Hitzige Debatte am Berg: Ladeverbote für E-Bikes
Kein Strom gibt es für E-Biker auf Hütten der Alpenvereinssektion München. Der Österreichische Alpenverein will den E-Bike-Verkehr über die Ladestationen steuern.
Von Philipp Schwartze
Innsbruck – Es ist ein deutliches Zeichen, dass die Sektion München des Deutschen Alpenvereins (DAV) setzt: keine E-Bike-Ladestationen auf den eigenen Hütten. „Wir stehen dafür, dass man es aus eigener Körperkraft auf den Berg schafft“, erklärt Joachim Burghardt den jüngsten Beschluss der Mitgliederversammlung gegenüber der TT.
Mit dem E-Bike darf man künftig dennoch hinauffahren. „Es ist in Ordnung, wenn man mit einer Akkuladung auf den Berg hoch- und wieder runterkommt“, sagt Burghardt. Betroffen vom Ladeverbot sind viele Hütten in Bayern sowie das Taschachhaus im Tiroler St. Leonhard im Pitztal.
Anstieg von Ladestationen in Tirol
Damit reagieren die Münchner als Erste auf den Boom um Elektro-Mountainbikes, der auch in Tirol festzustellen ist und für Konflikte sorgt. Das weiß auch Peter Kapelari vom Österreichischen Alpenverein (ÖAV). Er hält aber nichts von radikalen Verboten. „Grundsätzlich sehen wir die E-Mobilität positiv. Es ist gut, wenn die Leute draußen sind und Freude haben“, sagt er. Die Kehrseite der Medaille seien E-Biker, die im hintersten Winkel und hoch am Berg landen und von dort nicht mehr gut hinunterkommen, etwa weil das schwere Rad bergab ungewohnt ist.
„Wir wollen für die E-Biker keine Wege extra ausbauen, damit sie wie auf einer Autobahn auf den Berg radeln. Wir wollen auch keine Verbrennungsmotoren an den Hütten laufen lassen, damit dort jemand seinen Akku aufladen kann“, betont Kapelari. Wo die Stromkapazität ausreicht – etwa durch Wasserkraft –, sei aber nichts gegen Ladestationen einzuwenden.
Deren Verteilung hat laut ÖAV einen großen Einfluss darauf, wohin die E-Biker aufbrechen. „Jeder, der nicht routiniert ist, hat im Hinterkopf die Sorge, dass der Akku nicht reicht. Deshalb fahren deutlich mehr dorthin, wo man aufladen kann“, beobachtet Kapelari. Er sieht es als Möglichkeit, um den Strom an E-Bikern zu lenken.
Wie viele Ladestationen es in Tirol insgesamt gibt, kann weder der ÖAV noch die Tirol-Werbung sagen – aktuelle Erhebungen gibt es nicht. Dass es aber mehr geworden sind, darüber sind sich alle einig.
E-Biken als neues Geschäftsfeld
Kurt Tropper vom Tourismusverband Kitzbühler Alpen freut sich über diese Entwicklung, sieht den E-Biker als „Gast der Zukunft“. Bereits früh hat man mit der „E-Bike-Welt“ auf die neue Klientel gesetzt, ein Netzwerk aus E-Bike-Routen, Hütten mit Aufladestationen und Radverleih in Hotels aufgebaut. „Viele E-Biker waren früher Wanderer, jetzt kommen sie leichter auf den Berg. Es werden immer weniger Wanderer und mehr E-Biker“, sagt Tropper. Nicht alle – wie etwa die Landwirte – haben damit ihre Freude.
Zahlen & Fakten
67.000 E-Mountainbikes wurden in Österreich 2017 verkauft.
53.500
E-Citybikes gingen in Österreich im Jahr 2017 über die Ladentheke.
29,1 Prozent
des Fahrradmarktes betrug 2017 der Anteil der Elektroräder.
108.000
herkömmliche Mountainbikes wurden in Österreich 2017 verkauft.
26 Prozent
betrug 2017 der Anteil herkömmlicher Mountainbikes.
Doch Tropper will von Verboten nichts wissen. „E-Biken zu verbieten, wäre, als hätte man vor 100 Jahren gesagt, Skifahren ist verboten.“ Die Hütten in der „E-Bike-Welt“ Kitzbüheler Alpen besitzen Aufladestationen für die Leihräder eines Herstellers – andere Akku-Systeme passen dort nicht. „Die Wirte stellen keine Ladestationen für alle auf. Aber wer ein entsprechendes Ladekabel dabeihat, kann dort aufladen“, sagt Tropper. Er will auf das größere Aufkommen an Radfahrern reagieren, zusätzliche Routen öffnen. „E-Biken hat nur Vorteile für den Tourismus, es ist ein neues Geschäftsfeld.“ Auch der ÖAV rechnet mit einem Anstieg. „An manchen Mountainbike-Hütten sind heute schon die Hälfte E-Bikes“, sagt Kapelari.
Auch die DAV-Sektion München verfolgt die Entwicklung weiter. „Es ist ein laufender Prozess. E-Mountainbiken ist noch relativ neu“, sagt Burghardt. Man will im Gespräch bleiben, über das richtige Verhalten aufklären, „sanfte Lösungen“ suchen – sich aber bei Bedarf auch noch härter gegen E-Bikes positionieren.
Kapelari sieht das anders. „Diese Diskussionen hören sicher auf. Viele schimpfen auf E-Biker, bis sie das erste Mal selbst eins ausprobiert haben und sehen, dass es ein sportlicher Ausflug bleibt. Die Meinungsänderung geht unheimlich schnell.“ Die aufgeladene Diskussion um das E-Biken könnte aber anhalten.