Tour de France

Froome und Thomas entspannt: „Jetzige Situation ist ein Traum“

Die Sky-Teamkollegen Chris Froome und Geraint Thomas.
© Reuters

Sechs der letzten sieben Tour-de-France-Erfolge gingen ans Team Sky. So komfortabel wie in diesem Jahr war die Situation aber noch nie.

Carcassonne – Vor dem Showdown in den Pyrenäen haben sich Chris Froome und Geraint Thomas am Montag sichtlich bemüht, jeden Eindruck eines mannschaftsinternen Zwists zu zerstreuen. Spitzenreiter Thomas und Titelverteidiger Froome stellten sich am letzten Ruhetag der Tour de France gemeinsam der Presse, gaben aber wenig Auskunft über die taktischen Überlegenungen ihres Sky-Teams.

Vor dem Team-Hotel in Carcassonne verzichtete Thomas sogar auf sein Gelbes Trikot des Gesamtführenden. „Wir sind gute Kumpels“, sagte der Waliser. Sein langjähriger Teamkollege Froome, aktuell Zweiter des Klassements, lächelte. Nach einer bisher von Sky dominierten Frankreich-Rundfahrt interessiert die Sky-Taktik in der finalen Tour-Woche die Radsport-Welt. „Die werde ich natürlich nicht verraten“, sagte Dave Brailsford vor gut 200 Journalisten und mehr als zwei Dutzend Kamerateams.

Wer ist die Nummer eins im Team?

Der Teamchef ist der Architekt des Sky-Erfolgs seit dem Premierensieg 2012 von Bradley Wiggins bei der Tour. In einer solchen - vermeintlich komfortablen - Situation aber war er noch nicht. Wer ist die Nummer eins im Team? Dürfte Froome überhaupt seinen Kameraden Thomas angreifen, wenn er sich auf den drei Pyrenäen-Etappen besser fühlt? „Darum geht es nicht“, sagte Froome entspannt. „Unsere jetzige Situation ist ein Traum. Wir müssen nicht attackieren, die anderen schon.“ Die anderen, das sind vor allem Tom Dumoulin aus den Niederlanden (Team Sunweb) auf Rang drei und der viertplatzierte Slowene Primoz Roglic (Lotto NL).

Brailsford hat mehrere Optionen, Sky zum sechsten Tour-Triumph in sieben Jahren zu orchestrieren, aber auch ein Worst Case ist denkbar. „Wenn Dumoulin in Paris vorne wäre, würde das bescheuert aussehen“, hatte Thomas am Wochenende gesagt. In der entscheidenden Phase der 105. Tour de France spielt Teamwork womöglich eine zentrale Rolle. Dabei wird Sky der am Sonntagabend wegen einer Tätlichkeit gegen einen gegnerischen Fahrer von der Tour ausgeschlossene Italiener Gianni Moscon fehlen.

Froome, der schon 2012 dem Kapitän Wiggins zum Coup verholfen hatte, obwohl er selbst stärker wirkte, ließ zumindest verbal keinen Zweifel an seiner Team-Loyalität. „Solange einer von uns in Paris ganz oben steht, bin ich happy“, sagte der 33-Jährige und wurde auf Nachfragen noch deutlicher. Ist Thomas jetzt sein größter Gegner? „Nein“, sagte Froome. Ist er bereit, seinen fünften Tour-Erfolg für Thomas zu opfern? „Ja“, antwortete der Serienchampion und lächelte.

Erinnerungen an 2012

Ähnliche Duelle innerhalb einer Mannschaft gab es immer wieder in der Tour-Historie, mit einmal mehr und einmal weniger loyalen Fahrern. Bernard Hinault attackierte 1986 entgegen vorheriger Beteuerungen seinen Teamkollegen Greg LeMond, wenn auch vergeblich. Jan Ullrich verhalf seinem Kapitän Bjarne Riis 1996 zum Gesamtsieg, den er selbst vielleicht hätte holen können. Ein Jahr danach revanchierte sich der Däne.

Froome selbst griff Gelb-Träger Wiggins 2012 an einem der letzten Tage in den Pyrenäen an, bremste aber kurz darauf wieder und forderte seinen sichtlich erschöpften Kapitän mit einer provozierenden Handbewegung auf, ihm zu folgen. Froome wurde dann Zweiter in Paris. Ein Jahr später begann sein Triumphzug, der heuer von Thomas beendet werden könnte. (APA)