Den Kunden auf den Mund geschaut
Für Mercedes ist Design ein wichtiges Element im Autobau. Und es wird sich wie so vieles in den nächsten zehn Jahren radikal ändern – nicht zuletzt wegen der zunehmenden Elektrifizierung.
Von Franz Farkas
Sindelfingen –Das Design- und Entwicklungszentrum von Mercedes ist komplett abgeschottet, hier gibt es gefühlsmäßig mehr Werksschutzbeauftragte als regulär Beschäftigte. Kein Wunder, hier wird das ausgetüftelt, was von der Marke mit dem Stern demnächst auf die Straße kommen wird. Gorden Wagener, seines Zeichens Chief Design Officer der Daimler AG, umschreibt dies so: „In den nächsten zehn Jahren wird sich nicht nur das Design, sondern auch die Technik der Autos so dermaßen verändern wie in den hundert Jahren davor nicht. Bei Daimler macht man sich gerade darüber Gedanken, wie sich zum Beispiel das Design verändern könnte.“
Vor allem der Innenraum der Autos als dritter Wohnbereich neben der Privatwohnung und dem Büro soll dabei in den Mittelpunkt rücken. Dabei geht man bei den vier Marken des Konzerns unterschiedliche Wege, die dem Geschmack des zukünftigen Kunden entsprechen sollten. Diese Marken sind AMG, Maybach, Mercedes und EQ, die Marke für alternative Antriebe. Das Ziel ist, ein konsistentes, erkennbares Erscheinungsbild und eine eigenständige Markenwelt zu erschaffen. Bei AMG ist natürlich die Verwandtschaft der Firma zum Rennsport zu betonen, die mit einer S-Klasse, der roten Sau, die in ihrer Klasse in Le Mans gewann, begonnen hatte. So sollen die senkrechten Kühlersprossen etwas an Aggressivität vermitteln, die Linie des neuen viertürigen Coupés erinnert entfernt an den Porsche Panamera. Im Innenraum dominieren etwa gelbe Gurte und schwarze Ledersitze mit gelben Nähten, ein Detail, das auch an den Lederkombis der Motorradrennfahrer auf der Isle of Man zu finden war. Die Mittelkonsole soll an die kraftvollen V8-Motoren erinnern, die die AMG-Fahrzeuge antreiben.
Einen gänzlich anderen Ansatz verfolgt man bei Maybach. Das in Peking vorgestellte Showcar zeigt, wohin die Reise geht – Luxus über alles. Große 20-Zoll-Räder, ein großzügiger Innenraum und Luxus, wohin das Auge reicht. Kein Wunder: Hier hat man vor allem den asiatischen Markt im Visier, alleine in China gibt es 300 neue frischgebackene Dollar-Millionäre pro Tag. So dominiert außen viel Chrom, innen ist es hell und zudem wirken etwa Metall-Applikationen an den Sitzen wirklich edel.
Dass es für die Fondpassagiere eine Tee-Bar gibt, zeigt, wohin man will. Bei Mercedes selbst gibt man sich in Sachen Design etwas zurückhaltender. Hier will man auch in Zukunft zeitlos sein, die Autos sollen auch noch nach Jahren modern wirken – eine Sache, die auch bis jetzt ganz gut gelungen ist. Dafür hat man an der Vernetzung und vor allem an der Bedienung gearbeitet. In der neuen A-Klasse wurde ein freischwebendes Widescreen-Display verbaut, das vielerlei Möglichkeiten zur Individualisierung birgt. Außen bleibt man beim typischen Grill mit horizontalen Streben und einer eleganten, unaufgeregten Linienführung, genauso wie es dem Wunsch der meisten Kunden entspricht.
Komplett neu ist die Marke EQ, die sich vor allem mit der elektrischen Fortbewegung beschäftigt. Hier wird ein eher revolutionäres Design verfolgt, das vermutlich noch nicht endgültig ist. Fakt ist: Hier verfolgt man neue Wege, sowohl beim Design als auch bei der Technik. Hier dominiert ein blauer, beleuchteter Grill, der Innenraum könnte kein Lenkrad mehr haben, da autonom gefahren wird. Die Technik dreht sich vor allem um Reichweite. Es wird auf alle Fälle im wahrsten Sinne des Wortes spannend, wir werden sehen, was die Zukunft bringt.