Standpunkte gehen bei CETA sehr weit auseinander
Nachdem der Ministerrat den Weg für eine Ratifizierung des EU-Kanada-Freihandelsabkommens durchs Parlament freigemacht hat, sind die Wogen zu diesem Thema einmal mehr richtig hochgegangen.
Wien – Auch außerhalb der Debatte im Parlament in Aussendungen verschiedener Player wie Nichtregierungsorganisationen, Sozialpartner, Parteien gehen die Meinungen über Freihandelsabkommen CETA extrem auseinander.
Die Plattform „Anders Handeln“, die das Anti-CETA/TTIP-Volksbegehren noch unter anderem Namen organisiert hatte, startete heute eine E-Mail-Aktion. CETA-Gegner können dabei auf www.anders-handeln.at/petition „die Pro-CETA-Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und NEOS direkt auffordern, das Abkommen abzulehnen“.
Lob kam von der Wirtschaftskammer (WKÖ) und der Industriellenvereinigung (IV). Die österreichische Wirtschaft stehe voll und ganz hinter dem heutigen Regierungsbeschluss in Richtung der CETA-Ratifizierung. „Noch die letzte Regierung unter Führung der SPÖ hat - völlig zu Recht - grünes Licht für den Abschluss von CETA gegeben. Nun geht es darum, diesen Weg zu Ende zu gehen und CETA in vollem Umfang anzuwenden“, so Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl und der Vizepräsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Jürgen Roth. „Die Regierung entscheidet für mehr Wohlstand und Arbeitsplätze in Österreich“, so IV-Präsident Georg Kapsch. Auch die Landwirtschaftskammer reihte sich unter die CETA-Freunde ein, warnte aber gleichzeitig vor anderen Freihandelsabkommen. Pro-CETA ist auch der liberale Thinktank Agenda Austria. Neben der ÖVP sind auch die NEOS für CETA.
„Ich bin eine Anhängerin eines gerechten internationalen Handels. Daher brauchen wir kein CETA in dieser Form“, hieß es von AK-Präsidentin Renate Anderl. „Das österreichische und das kanadische Rechtssystem bieten in- und ausländischen Investoren in gleichem Maß den Schutz ihrer Rechte, und das ist gut so!“ CETA würde dazu führen, dass ausländische Investoren künftig bevorzugt behandelt werden. „Wir brauchen keine Zweiklassengesellschaft in unserem Rechtsstaat“, sagt die AK-Chefin.
Von Michel Reimon, EU-Abgeordneter und Co-Delegationsleiter der Grünen, hieß es: „Das Abkommen ist aus demokratischer Sicht abzulehnen. Sonderrechte für Konzerne und Investoren könnten EU-Recht aushebeln- der EuGH muss darüber noch ein juristisches Urteil fällen.“ Die FPÖ mache sich zum Steigbügelhalter. „Schwarzblau fährt ohne ein Wimpernzucken über die Interessen der österreichischen Bevölkerung drüber“, so Reimon. Parteichef Werner Kogler hatte heute beim Protest der Plattform „Anders Handeln“ vorm Bundeskanzleramt teilgenommen.
„Während die Erläuterungen zur Ratifizierung ungewöhnlich schnell vorbereitet wurden, bleiben die fundamentale Probleme des Abkommens weiter ungelöst, anders als die einige Regierungsmitglieder behaupten. Die österreichische Bundesregierung geht dabei sogar so weit, ein rechtliches Risiko zu übernehmen, wenn sie die anstehende EuGH-Meinung zur Vereinbarkeit von CETA mit den EU Verträgen nicht abwartet“, warnte Leonore Gewessler, Geschäftsführerin von Global 2000 in einer Aussendung.
Attac kritisierte FPÖ-Aussagen, wonach es „Verbesserungen“ bei CETA gegeben habe, wegen denen man nun zustimmen könnte: „Nach der WählerInnentäuschung folgt nun die inhaltliche Irreführung der Menschen durch die FPÖ. Der CETA-Vertrag hat sich inhaltlich seit der Nationalratswahl um keinen Deut verändert. Es ist nach wie vor das gleiche gefährliche Abkommen, das die Interessen von Konzernen über jene von Menschen und Umwelt stellt“, erklärt Alexandra Strickner von Attac Österreich.
Die SPÖ kritisierte die Bundesregierung für ihr Vorhaben im Parlament massiv, aber auch Bundesgeschäftsführer Max Lercher meldete sich zu Wort. Die Regierung warte die Nachverhandlungen nicht ab, die die SPÖ durchgesetzt habe. So kämen nun aber Konzerngerichte nach Österreich, so Lercher. Kritik kam neben der sozialdemokratischen EU-Abgeordneten Evelyne Regner auch vom Verband Sozialistischer Student_innen (VSStÖ).
„Gute Nachrichten für die österreichischen Exporteure, Arbeitnehmer und Konsumenten“, sieht hingegen der ÖVP-Europaabgeordnete und Handelspolitiker Paul Rübig. Er sprach von einem „Sieg der Vernunft“, dass der Weg zur Ratifizierung nun frei ist. (APA)