WM 2018

Eine Katze ist kein Löwe: Schweiz nach WM-Aus am Boden

Ricardo Rodriguez tröstete seinen Teamkollegen Manuel Akanji, der beim entscheidenden Treffer von Emil Forsberg den Ball unglücklich und unhaltbar abfälschte.
© Reuters

„Ich habe das Gefühl, dass wir nicht bereit für die wirklich wichtigen Spiele sind, oder nicht gut genug“, gestand Mittelfeldspieler Valon Behrami.

St. Petersburg – Es war die große Chance für eine außergewöhnliche Generation. Doch die Schweiz bleibt bei Großereignissen in K.o.-Spielen sieglos. Auch bei der WM in Russland schied die „Nati“ mit einem 0:1 gegen Schweden im Achtelfinale aus. Einmal bei Europameisterschaften und nun fünfmal bei Weltmeisterschaften kam seit 1954 das Aus beim ersten Entscheidungsspiel.

„Wir bleiben der ewige Achtelfinalist“, stellte das Boulevardblatt „Blick“ resignierend fest. Für Enttäuschung in der Schweiz sorgte nicht nur das Ergebnis, sondern auch die Art und Weise, wie es zustande kam. Ohne großes Aufbäumen fügten sich die Schweizer einer Niederlage als besseres Team. Mehr Torschüsse, mehr Eckbälle, mehr Ballbesitz, mehr Pässe - die einzige Ausbeute nach der schwedischen Führung waren aber zwei Kopfbälle, von denen auch nur einer wirklich gefährlich war.

Petkovic vermisste die Emotionen

Die Ernüchterung war deshalb so groß, weil manch einer vom großen Coup geträumt hatte. Die Schweiz war als Weltranglisten-Sechster nach Russland gereist, sie hatte seit der EM 2016 nur eines von 21 Spielen verloren. Und der Weg durchs Turnier schien nach dem Scheitern von Teams wie Deutschland, Spanien oder Argentinien machbar.

Teamchef Vladimir Petkovic vermisste bei seinem Team Emotionen. „Warum die Emotionen fehlten, ist im ersten Moment nicht einfach zu erklären. Natürlich hängt das auch mit dem Gegner zusammen. Vielleicht hatten wir Angst (vor der Niederlage), die letzte Überzeugung fehlte. Das Spiel war irgendwie nicht flüssig, sondern wie verklebt. Uns fehlte die Leichtigkeit, die Lockerheit“, erklärte Petkovic.

Mittelfeldspieler Valon Behrami, der auch mit 33 Jahren im Nationalteam weitermachen will, wurde grundsätzlicher. „Vielleicht haben wir unser Limit erreicht. Ich habe das Gefühl, dass wir nicht bereit für die wirklich wichtigen Spiele sind, oder nicht gut genug.“ Auch Granit Xhaka war frustriert. „Ich habe das nun bei drei Turnieren hintereinander erlebt“, sagte der 25-Jährige über den inzwischen veritablen Achtelfinal-Fluch, denn auch im insgesamt vierten Anlauf gelang den Schweizern in dieser Runde nicht einmal ein Tor. „Das kann einmal passieren, vielleicht auch zweimal“, sagte Xhaka: „Aber dreimal? Das ist sehr enttäuschend.“

Presse spart nicht mit Kritik

Die „Neue Zürcher Zeitung“ hatte für die Vermutung, dass die Schweizer Nationalmannschaft eben doch noch ein Stück von der Weltklasse entfernt und nicht besser als am Dienstag gezeigt ist, einen Vergleich aus der Tierwelt parat: „Am Ende ist es vermutlich ähnlich, wie wenn man einer Katze ständig erzählt, sie sei ein Löwe. Selbst wenn die Katze dies tatsächlich glaubt, bleibt sie, was sie ist. Eine Katze eben.“

Der „Blick“ schlug ohne Anleihe aus dem Tierreich in dieselbe Kerbe: „Die Schweiz ist an ihre Limiten gestoßen. Versagt haben vor allem die, die enormes Selbstvertrauen besitzen und für sich in Anspruch nehmen, Weltklassefußballer zu sein.“ Ob Trainer Vladimir Petkovic weitermachen darf, ist trotz Vertrages bis 2020 zumindest offen. (APA)

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