Innenpolitik

Kostenersatz für Pflege fix, Finanzierung aber offen

Tirols Landeshauptmann Günther Platter und Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner.
© APA/ROLAND SCHLAGER

Landeshauptleute und Bund einigen sich auf 340 Mio. Euro als Kostenersatz für den Entfall des Pflegeregresses. Tirol will davon 30 Mio.

Von Cornelia Ritzer

Wien – Nicht nur die Vorhaben, die sich die neun Landeshauptleute für ihre Konferenz vorgenommen haben, waren ambitioniert – auch der Zeitplan war es. So traten die Wortführer mehr als eine Stunde verspätet vor die Presse. Die Gespräche mit den Ministern – ins Rathaus gekommen waren Justizminister Josef Moser sowie Finanzminister Hartwig Löger (alle ÖVP) – dauerten länger als geplant. Verständlich: Neben dem finanziellen Konflikt zwischen Ländern und Bund über den Einnahmenausfall durch die Abschaffung des Pflegeregresses wurde auch die Forderung nach Abschaffung des Verfassungsartikels 12 – dieser regelt Kompetenzen, bei denen dem Bund die Gesetzgebung und den Ländern die Vollziehung zukommt – besprochen.

Pflegeregress: Rund um den Kostenersatz für den Pflegeregress ließen sowohl Länder als auch Bund im Vorfeld die Muskeln spielen. Finanzminister Löger beharrte auf seiner Zusage von 100 Mio. Euro, die den Ländern als Kostenausgleich zukommen sollten. Ländervertreter sprachen dagegen von 470 bis 500 Mio. Euro, die als Ersatz benötigt werden. Gestern gelang dann eine einheitliche Berechnung – manche Bundesländer sollen nämlich zusätzliche Posten eingerechnet haben, was die unterschiedlichen Zahlen erklärt – und es konnte eine Einigung erzielt werden. Der Ressortchef sagte den Ländern schließlich bis zu 340 Mio. Euro für das heurige Jahre zu. „Damit ist der gesamte Entfall des Pflege­regresses für das Land Tirol abgedeckt“, sagte Landeshauptmann Günther Platter nach der Sitzung. Tirol fordert davon 30 Mio. Euro – die TT berichtete. Am Ende des Jahres sollen die tatsächlich entstandenen Kosten abgerechnet werden, auf dieser Grundlage werden dann die kommenden Jahre budgetiert.

Löger: 340 Mio. Euro „Maximalbetrag“

Für Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) sind die 340 Mio. Eur­o ein „sehr faires Angebot“ seines Parteikollegen und „ein gutes Ergebnis für beide Seiten“. So sieht das auch Löger. Für Komplikationen könnt­e jedoch der Umstand sorgen, dass die 340 Mio. Euro für ihn der „Maximalbetrag“ sind. Sollte mehr Geld nötig sein, werde also wieder verhandelt, meinte Wiens Noch-Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ): „Wenn es mehr ist, müssen wir eben darüber reden.“ Häupl selbst wird bei diesen Verhandlungen nicht mehr dabei sein.

Auch könnte ein Problem werden, dass 240 Mio. Euro der nun zugesagten Summe nicht budgetiert sind. Um das Budgetziel trotzdem zu halten, kündigte Löger nicht näher definierte Einsparungen an. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bestätigte im TT-Interview angesprochen auf Mehrkosten aufgrund des Pflegeregresses: „Wenn es zu Mehrausgaben kommen sollte, gilt es in anderen Bereichen disziplinierter zu sein. Neue Schulden gibt es nicht.“

Bessere Rahmenbedingungen für häusliche Pflege

Das Thema Pflege beschäftigte die Landeschefs aber nicht nur auf der finanziellen Ebene, man hat sich auch vorgenommen, bessere Rahmenbedingungen für die häusliche Pflege zu schaffen. Vorarlbergs Landeschef Wallne­r sieht bei diesem Thema, das auch Sparen helfe, „Gemeinden, Länder und Bund in der Pflicht“. Weitere Reformen mahnten der SPÖ-Pensionistenverband, die Caritas und die Volkshilfe ein. Auch NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker weist auf strukturell­e Probleme in der Pflege hin. Sein Vorschlag: Der Bund solle, mit einem stärkeren Fokus auf Betreuung zu Hause, die Finanzierung aus einer Hand übernehmen.

Außerdem wurden Gespräche über die Abschaffung des Verfassungsartikels 12 geführt, „den eh niemand kennt, außer vielleicht ein paar Spezialisten“ (Häupl). In diesem Punkt kam es zu einer Teileinigung, wie der für die Verwaltungsreform zuständige Minister Moser bestätigte. In einer von Bund und Ländern paritätisch besetzten Achter-Arbeitsgruppe soll bis Jahresende festgelegt werden, wie die Materien Armenwesen mit der Mindestsicherung, der Krankenanstaltenbereich und das Elektrizitätswesen künftig geregelt werden. Fix ist jedenfalls eine deutliche Reduktion der gegenseitigen Zustimmungsrechte.