Landespolitik

Ministerium klopfte bei Tiroler Kassa an, 466 Mio. für Pflege gefordert

Tirols Gebietskrankenkasse zahlt rund eine Milliarde Euro an reinen Versicherungsleistungen. Sie soll in eine Österreich-Kasse eingegliedert werden.
© Thomas Böhm

Anfragen, wie lange Kassendirektoren noch im Amt sind, verwundern. AUVA-Einsparungen könnten Tirol treffen. Indes wollen Landeshauptleute heute eine Zusage vom Bund — Kassenreform am Mittwoch im Ministerrat.

Innsbruck, Wien — Sozialversicherungen und Allgemeine Unfallversicherungsanstalt: Seit Tagen wird über Reformen und Einsparungen diskutiert, bei der Fusion der 21 Krankenkassen zu fünf Kassen dürfte bereits am kommenden Mittwoch im Ministerrat der parlamentarische Prozess eingeläutet werden. Während Selbstverwaltung, Vertrags- und Budgethoheit bei den künftigen Regionalstellen der Österreichischen Gesundheitskasse (Gebietskrankenkasse) bleiben sollen, ist die Frage der Beitragseinhebung noch nicht klar. Oberösterreich beharrt darauf, dass das weiterhin durch die Regionalkasse erfolgen soll, Länder wie Tirol würden sich nicht gegen eine zentrale Einhebungsstelle stemmen. Am 23. Mai ist jedenfalls der Ministerratsvortrag geplant.

Dass sich derzeit das FPÖ-geführte Sozialministerium in den neun Gebietskrankenkassen — auch in Tirol — darüber informiert, wie lange die Verträge der Direktoren laufen, sorgt jedenfalls für Verwunderung. Schließlich sind die Funktionsperioden mit fünf Jahren gesetzlich geregelt. Das gilt für die Kassengremien wie auch für den Direktor. In Tirol endet die aktuelle Periode Anfang 2021. Über Hintergründe dieser Aktion aus dem blaue­n Sozialministerium und wem frei werdende Posten nützen könnten, wird in den Krankenkassen derzeit nur spekuliert.

Diskutiert wird derzeit ebenfalls über Einsparungen bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt AUVA, die in Bad Häring das Rehabilitationszentrum betreibt. Da Tirol im Gegensatz zu anderen Bundesländern kein Unfallkrankenhaus der AUVA hat und Arbeitsunfälle in den zehn öffentlichen Spitälern behandelt werden, erhält die Tiroler Gebietskrankenkasse als Abgeltung einen Pauschbetrag. Österreichweit zahlt die AUVA aus ihrem Budget von 1,4 Mrd. Euro (Bilanz 2016) rund 204 Mio. Euro, auf Tirol entfallen dabei 16,9 Mio. Euro. Das geht aus einem Papier der AUVA hervor.

Schon seit Jahren wird von einer Überbezahlung beim Pauschbetrag von 150 Mio. Euro gesprochen. Sollte vom Pauschbetrag abgegangen werden, könnte es finanziell­e Verluste geben. Das trifft auf Impfungen für die Feuerwehrleute ebenfalls zu, wofür jährlich rund 500.000 Eur­o ausgegeben werden. Dies­e Kosten müssten dann die Länder übernehmen. Neu geregelt müsste darüber hinaus die Schüler-Unfallversicherung von vier Millionen Euro werden. Insgesamt macht die Querfinanzierung der AUVA — etwa für Freizeitunfälle (155 Mio. Euro) — insgesamt 447 Mio. Euro aus.

Immer wieder Anlass zur Kritik gibt der Verwaltungsaufwand der AUVA. 92,4 Millionen werden dafür ausgegeben, er beträgt rund 6,5 Prozent. Bei den anderen Sozialversicherungen wie der Gebietskrankenkasse liegt er deutlich unter drei Prozent. Der Abgang bei den Rehabilitationszentren macht pro Jahr rund 61,2 Millionen Eur­o aus.

Platter: "Wer anschafft, zahlt"

Der finanzielle Konflikt zwischen Bund und Ländern über den Ersatz der Kosten für die Abschaffung des Pflegeregresses soll heute bei der Landeshauptleutekonferenz in Wien entschärft werden. Bis zuletzt regierten die Muskelspiele, für den direkten Einnahmenausfall haben die Länder 466 Millionen Euro angemeldet. Tirol fordert 30 Millionen Euro vom Bund. Gleichzeitig geht es um die Folgekosten für zusätzliche Pflegebetten in den Heimen.

Die Forderungen dürften vom Finanz- und Sozialministerium noch einmal durchleuchtet worden sein, vor allem die von Wien und der Steiermark bezifferten Aufwendungen von 110 bzw. 100 Millionen Euro werden als zu hoch bezeichnet. Finanzminister Hartwig Löger (VP) beharrte ursprünglich auf die vereinbarten 100 Mio. Euro, jetzt soll er auf 350 bis 400 Mio. Euro eingeschwenkt sein. Beim Pflegeregress vertritt LH Günther Platter (VP) eine klare Position: „Wer anschafft, zahlt." Die „Vorzeichen für eine Einigung im Sinne der Länder" sowie eines langfristig tragbaren Finanzierungsmodelles nimmt Platter positiv wahr. „Mit der Zusage des Bundes, die durch die Abschaffung des Pflegeregresses entstehenden Kosten auszugleichen, haben wir bereits einen echten Durchbruch erreicht." Deshalb gehe er davon aus, dass der Weg in Richtung Kostenausgleich eingeschlagen wurde.

Neben der Pflege wollen die Landeshauptleute auch die Linien bei der Kompetenzentflechtung zwischen Bund und Ländern sowie bei der Mindestsicherung festlegen. Und die Reform der Krankenkassen war bereits gestern Abend zentrales Thema bei der fraktionellen Vorbesprechung der ÖVP-Landeshauptleute. Die Zusammenlegung der Sozialversicherungen auf fünf Kassen wird unterstützt, Budget- und Vertragshoheit sowie die Selbstverwaltung sollen bleiben. Bei der Beitragseinhebung ist Tirol hingegen gesprächsbereit. Bereits am kommenden Dienstag sollen die Eckpunkte der Reform im Ministerrat beschlossen werden. Ob das ebenfalls auf die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt AUVA zutrifft, ist hingegen unklar.