Gesundheit

Gefahr tropft aus der Tube: Warum Cremes gefährlich sein können

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Sich waschen, eincremen und stylen – das gehört zur täglichen Morgenroutine der meisten Menschen. Die Körperpflege kann allerdings die Gesundheit gefährden. Eine Innsbrucker Pharmazeutin erforscht, warum.

Von Evelin Stark

Innsbruck –Duschgels, Haarfarben, Sonnencremes: Sie verschönern, pflegen und schützen. Gleichzeitig können sie aber auch krank machen. Viele kosmetische Produkte hinterlassen Spuren im Körper und haben nachweislich Auswirkungen auf das Immunsystem, den Hormonhaushalt oder auf Herz und Kreislauf. Sie enthalten nämlich Chemikalien, die wie Hormone gebaut sind und daher wie Hormone wirken.

Die Innsbrucker Pharmazeutin Daniela Schuster beschäftigt sich im Zuge eines Projekts des Wissenschaftsfonds FWF seit 2014 mit der Wirkung von Umweltchemikalien auf den menschlichen Körper. Anhand eines computerbasierten Frühwarnsystems, das sie eigens für ihre Forschung entwickelt hat, kann sie direkt am Bildschirm Wirkungen und Nebenwirkungen verschiedener chemischer Stoffe simulieren.

„Wir können beweisen, dass die Stoffe nicht nur auf der Haut bleiben, sondern auch im Körper ankommen", sagt Daniela Schuster (Pharmazeutin).
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„Wir können damit beweisen, dass die Stoffe nicht nur auf der Haut bleiben, sondern auch im Körper ankommen“, sagt Schuster. Der besondere Fokus ihrer Forschung liegt auf hormonell wirksamen Umweltchemikalien. Diese befinden sich nicht nur in Kosmetika, sondern auch in Putzmitteln, Plastikprodukten, Textilien oder Nahrungsergänzungsmitteln. Interessant: Auch in Duftstoffen kommen sie vor.

Das Hormonsystem spielt für den Körper eine sehr wichtige Rolle. Hormone sind chemische Botenstoffe des Körpers und regeln viele Körperfunktionen wie Stoffwechsel, Wachstum und Entwicklung, Fortpflanzung, Schlaf und Stimmung.

Kommen Stoffe in den Körper, die Einfluss auf die Hormonaktivität nehmen, kann dies zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Sie können unter anderem Entwicklungsprozesse im Körper stören, die in ganz bestimmten Zeitfenstern des Wachstums ablaufen.

„Es ist erwiesen, dass Föten im Mutterleib, Kleinkinder und Pubertierende besonders empfindlich auf hormonelle Schadstoffe reagieren“, so die Expertin. Auch Frauen, die noch schwanger werden wollen, rät Schuster, hormonell wirksame Kosmetika zu meiden. Zu diesen Stoffen gehören unter anderem einige Filter gegen UV-Licht in Sonnenschutzmitteln oder auch Konservierungsstoffe.

In einem Bericht der WHO aus dem Jahr 2013 bringen verschiedene Wissenschafter hormonell wirksame Stoffe mit der weltweiten Zunahme von Brust-, Prostata- und Schilddrüsenkrebs, Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Zusammenhang. Die Stoffe werden darin als „globale Bedrohung“ bezeichnet.

Auch die österreichische Umweltschutzorganisation Global 2000 hat 2013 Untersuchungen zu dem Thema durchgeführt. Sie zeigten, dass rund ein Drittel der in Österreich und Deutschland erhältlichen Körperpflege- und Kosmetikprodukte Inhaltsstoffe enthielten, die im Verdacht stehen, das Hormonsystem negativ zu beeinflussen. Als Reaktion darauf haben einige Handelsketten ihre Körperpflege-Eigenmarken vorsorglich auf „hormonfrei“ umgestellt.

„Das Gefahrenpotenzial ist hoch“, sagt auch Schuster. Trotz der Tatsache, dass es noch keine harten Beweise des Schädigungspotenzials dieser Stoffe für Menschen gibt, gäbe es ausreichend Hinweise dafür, dass es sehr sinnvoll ist, sie zu vermeiden.

Nur wie? „Am gesündesten wäre es, sich mit Schweinefett einzucremen“, lacht die Forscherin. Dem Zeitgeist entspreche das allerdings weniger, weshalb sie selbst zu einfacheren Tricks greife. Zuallererst: „Die Dosis macht das Gift.“ Man solle also so wenig wie möglich schmieren. Wichtig sei es außerdem, regelmäßig die Produkte zu wechseln, damit der Körper nicht dauernd mit denselben Stoffen konfrontiert ist. Dabei schließt die Wissenschafterin Naturkosmetik nicht aus: „Das Problem sind die Zusätze. Konservierungsstoffe werden auch in Bio-Produkten verwendet, um die Haltbarkeit zu garantieren.“ Gesünder seien die Produkte in der Hinsicht also nicht.

Beim Sonnenschutz gilt für die Expertin: „Sonnencremes mit chemischen UV-Filtern sollten strikt vermieden werden.“ Am besten seien mineralische Sonnencremes, die einen weißen Film auf der Haut hinterlassen, denn „die ziehen nicht einmal ein“.

Große Vorsicht gilt auch bei frischem Obst und Gemüse: Hormonell wirksame Pestizide finden sich auf grünem Salat genauso wie auf Äpfeln. „Warm abwaschen“, rät die Expertin. Obst und Hände!