Als Dritter im Triumvirat kommt nun der CEO von THQ Nordic, Erik Stenberg, hinzu. Das Unternehmen wird weiter unter Koch Media Holding GmbH firmieren. Reinhard Gratl vorab: „Firmen werden gekauft und nicht verkauft!“ Die Botschaft, die er damit transportieren möchte, ist an Mitarbeiter wie Kunden gerichtet – nämlich dass keinerlei Not für einen Besitzerwechsel bestanden habe. Ganz im Gegenteil: Koch Media peilt heuer einen Umsatzsprung um 20 Prozent auf 360 Millionen Euro an. Gerade das Shooterspiel Metro soll die Höfener in lichte Umsatzhöhen schießen.

Der Grund für den Verkauf an die Schweden besteht laut Gratl einzig und allein darin, dass sich der 90-Prozent-Eigentümer Franz Koch zur Ruhe setzen will. Der in Innsbruck lebende Firmengründer aus dem Lechtal ist 66 Jahre alt und seine Kinder sind an einer Übernahme nicht interessiert. Franz Koch habe diesmal nicht den – oft bewiesenen – richtigen Riecher, wann es Zeit ist, ein Geschäft abzustoßen, eingesetzt. Er habe ganz im Gegenteil auf Geld verzichtet, um Unternehmen, Standort und Mitarbeitern eine langfristige Perspektive zu ermöglichen. Einzig Buchverlag und verschiedenste Immobilien bleiben im Besitz der Familie Koch, die sich öffentlich nicht äußern will. Zehn-Prozent-Eigner von Koch-Media Klemens Kundratitz hat ebenfalls an die Schweden verkauft, die damit 100 Prozent halten.

Den Höfener Gebäudekomplex plus ein angrenzendes Grundstück von 7000 m² hat THQ Nordic miterworben. Für Reinhard Gratl ein Zeichen, wie ernst das Investment genommen wird. „Sie wollen hier ausbauen.“ Das große Koch-Gebäude (früher Artpress, jetzt AST) auf der gegenüberliegenden Straßenseite bleibt im Besitz von Koch Immobilien.

Geschäftsführer Reinhard Gratl freut die Entwicklung.
© Helmut Mittermayr