Ein Beschluss, der auch in Wien Nachhall finden soll
Für die Anhebung der Wohnkostenhöchstsätze in der Mindestsicherung erhält Schwarz-Grün Applaus. Bundesreform bleibt „Damoklesschwert“.
Von Manfred Mitterwachauer
Innsbruck –Die Landesregierung konnte und wollte nicht länger warten. Die Evaluierung und Anhebung der Wohnkostenverordnung in der Mindestsicherung war zentraler Bestandteil des Koalitionspaktes zwischen ÖVP und Grünen. Die dort bezirksweise festgesetzten Höchstsätze waren großteils zu niedrig angelegt. Die Sozialvereine gingen bereits mit Inkrafttreten des Mindestsicherungsgesetzes im letzten Jahr dagegen auf die Barrikaden. Auch dem Land dämmerte recht bald, dass eine Nachschärfung notwendig werde. Gestützt auch durch die Erkenntnisse einer eingerichteten Härtefallkommission. Diese hatte seit November 2017 über 3200 Fälle zu behandeln. Allein die Anzahl sprach für eine Reform der Wohnkostenverordnung.
In der gestrigen Sitzung gab die Landesregierung die überarbeiteten Wohnkostensätze frei. Mit Kundmachung treten sie in Kraft. Für 2018, danach werde wieder evaluiert. Erhöht wurden nahezu alle Sätze und in allen Bezirken. Besonders aber bei den Einpersonenhaushalten (siehe Grafik). Mit der Anzahl der Personen pro Haushalt flacht die Kurve ab. „Wir haben uns im Regierungsprogramm gemeinsam dafür ausgesprochen, dass wir niemanden zurücklassen, und daran arbeiten wir“, meint Soziallandesrätin Gabriele Fischer (Grüne).
Mit am Verhandlungstisch saßen auch Gemeindeverband und das „Bündnis gegen Armut“, ein Zusammenschluss von rund 300 Einrichtungen. Bündnissprecherin Maria Peterson findet für die neue Wohnkostenverordnung lobende Worte: „Wir sind froh, dass die Regierung diesen wichtigen Schritt gemacht hat.“ Verbesserungsbedarf bestünde aber weiterhin – wie bei den Mehrpersonenhaushalten, insbesondere den Familien: „Die dringend notwendige Entlastung ist hier noch nicht erreicht“, sagt Peterson. Dem stimmt Michael Hennermann vom Sozialpolitischen Arbeitskreis Tirol (SPAK) zu. Insgesamt sieht aber auch er ein positives Signal Richtung Wien.
Von dort soll in Bälde der Entwurf für das einheitliche Bundes-Mindestsicherungsgesetz kommen – ein so genanntes Grundsatzgesetz. Mit all seinen kritisierten Verschärfungen. Dieses sei „überfällig“, wie auch VP-Klubobmann Jakob Wolf sagt. Ob das Tiroler Modell mit dem Bundesmodell kompatibel sein wird? Das müsse man sich dann erst anschauen, sagt Wolf. Für Peterson ist das immer noch ein „Damoklesschwert“. Fischer fordert weiterhin vom Bund, den Ländern den notwendigen Spielraum bei den Wohn- und Lebenskosten zu ermöglichen. Tirol zeige es vor – hier funktioniere die Mindestsicherung, sagt Fischer. Der Härtefallkommission dankt die Landesrätin für deren Arbeit. Für Einzelfälle werde diese weiter zuständig bleiben.