Bei Römern war Strad ein Hotspot
Entlang der Römerstraße Via Claudia Augusta wurden im Straderwald „sensationelle Funde“ sichergestellt. Sowohl in Strad als auch in Dormitz gilt eine Siedlung als sicher. In Imst soll ein Museum entstehen.
Von Hubert Daum
Tarrenz, Nassereith –Dass das Naturjuwel Gurgltal an der stark frequentierten Bundesstraße leidet, ist seit Jahrzehnten ein Fakt. Dass es bereits seit rund 2000 Jahren den Verkehr anzieht und jahrhundertelang die „Hauptstraße“ der Nord-Süd-Verbindung durch das Tal führte, ist historisch bewiesen. Die Via Claudia Augusta, die „Autobahn“ der Römer, führte von Venedig bis zur Donau nördlich von Augsburg. Für die Archäologen Barbara Kainrath und Gerald Grabherr von der Uni Innsbruck bietet diese historische Straße speziell im Bereich Strader Wald seit vielen Jahren einen Riesenfundus für ihre wissenschaftliche Arbeit. Sie waren vorgestern im Imster Raiffeisensaal zu Gast, um Interessierten den neuesten Stand der Forschung im Raum Imst zu vermitteln.
„Wir starteten die archäologische Arbeit bereits in den 1990er-Jahren im Lermooser Becken an einer so genannten Prügelstraße“, begann Grabherr mit seinen Ausführungen, „mit einer am Holz angewandten chemischen Methode können wir das Alter exakt bestimmen.“ Bald rückte das Gurgltal in den Fokus und entpuppte sich als eines der bedeutendsten Fundgebiete im gesamten Römischen Reich. „Im Gemeindegebiet von Imst sind die Entdeckungen eher dürftig“, präzisierte Barbara Kainrath, „allerdings wissen wir, dass eine Siedlung mit dem Namen Humiste und wahrscheinlich ein landwirtschaftlicher Gutshof im Bereich des Sportzentrums existierten.“ Die Motivation stieg sichtlich, als es in Richtung des Tarrenzer Ortsteiles Strad ging: „Das archäologische Ergebnis hier nach fünf Jahren Forschung ist mit rund 500 Funden sensationell“, schwärmte Grabherr, „sie sind vor allem von der Bronzekasserolle über das Langschwert bis hin zum Soldatengürtel äußerst verschiedenartig.“ Ein so genannter Kammhelm sei sogar ein weltweites Unikat.
Die Römerstraße war zirka acht Meter breit, links und rechts davon wurden drei Siedlungen nachgewiesen. „Sie stammen aus drei unterschiedlichen Zeiten“, weiß Kainrath, „anhand von Keramik- und Münzausgrabungen und Häuserpfosten können wir das mit Sicherheit sagen.“ Aufgrund der Fundvielfalt könne man sogar Handelsströme in der jeweiligen Zeit nachvollziehen. Exemplare aus Gallien oder Germanien zeigen, dass die Via Claudia nicht nur eine Militär-, sondern auch eine Handelsstraße war. Die Siedlungen waren nach Einschätzung der Wissenschafter Raststationen.
Dass es auch in Dormitz bei Nassereith eine Siedlung gegeben hat, ist für die Archäologen ebenfalls sicher. Kainrath: „Es war die letzte Station vor dem Fernpass. Im vergangenen Herbst durften wir vor der Pension Kreuz auf einer Fläche von 15 mal 15 Metern graben und haben eindeutig Pfostenlöcher von Gebäuden geortet. Zudem fanden wir unzählige Münzen und Fibeln, also Gewandspangen, auf einem Feld neben der jetzigen Bundesstraße.“ Die Siedlung Dormitz sei wahrscheinlich recht groß gewesen.
Groß ist auch das Interesse von mehreren Stellen, in Imst künftig ein Via-Claudia-Museum einzurichten. „Die einzigartigen Funde sollten ein Zuhause finden“, hofft Ballhaus-Chefin Sabine Schuchter. Für dieses Ziel wurde sogar von Franz Neururer der Verein „Transitus“ gegründet. Neururer werde als Obmann trotz „nachlassendem Interesse seitens der Stadtführung“ für die Idee eines Museums, die auch die beiden Archäologen gutheißen, weiterkämpfen.