Angst vor Chaostagen: Innsbruck rüstet sich für EU-Gipfel
Das EU-Ministertreffen nächste Woche in Innsbruck wirft seine Schatten voraus. Die Polizei ist mit über Tausend Mann im Einsatz.
Innsbruck – Das Treffen der EU Innen- und Justizminister kommende Woche in Innsbruck verwandelt Tirols Landeshauptstadt in Bereichen der Innenstadt und beim Flughafen zur Hochsicherheitszone: Über Tausend Beamte der Exekutive werden an den drei Tagen vom 11. bis zum 13. Juli die Veranstaltung sichern. Zudem wurden zahlreiche Straßen- und Platzsperren rund um das Kongresshaus, den Adolf-Pichler-Platz und den Flughafen verordnet. Die Bevölkerung muss sich also auf Behinderungen im Stadtverkehr einstellen.
Bis dato wurde eine Gegendemonstration offiziell angemeldet, die Polizei ist aber gewarnt: Immerhin kursieren in diversen Internetforen und in den sozialen Netzwerken Gerüchte, wonach der so genannte „Schwarze Block“ in Innsbruck auftauchen könnte. Konkrete Hinweise, dass tatsächlich gewaltbereite Demonstranten den Ablauf des Treffens stören könnten, gibt es laut Angaben der Polizei allerdings noch nicht.
Auf der Agenda des Treffen der EU-Innenminister am Donnerstag ganz oben steht die Asylpolitik und der Schutz der EU-Außengrenzen. Nach dem Theaterdonner und dem folgenden Asylkompromiss in Deutschland geht es nun um entsprechende Abkommen mit Österreich und Italien. Doch sowohl in Wien als auch in Rom zeigte man sich zuletzt skeptisch. Am Donnerstag soll ein Treffen zwischen Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) mit seinem deutschen und italienischen Amtskollegen, Horst Seehofer und Matteo Salvini, eine Annäherung bringen.
Größter Polizeieinsatz des Jahres
Über Tausend Polizisten, davon 600 aus Tirol, Spezialeinheiten aus halb Österreich – neben der Rad-WM im September ist der EU-Ministerrat in der kommenden Woche der größte Polizeieinsatz 2018 in Tirol. „Wir erwarten rund 100 Delegationen“, sagt Innsbrucks Stadtpolizeikommandant Martin Kirchler, der den Großeinsatz leitet. Die Aufgaben für die Exekutive sind vielfältig: Verkehrsmaßnahmen wie Straßensperren sind ebenso dabei wie die Überwachung der Sperrzonen, Personenschutz und „die Vorsorge für alle Szenarien, die denkmöglich sind“, erklärt Kirchler. Denkmöglich ist beispielsweise, dass der berüchtigte „Schwarze Block“, eine internationale Vereinigung besonders gewaltbereiter Demonstranten, in Innsbruck auftaucht. Das implizieren zumindest Plakate, die eine Demo für den 12. Juli in der Maria-Theresien-Straße ankündigen: „Eure Sicherheit tötet“, lautet das Motto, mehr Informationen gibt’s auf der Homepage des „blackblogs“. Die Polizei ist bereits gewarnt: „Die Plakate sind uns bekannt, wir recherchieren, was dahintersteckt“, sagt Kirchler. Allerdings sei derzeit noch unklar, was zu erwarten sei.
Mehrere Bereiche in der Innenstadt werden für die Demonstranten, aber auch für die übrige Bevölkerung am 11., 12. und 13. Juli tabu sein. Dazu zählen die Straßen rund um den Congress, der Rennweg bis zum Emile-Béthouart-Steg, der Adolf-Pichler-Platz (wegen des Hotels, in dem viele Teilnehmer wohnen werden) und bestimmte Bereiche des Flughafens – siehe Grafik oben. In Hall wird zeitweise die Bundesstraße gesperrt sein, mit Einschränkungen ist auch rund um die Saline zu rechnen. „Unser Ziel ist es, eine störungsfreie und sichere Veranstaltung zu gewährleisten und die Einschränkungen für die Bevölkerung so gering wie möglich zu halten“, erklärt der Innsbrucker Polizeichef.
