Causa Festspiele Erl: Vorwürfe für Haselsteiner „Schweinerei“
Festspielpräsident Hans Peter Haselsteiner sieht hinter den Vorwürfen gegen Gustav Kuhn eine Verleumdungskampagne. Man wolle den Künstlerischen Leiter von Erl „fertigmachen“.
Erl, Wien – Mit scharfen Worten kontert Festspielpräsident Hans Peter Haselsteiner auf die schweren Vorwürfe gegen die Festspiele Erl und deren Künstlerischen Leiter Gustav Kuhn. Die Anschuldigungen seien eine „Schweinerei erster Ordnung“, sagte Haselsteiner im APA-Gespräch. „Wir sind offensichtlich Opfer einer Verleumdungskampagne“, zeigte sich der Industrielle erbost.
Der ehemalige Politiker des Liberalen Forums und Unterstützer der NEOS ortet politische Motive hinter den Vorwürfen, die online veröffentlicht worden waren. Die „politische Stoßrichtung“ sei offenbar gewesen, die ÖVP und Landeshauptmann Günther Platter knapp vor der Tiroler Landtagswahl zu treffen. Die Festspiele hätten als „Instrument“ dafür gedient.
Die Vorwürfe des angeblichen Lohn- und Sozialdumpings, Lohnwuchers, der Scheinselbstständigkeit und dergleichen seien schon „längst erledigt“, meinte Haselsteiner und verwies auf entsprechende Untersuchungen durch Tiroler Gebietskrankenkasse und Finanzpolizei. „Und dass wir nicht so viel zahlen können wie die Wiener Philharmoniker und auch keine Gagen bieten können, wie sie die Anna Netrebko erhält, ist auch klar. Denn dann gäbe es nämlich gar keine Festspiele Erl“, so Haselsteiner, dessen Privatstiftung alleiniger Gesellschafter der Festspiele ist.
Haselsteiner stellt sich vehement hinter Kuhn
Die Anschuldigungen gegen „Maestro“ Gustav Kuhn wegen Fällen angeblichen sexuellen Fehlverhaltens würden sich indes alle im „anonymen Bereich“ abspielen. Es gebe keine einzige nicht-anonymisierte Anschuldigung gegen Kuhn. Denn jene angebliche ehemalige Erl-Musikerin, die ihm, Haselsteiner, einen offenen Brief geschrieben und die Vorstellung einer Initiative mit mehreren „Opfern von Erl“ angekündigt habe, existiere gar nicht. „Das ist ein Internet-Troll. Diese Person gibt es gar nicht und die hat daher auch nie in Erl gearbeitet.“
Haselsteiner stellte sich jedenfalls vehement hinter den „Maestro“, den man „fertigmachen“ wolle: „Jeder steht jetzt offenbar geifernd mit dem Messer bereit und möchte den Kuhn kastrieren.“
Dass sich Tirols Kulturlandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) für die sofortige Einberufung einer Sitzung des Stiftungsvorstandes ausgesprochen hat, um „weitere Maßnahmen im Interesse einer raschen und vollständigen Aufklärung aller Sachverhalte zu beschließen“, begrüßte Haselsteiner. Die Sitzung werde es geben. Es sei wichtig, dass man sich in dieser Situation bespreche. Man werde beraten, welche Maßnahmen man eventuell ergreifen könne, so Haselsteiner.
Palfrader will in ihrer Funktion als Miteigentümerin der Stiftung volle Einsicht in die Arbeitsverträge der Künstler. Das Festival sieht sich nämlich mit Vorwürfen „modernen Sklaventums“ konfrontiert, weil die Bezahlung der Musiker aus Osteuropa weit unter den üblichen Sätzen liege.
Kuhn steht besonders im Zentrum der Anschuldigungen. Ihm wird neben sexuellem Fehlverhalten auch ein despotischer Führungsstil vorgeworfen. Der Dirigent und Künstlerische Leiter selbst hatte zuletzt von „unhaltbaren Anschuldigungen“ gesprochen. Palfrader will in Erl eine unabhängige Kommission einsetzen, an die sich Betroffene wenden können. (APA, TT)
Eine Mail mit dubioser Absenderin
Innsbruck – Seit Mittwoch liegt die Anzeige des Landes in Sachen Festspiele Erl bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck. Kulturlandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) ließ das Poststück übermitteln. In der – mehrfach ergänzten – Mail werden Vorwürfe gegen die Festspiele („Psychoterror und sexuelle Belästigung“) erhoben. Festspielchef Gustav Kuhn habe mit diesen Vorwürfen aber nichts zu tun.
An der Echtheit dieser Mail, die mit „Dr. Claudia Rosenberger, 1230 Wien“ gezeichnet ist, bestehen mittlerweile erhebliche Zweifel. „Bei der Absenderin könnte es sich um eine erfundene Person handeln“, sagt LR Palfrader auf Nachfrage der TT. Es sei ihre Pflicht, alles vorzulegen, was zur Klärung der Vorwürfe beitragen könne, so Palfrader.
Staatsanwalt Thomas Willam geht davon aus, dass die Prüfung der bisherigen Unterlagen – der fragwürdigen E-Mail und der anonym online erhobenen Vorwürfe gegen Gustav Kuhn – bis nächste Woche dauert.
Kuhn, für den die Unschuldsvermutung gilt, werden Lohndumping, despotisches Auftreten und sexuelle Verfehlungen vorgeworfen. Unterstützung bekommt der Erl-Chef vom deutschen Komponisten Matthias Drievko. Er fühlte sich bei seinen Engagements in Erl sehr gut behandelt.
Die Gewerkschaft „younion“ im ÖGB bietet sich indessen als Anlaufstelle für die Erler Künstlerschaft an. Vorsitzender Bernd Leidlmair verlangt volle Aufdeckung und kündigt arbeitsrechtliche Überprüfungen auch im Technik-Bereich der Festspiele an.
(mark)