Tiroler Arbeitsmarkt

Tiroler AMS-Chef: Sichere Arbeit nur durch Bildung

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Die Arbeit verändert sich: eine Bestandsaufnahme von Tirols AMS-Chef anlässlich des Tags der Arbeitslosen am 30. April.

Von Michaela S. Paulmichl

Innsbruck –„Arbeit sichert nicht nur den Lebensunterhalt des Einzelnen und von Familien. Arbeit bestimmt ganz wesentlich die Stellung eines Menschen und seiner Angehörigen in unserer Gesellschaft.“ Anlässlich des Tags der Arbeitslosen morgen, 30. April, geht es nicht nur um die Darstellung von Fakten und der neuesten Zahlen. Sie können viel aussagen über Trends und Entwicklungen, in welchen Bereichen Maßnahmen erfolgreich sind oder noch mehr getan werden muss. Aber sie sagen nichts aus über die Bedeutung, Arbeit zu haben: „Nicht umsonst gehört das Recht auf Arbeit zu den Grundrechten“, sagt Tirols AMS-Chef Anto­n Kern.

In Tirol hat sich der Arbeitsmarkt seit November 2015 positiv entwickelt, die Beschäftigung hat in den beiden vergangenen Jahren stärker als in den Jahren zuvor zugenommen, die Arbeitslosigkeit nimmt seither laufend ab. Kern: „Dennoch ist festzuhalten, dass auch in Tirol im letzten Jahr 80.640 Menschen zumindest einen Tag im Jahr als arbeitslos vorgemerkt waren.“ Und auch wenn in Tirol die Arbeitslosigkeit bei allen Altergruppen rückläufig ist und sogar die Zahl der Langzeitsarbeitslosen wieder sinkt, „bleibt doch die Tatsache, dass Ältere und Menschen mit gesundheitlichen Problemen oder Beeinträchtigung, schlechter oder gar keiner Ausbildung sich schwerertun, wieder Arbeit zu finden“.

Mittelfristig wird damit gerechnet, dass das Wirtschaftswachstum bis 2023 nicht ganz das Niveau von 2017 und 2018 erreichen können wird, die Investitionsbereitschaft der Betriebe sollte aber weiter beachtlich bleiben, wie es heißt. Die guten Voraussetzungen in der Sachgüter­erzeugung, Bau, Gesundheit und Tourismus sollten einen weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit ermöglichen, obwohl durch Arbeitsmigration, die Anerkennung von Flüchtlingen, ein höheres Pensionsantrittsalter und die Erwerbsbeteiligung von Frauen ein zusätzliches Arbeitskräfteangebot vorhanden sein wird.

Dabei macht der globale Strukturwandel auch vor der Tiroler Wirtschaft nicht halt, sagt Kern. Die Digitalisierung werde zu massiven Änderungen einzelner Berufsbilder führen, aber auch neue Aufgaben und Tätigkeiten entstehen lassen. Es geb­e völlig unterschiedliche Szenarien: Während manche Arbeitsmarktexperten die Bankkaufleute, pharmazeutisch-technische Assistenten, Fremdsprachenkorrespondenten, Archivare oder Zahnarzt- assistenten auf dem absteigenden Ast sehen, weil diese Tätigkeiten zunehmend durch Fintech-Start-ups, Translate-Apps und Robotic übernommen werden sollen, wird die Entwicklung von anderen völlig entgegengesetzt bewertet. „Berufe unterliegen seit jeher einem Wandel und müssen daher nicht zwingend aussterben“, so der AMS-Chef. So gibt es sogar Einschätzungen, dass Produktionsbereiche wie etwa die Textilerzeugung wieder nach Europa zurückkehren könnten.

„Wir können jedoch davon ausgehen, dass der Faktor ,Sicherheit‘ künftig nicht mehr dieselbe Bedeutung haben wird wie derzeit noch. Sie wird über die entsprechende Bildung, über Kompetenzen und Persönlichkeitsfaktoren erzielbar sein.“

Im Rahmen der von der Regierung kurz nach Beginn gestoppten „Aktion 20.000“ stehen in Tirol 160 Menschen in einem geförderten Arbeitsverhältnis. „Die Rückmeldungen sind mit wenigen Ausnahmen sehr positiv“, so Kern. Für die betroffenen Langzeitsarbeitslosen hätten sich unerwartet neue Perspektiven ergeben. Für eine Bilanz sei es noch zu früh, umso mehr sei er deshalb auf die umfassende Evaluierung im Herbst gespannt, was die arbeitsmarkt- und fiskalpolitischen Zielsetzungen betrifft. Trotz der guten Ausgangssituation muss weiterhin Zielgruppen wie Älteren, Geringqualifierten, Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Beeinträchtigung ein arbeitsmarktpolitisches Engagement entgegengebracht werden.

Fakten und Zahlen zum Thema Arbeit(slosigkeit)

Risiko bei Pflichtschulabschluss (16,3 %), mit Lehrausbildung (5,5 %), BHS (2,9 %), AHS (2,8 %), BMS (2,6 %), Akademiker (2,1 %).

Gefragte Berufe Gesundheits- und Sozialwesen (+7800), Beherbergung und Gastronomie (+6600), Einzelhandel (+2800). Vom Wachstum im Dienstleistungsbereich profitieren Frauen besonders.

Rückgänge Montageberufe, Fahrzeugführer, Bediener mobiler Anlagen, Hilfskräfte Produktion, Transport und Lager.

Arbeitslosenquote

Sie wird dieses Jahr 5,1 % betragen (2017: 5,8 %) und damit unter dem niedrigsten Wert der letzten zehn Jahre (2008: 5,3 %) liegen.

Rückgänge

In der Beherbergung und Gastronomie (-534 Personen, -8,6 %) und Fahrzeugmechanik (-343 Personen oder -11,4 %) sind sie am stärksten.

Arbeitslosigkeit

Im März waren 15.433 Menschen als arbeitslos gemeldet (6638 Frauen, 8795 Männer), 25,4 % weniger im Vergleich zum März 2017.

Entwicklung Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist anhaltend hoch, das Wirtschaftswachstum liegt in Tirol über dem Österreichschnitt. Die Erwartungen sind für ganz 2018 positiv.

Prognosen Für 2018 rechnet das AMS-Tirol mit einem weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit um 2300 Personen.

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