Träume, Trolle, Trump: Auftakt mit „Peer Gynt“ in Bad Hersfeld

Bad Hersfeld (APA/dpa) - „Peer Gynt“ ist nicht gerade der Inbegriff von leichter Unterhaltung für einen entspannten Sommerabend - doch die P...

Bad Hersfeld (APA/dpa) - „Peer Gynt“ ist nicht gerade der Inbegriff von leichter Unterhaltung für einen entspannten Sommerabend - doch die Premieren-Gäste zur Eröffnung der Bad Hersfelder Festspiele bekamen es am Freitag mit einer unkonventionellen Inszenierung zu tun. Dem Berliner Regisseur Robert Schuster gelang ein modernes, sehenswertes Stück mit adaptiertem Text und lediglich zweieinhalb Stunden Länge.

Die Folgen der Digitalisierung sind eines seiner Themen. Märchenhafte Trolle aus dem Original werden zu zombiehaft wirkenden Trollen aus der Welt des Internets mit einem Stecker im Allerwertesten. Das bunte Treiben ist ganz nach dem Geschmack des neuen Intendanten Joern Hinkel. Sein im Jänner wegen einer Missbrauchsaffäre zurückgetretener Vorgänger Dieter Wedel favorisierte andere Stoffe. Etwa wenn es um Macht, Politik und Wirtschaft geht, sagte Hinkel.

In „Peer Gynt“ geht es um einen der größten Träumer der Weltliteratur. Die Hauptfigur, der junge Bauernsohn, versucht mit Lügengeschichten der Realität zu entfliehen. Aus dem Fantasten, getrieben von der Sehnsucht, „jemand sein zu können“, wird ein selbstsüchtiger Genussmensch und Karrierist, der mit allen Mitteln seinen kindlichen Traum von Reichtum und Macht realisiert.

Christian Nickel spielt die Hauptrolle eindringlich. Der herausragende Akteur zeigt einmal mehr seine Klasse bei den Festspielen. Das Ensemble ist gespickt mit prominenten Schauspielern, etwa Nina Petri und Anouschka Renzi.

Eingearbeitet wird in die Bad Hersfelder Fassung auch viel Gesellschaftskritik: der Selbstoptimierungswahn, der Talkshow-Betrieb und die Egoismen unter US-Präsident Donald Trump („America First“, „Fake News“). Das passt gut zu „Peer Gynt“, der sich auch gern an erster Stelle sieht und mit alternativen Fakten hantiert. Die rund 1.300 Zuschauer spendeten der Inszenierung zum Auftakt der 68. Bad Hersfelder Festspiele viel, aber nicht übermäßigen Applaus - im Vergleich zu den Eröffnungspremieren der Vorjahre.

(S E R V I C E - www.bad-hersfelder-festspiele.de)