Auch Bundesheer und Rettung im Großeinsatz
Aber nicht nur Polizisten, sondern auch Bundesheersoldaten, Mitarbeiter des Landes Tirol und Blaulichtorganisationen stehen beim Gipfel im Einsatz. Und Richteramtsanwärter, die sich um die Justizminister kümmern sollen. Für die Innenminister sind besonders ausgebildete Polizisten abkommandiert. Für die Tiroler Exekutivbeamten ist die Ferienplanung heuer keine einfache Übung. Während des EU-Gipfels und der Rad-WM wurde eine Urlaubssperre verhängt. Auch für die Unterkunft der auswärtigen Polizeibeamten musste gesorgt werden: Sie sind in Hotels in Innsbruck und Umgebung untergebracht.
Am Innsbrucker Flughafen werden nicht nur Flächen gesperrt, sondern auch weitere Sicherheitsmaßnahmen in Kraft gesetzt. Von kommendem Montag bis einschließlich Freitag werden alle Pässe von ankommenden Passagieren kontrolliert. Ausgenommen davon sind lediglich Reisende, die mit einem Flug aus Wien landen. Von Mittwochfrüh bis Freitagnacht werden zudem verstärkte Zufahrtskontrollen bei allen Fahrzeugen (Passagiere, Besucher, Lieferanten, Taxis, etc.), die zum Flughafen fahren, durchgeführt. Dabei kann es zu Verzögerungen kommen, der Flughafen Innsbruck appelliert in einer Aussendung an die Passagiere, die möglichen Zeitverluste entsprechend bei der Anreise einzuplanen. Im Zuge des EU-Sicherheitsgipfels gibt es auch massive Einschränkungen im privaten Flugsportverkehr. Gleichzeitig müssen laut Flughafen in Ausnahmefällen Verlängerungen der Betriebszeiten genehmigt werden, da dies international so üblich ist.
Die Sorge wegen möglicher Demonstrationen mit gewaltbereiten Teilnehmern beschäftigt inzwischen auch die Innsbrucker Stadtpolitik. FPÖ-Stadtrat Rudi Federspeil verweist in einer Aussendung auf die „Mobilisierung des radikal gewaltbereiten ,schwarzen Blocks’ in Deutschland“ und warnt vor „Chaostagen“. Das Treffen werde außerdem hierzulande von regierungskritischen Strömungen dazu benutzt, um in Innsbruck gegen die türkis-blaue Bundesregierung zu demonstrieren, so Federspiel. Der FPÖ-Stadtrat kritisiert zudem, dass eine Gegendemonstration im Stadtteil St. Nikolaus von einer SPÖ-Gemeinderatskandidatin angemeldet worden sei und fordert eine Distanzierung seitens der SPÖ-Führung.
Johannes Freiseisen von der Tiroler Polizei ist der Einsatzleiter kommende Woche und bestätigt bisher eine angemeldete Versammlung. Derzeit gebe es jedoch keine Hinweise, dass sich tatsächlich der so genannte „Schwarze Block“ nach Innsbruck aufmachen könnte. Man werde aber entsprechende Vorkehrungen treffen und gegebenenfalls mögliche Gewaltbereite bereits an der Grenze abfangen.
Asylpolitik wird zum Hauptthema
Nach dem Sommertheater in Deutschland und der geplanten Verschärfung der Asylpolitik nicht nur in Deutschland, steht das Thema Migration und Schutz der EU-Außengrenzen ganz oben auf der Agenda des informellen Treffens der Innenminister der EU-Mitgliedsstaaten kommenden Donnerstag in Innsbruck.
