Frankreichs Elan trifft auf Uruguays Beton
Mbappe, Griezmann und Co. wollen die Abwehrmauer der Südamerikaner einreißen. Uruguays Starstürmer Cavani wird wohl nicht rechtzeitig fit.
Nischni Nowgorod – 20 Jahre nach dem umjubelten Titel bei der Heim-WM plant Frankreichs Fußball-Nationalmannschaft wieder Großes. Uruguay wurde vor dem ersten Viertelfinal-Duell des Turniers in Russland zwar als harter Gegner eingeordnet, die Abwehrstärke der Südamerikaner soll am Freitag (16 Uhr/TT.com-Live-Ticker) in Nischni Nowgorod aber mit Tempofußball überwunden werden.
Kylian Mbappe soll aufseiten der „Equipe tricolore“ wieder zum Matchwinner avancieren. Der Jungstar erledigte die Aufgabe Argentinien im Achtelfinale fast im Alleingang. Aufseiten der Uruguayer wird ein Clubkollege von Mbappe bei Paris Saint-Germain indes aller Voraussicht nach auf der Bank Platz nehmen. Torjäger Edinson Cavani droht aufgrund einer Wadenblessur nicht rechtzeitig fit zu werden und ist wohl erst im Halbfinale gegen Brasilien oder Belgien wieder verfügbar.
„Uruguay ohne Cavani nicht dasselbe“
Luis Suarez wird im gefürchteten Angriff des zweifachen Weltmeisters aus der 3,5 Millionen Einwohner zählenden Nation am Rio de la Plata auf seinen kongenialen Partner verzichten müssen. Cavani könnte vielleicht als Joker zum Einsatz kommen, mutmaßten Medien. Im französischen Lager wusste man, dass der Ausfall des PSG-Stars kein Nachteil wäre. „Uruguay ist ohne Cavani nicht dasselbe. Man kann einen der besten Angreifer der Welt nicht einfach ersetzen“, sagte Mittelfeldmann Blaise Matuidi. Der Juventus-Profi fehlt am Freitag gesperrt.
Gehofft wurde bei Uruguay jedenfalls bis zuletzt. Suarez, der wohl mit Cristian Stuani vom spanischen Erstligisten Girona stürmen wird, stellte sich schon auf die Herausforderung ein. „Wir hängen nicht von einem Spieler ab, sondern von der kollektiven Arbeit auf dem Platz“, sagte der zweifache Turniertorschütze. Suarez hält derzeit in Summe bei sieben WM-Toren. Damit fehlt dem Barcelona-Stürmer nur noch eines, um mit Uruguays Legende Oscar Miguez gleichzuziehen, der 1950 mit der „Celeste“ den WM-Pokal gewann.
Dirigiert von Diego Godin hat Uruguays Abwehr in Russland bisher nur ein Gegentor kassiert. Beim 2:1 im Achtelfinale gegen Portugal traf Pepe aus einer Standardsituation. Aus dem Spiel heraus hat es noch keine Mannschaft geschafft, Fernando Muslera im Tor zu bezwingen. Frankreich sieht sich für diese Herausforderung bereit. Der beim unterhaltsamen 4:3 gegen Argentinien doppelt erfolgreiche Mbappe soll erneut Tempo einbringen, Antoine Griezmann im Spiel gegen seine Atletico-Madrid-Clubkollegen Godin und Jose Gimenez keine Gnade zeigen.
„Werden Griezmann kontrollieren“
Geht es nach Suarez, wird sich Griezmann jedoch die Zähne ausbeißen. „Jeder weiß, dass er ein guter Spieler ist. Aber wir haben eine gute Abwehr, die ihn kontrollieren wird. Nicht nur ihn, sondern die gesamte französische Mannschaft“, kündigte er vollmundig an. Es deutet viel auf ein taktisch geprägtes Spiel hin. Viele Tore gab es bei Aufeinandertreffen der beiden Ex-Weltmeister zuletzt ohnehin nicht. In den vergangenen fünf Begegnungen fiel gerade einmal ein Tor.
Drehte sich bei Uruguay fast alles um den Einsatz von Cavani, war bei Frankreich die Personallage entspannter. Lediglich durch die Sperre von Matuidi herrschte Rätselraten, wen Teamchef Didier Deschamps an dessen Stelle aufbieten wird. Corentin Tolisso, Thomas Lemar oder Nabil Fekir stehen zur Verfügung. Deschamps könnte sein 4-2-3-1-System umstellen und mit Mbappe, Griezmann und Olivier Giroud einen Dreier-Sturm aufbieten.
Duell zweier Trainer-Generationen
Für den 49-Jährigen geht es darum, mit „Les Bleus“ erstmals seit der Final-Niederlage 2006 gegen Italien wieder ins Halbfinale einer WM vorzustoßen. Vor vier Jahren in Brasilien kam das Aus im Viertelfinale gegen den späteren Champion Deutschland. Es war die bisher einzige Niederlage, die Deschamps in 15 Einsätzen als Spieler oder Trainer im Rahmen von Weltmeisterschaften kassiert hat.
Sein 71-jähriges Gegenüber Oscar Tabarez war drei Jahre alt, als Uruguay im Maracana-Stadion von Rio den zweiten WM-Titel seiner Verbandsgeschichte einfuhr. Die Himmelblauen sehen sich nun erfahren genug, dieses Ziel wieder in Angriff zu nehmen. Suarez, Cavani, Godin, Muslera, Martin Caceres und Maxi Pereira waren schon vor acht Jahren dabei, als es die Mannschaft bis ins Halbfinale schaffte. Der seit 2006 als Nationalcoach arbeitende Tabarez hat Uruguay wieder zu einer fixen Größe im Weltfußball geformt. (APA/dpa/AFP)