Trittsichere Tiere fürs Gebirge
Der länderübergreifenden Gruppe Patrimont geht es um die Erhaltung von gebirgstauglichen Rassen. Heuer findet das Jahrestreffen im Ötztal statt.
Von Sabine Strobl
Innsbruck — Über Vielfalt in der Pflanzen- und Tierwelt wird viel geredet. Über Kulturgut auch. Nur die Zeit zum Handeln wird oft knapp. Einige Erfolge verbucht mittlerweile die über den Alpenbogen hinausreichende Interessengemeinschaft Patrimont. Pro Patrimonio Montano versteht sich als Netzwerk zum Erhalt der genetischen Vielfalt der Bergwelt. „Die Rasse stirbt, bevor die letzten Tiere tot sind", weiß Vorstand Hape Grünenfelder, den die TT nach einer seiner langen Fahrten zu Züchtern in St. Gallen erreicht.
Beim Bergschwein war es eine Rettung in letzter Sekunde. Die autochthonen Schweine sind bereits ausgestorben. Einige Reliktexemplare des schwarzen Veltliner Schweins wurden 2013 von der Veterinäruniversität Parma entdeckt. Mit viel Detektivarbeit wurden Vertreter des Samolaco-Schweins und Südtiroler Schecken-Schweins ausfindig gemacht. Keine der Reliktgruppen wäre für sich überlebensfähig gewesen. Engagierte Züchter erstellten einen Genpool. „Wir haben nicht erwartet, dass wir so viel Erfolg haben", freut sich Grünenfelder. Heute gibt es 45 Zuchtgruppen mit rund 160 Tieren. Bergschweine sind Weideschweine, haben einen kurzen Körper, längere Beine, sie bewegen sich und sind nicht so sonnenempfindlich wie das schwere rosa Schwein. Teuer, so Grünenfelder, sei nicht das Futter, sondern die extensive Haltung. Die langsame Aufzucht (18 Monate) und die Bewegung der Tiere äußert sich in einer Fleischqualität, auf die nicht nur die gehobene Gastronomie setzt. Trotz seiner Besonderheit will Patrimont für Züchter und Kunden faire Preise. Soeben erhielt man für das schwarze Alpenschwein ein EU-Schutzlabel. 10.000 Euro wurden für das Zertifikat ausgegeben. Mittlerweile zählt Patrimont über 200 Züchter, vor allem in der Schweiz zahlreiche Gönner und knapp 400 Abonnenten des Infodienstes. Wie Grünenfelder betont, geht es nicht darum, „alte Rassen zu bewahren, weil sie alt sind, sondern um die Erhaltung von Ökotypen". Also von Tieren, die sich für die manchmal raue Bergwelt eignen.
Zu tun gibt es genug. Etabliert ist das Zuchtprogramm Tiroler- huhn, ein Spitzhaubenhuhn, das vor hundert Jahren ausgestorben ist. Im Grunde handelt es sich um eine Rückzüchtung. Dabei wurden Appenzeller Spitzhauben mit den heute seltenen Polverara-Hühnern verpaart, die südlich des Brenners verbreitet und vermutlich mit dem Tirolerhuhn verwandt waren.
Derzeit wird auch ein Netzwerk zum Erhalt der voralpinen Landgans, Fleischlieferant und einstiger Hofwächter, aufgebaut. Hier ist nicht von einer Rasse, sondern wiederum von einem Ökotyp die Rede. Ein Anliegen ist Grünenfelder ferner das Buischele-Kleinrind (Mucca Bisa im Italienischen). Gerade im Alpenraum sind Leistungsrassen mit Zufütterungsbedarf nicht immer ideal. Der Grauvieh-Schlag passt aber in alpine Gegenden. Dieses Rind ist klein, leicht, genügsam und berggängig. „Auch ihre Kälber stürzen in steilen Weiden nicht ab."
Ja und der Tiroler Bergspitz, ein Arbeitshund, wäre auch so ein Projekt. Vorerst findet im September die Jahreshauptversammlung in Obergurgl statt. www.patrimont.org