An der bayerisch-österreichischen Grenze sollen künftig Migranten, die bereits in einem anderen EU-Staat einen Asylantrag gestellt haben, zurückgewiesen werden können. Die dazu nötigen Vereinbarungen mit anderen EU-Staaten müssen aber erst noch ausgehandelt werden, wobei vor allem im Falle Italiens noch vieles in der Schwebe ist. Auch die Regierung in Wien schloss die Rücknahme von Asylbewerbern, für die andere EU-Staaten zuständig sind, kategorisch aus. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) verständigten sich mit Deutschlands Innenminister Horst Seehofer (CSU) in Wien dafür auf Maßnahmen zur Schließung der „Südroute“ alias Mittelmeerroute. Vorerst wurde die Rechnung aber ohne den Hauptbetroffenen – nämlich Italien – gemacht. Das soll kommende Woche in Innsbruck nachgeholt werden.
Italiens neuer Innenminister und starker Mann Matteo Salvini von der rechtspopulistischen Lega bestätigte ein Treffen mit seinem österreichischen und seinem deutschen Amtskollegen, Herbert Kickl und Horst Seehofer, am Rand des EU-Innenministertreffens. Bereits vor dem Dreiertreffen am Donnerstag plant Salvini am Mittwochabend in Innsbruck ein bilaterales Treffen mit Seehofer. Dabei soll es um Migrationsfragen und EU-Außengrenzen gehen, verlautete aus Rom. Es handelt sich um das erste bilaterale Treffen zwischen den beiden Innenministern. Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) hatte am Donnerstag in einem Telefonat mit ihrem italienischen Amtskollegen Enzo Moavero Milanesi die Notwendigkeit einer gemeinsamen „Vorgehensweise bei der Lösung der Migrationsproblematik“ betont. Italien will auch das Thema europäische Unterstützung für Libyen ganz oben auf der Agenda des Treffens stehen haben. Am Donnerstag kommen dann die EU-Justizminister nach Innsbruck. (tom, np, jec, TT)
Platzverbote und Straßensperren
Platzverbot Kongresshaus Innsbruck (blau) von Mittwoch, 11. Juli, 12 Uhr bis Donnerstag, 12. Juli, 5.30 Uhr sowie am Donnerstag, 12. Juli, 18 Uhr bis Freitag, 13. Juli, 5.30 Uhr.
Platzverbot Kongresshaus Umgebung
(rot) von Donnerstag, 12. Juli, 5.30 Uhr bis 18 Uhr sowie am Freitag, 13. Juli, 5.30 Uhr bis 18 Uhr.
Platzverbot Kongresshaus Umgebung 2
(grün) von Donnerstag, 12. Juli, 5.30 Uhr bis 18 Uhr sowie am Freitag, 13. Juli, 5.30 Uhr bis 18 Uhr.
Platzverbot Rennweg
(Congress Umgebung) von Donnerstag, 12. Juli, 8 Uhr bis Freitag, 13. Juli, 20 Uhr.
Platzverbot Adolf-Pichler-Platz
(blau) von Mittwoch, 11. Juli, 8 Uhr bis Freitag, 13. Juli, 20 Uhr.
Platzverbot Flughafen Parkplatz P5
von Mittwoch, 11. Juli, 9 Uhr bis Donnerstag, 12. Juli, 24 Uhr.
Aufgrund der Platzverbote und zur Gewährleistung eines geordneten Ablaufes der Veranstaltung wurden nachstehende Verkehrssperrkreise seitens der Verkehrsbehörde verordnet:
Hotel The Penz
von Mittwoch, 11. Juli, ab 8 Uhr bis Freitag, 13. Juli, 20 Uhr: Stainerstraße und Adolf-Pichler-Platz.
Congress Innsbruck
am Donnerstag, 12. Juli, und Freitag, 13. Juli, von 5 Uhr bis 18 Uhr: Herzog-Otto-Straße, Herrengasse und Rennweg.
Austria Trend Hotel
von Donnerstag, 12. Juli, ab 8 Uhr bis Freitag, 13. Juli, 20.00 Uhr: Rennweg zw. Karl-Schönherr-Str. und Tschurtschenthalerstr.