Auch im Sommer reizvoll
Durch das Mittertal über Mittertaler Scharte und Wörgetal retour: Diese Tour im Kühtai ist lang und erfordert Trittsicherheit, dafür bietet sie Einsamkeit und Naturerlebnisse.
Von Irene Rapp
Kühtai –Stellen wir einmal eine kühne Behauptung auf, und zwar, dass hier im Winter mehr Menschen unterwegs sind als im Sommer: Die Rede ist vom Mittertal bzw. Wörgetal im Kühtai und in der kalten Jahreszeit locken hier jede Menge Skitouren.
Am vergangenen Samstag waren wir hier aber so gut wie alleine unterwegs und genossen die Bilderbuch-Landschaft mit vielen Seen, dem nördlichsten Dreitausender Europas und einer Gipfelbesteigung, nämlich dem Wetterkreuz. Die zu bewältigenden Höhenmeter sind mit rund 800 überschaubar, allerdings muss ordentlich Weglänge zurückgelegt werden (13 Kilometer). Trittsicherheit sowie Schwindelfreiheit sind auch erforderlich: Kurz unterhalb der Mittertaler Scharte bewegt man sich im seilversicherten Gelände, auch danach ist man bis zum Wetterkreuz auf Wegen unterwegs, die keinen Fehler erlauben.
So kommt man hin: Im Kühtai beim Stausee Längental (1900 m) das Fahrzeug abstellen. Zunächst wandert man auf der Staumauer Richtung Wald, an deren Ende gilt es einen Elektrozaun zu passieren, gleich danach geht es links hinauf auf einen kleinen Steig. Dieser führt zunächst durch reizenden Zirbenwald, dann erreicht man das Mittertal und bewegt sich dort oberhalb der linken Bachseite taleinwärts. Wir jedoch sind zunächst auf dem nach dem Elektrozaun rechts abzweigenden Forstweg bis zu einem Kraftwerk, dort über eine Brücke und bei einem Wegweiser links in Richtung Mittertal abgebogen. Dieser Weg ist insofern reizvoller, als dass er meist direkt rechts am Gewässer taleinwärts führt, der Pfad ist zwar manchmal nur zu erahnen, aber immer wieder schwach markiert und mündet schließlich in den anderen Aufstiegsweg ein.
Langsam lässt man die hohe Vegetation hinter sich, dafür blühen die Almrosen, dass es eine Freude ist. Der Bach ist mitunter so laut, dass man sich kaum unterhalten kann und vor einem erhebt sich eine felsige Zacke neben der anderen. So wandert man über mehrere Stufen stetig bergauf, es wird nie richtig steil und im Almgelände ist das Gehen auch einmal abseits des Weges kein Problem.
Langsam entfernt man sich vom Bach und wenn man dann quasi nach Westen ums Eck biegt, kann man unter sich schon die ersten kleinen Seen erkennen. Bis zur Mittertaler Scharte kommt noch der eine oder andere dazu, das Gelände wird felsiger und vor einem erheben sich pyramidenförmig der Maningkogel (2892 m) sowie Acherkogel (3007 m) beeindruckend in die Höhe. Bei Letzterem handelt es sich um den nördlichsten Dreitausender, die Kletterei vom Maningkogel auf den Acherkogel ist reizvoll, aber wegen der Steinschlaggefahr nicht zu unterschätzen.
Langsam windet sich der Weg auf der rechten Seite hinauf Richtung Talschluss, zweimal gilt es kleine, erosionsbedingte Gräben zu überwinden (gute Steigspuren vorhanden). Unvermittelt wird es felsiger, zum Glück hat man bombenharten Fels unter sich, nichts bröckelt und zudem geben seilversicherte Stellen und Stahltritte Sicherheit bis zur Mittertaler Scharte. Von hier aus sieht man wunderbar auf Oetz und den Piburger See hinab sowie bis Imst hinaus.
Richtung Ötztal geht es nun weiter, zunächst hinab bis zu einem Wegweiser (seilversichert), dann auf einem Steig in nordwestlicher Richtung. Schon von Weitem kann man den Gipfel eines beliebten Skitourenberges sehen, das Wetterkreuz (2591 m). Hier trifft man auf mehr Bergsteiger, die meisten erreichen mit dem Lift von Oetz aus den Gipfel. Rundherum tummelten sich am Wochenende zahlreiche Schafe unterschiedlichster Rassen, weiter unten befanden sich Kühe – mit Hunden also aufpassen.
Vom Gipfel des Wetterkreuzes aus geht es dann auf gutem Steig und der Schwarzen Wand vorbei talwärts: Seen gibt es wie im Mittertal einige zu sehen und auch die beliebten Winterziele Hintere sowie Vordere Karlesspitze (2641 m bzw. 2569 m). Kleine Wasserfälle rauschen herab, die Schwarze Wand ist ein beliebtes Fotomotiv. Dass man sich auch auf geschichtsträchtigem Boden bewegt, kann man hier noch nicht erkennen: „Bereits vor Jahrhunderten gab es hier Bergbau, die Stollen am Ende des Wörgetales sind allerdings nicht zugänglich“, informiert Martin Dablander von der Gemeinde Silz. Schon von Weitem kann man dann das nächste Highlight sehen – und zwar den Puchersee. Dieses idyllische Gewässer auf 2002 Metern ist unverkennbar, weil sich zahlreiches grünliches Blockwerk um ihn herum auftürmt. Ein wenig oberhalb des Sees erinnert ein Knappenhaus an die Geschichte des Tales, die gewonnenen Erze Kupferkies, Pyrit und Bleiglanz wurden für die Silberherstellung in Schwaz benötigt. In das Knappenhaus mit Museum kommt man allerdings nur, wenn man beim TVB Oetz eine Tour gebucht hat.
Weiter geht es kurz talwärts, auf einer Lichtung mit Infotafeln samt Wegweiser zweigt man Richtung Kühtai, also rechts, ab. Der Weg zurück führt durch einen märchenhaften Wald, allerdings darf er nicht unterschätzt werden– einerseits weder von der Länge her, zudem sind auch einige Höhenmeter bergauf zu überwinden. Vorbei geht es an einer privaten Hütte und dann kommt man schließlich wieder bei jenem Wegweiser an, bei dem man Stunden zuvor ins Mittertal abgebogen ist.
Nun auf dem bekannten Weg retour. Fazit: Die Runde ist lang, aber wunderschön. Dafür gibt es zahlreiche Plätze, wo man Pausen einlegen kann.