Benalla-Affäre: Frankreichs Innenminister weist Verantwortung zurück

Paris (APA/AFP/dpa) - In der Affäre um den prügelnden ehemaligen Sicherheitsmitarbeiter des französischen Präsidenten Emmanuel Macron hat In...

Paris (APA/AFP/dpa) - In der Affäre um den prügelnden ehemaligen Sicherheitsmitarbeiter des französischen Präsidenten Emmanuel Macron hat Innenminister Gerard Collomb jegliche Schuld von sich gewiesen. Bei einer Anhörung in der Nationalversammlung in Paris sagte er am Montag, die Verantwortung für den Fall liege beim Präsidialamt und bei der Polizeiführung. Der Pariser Polizeichef Michel Delpuech, sagte seinerseits, zuständig sei der Elysee-Palast.

Collomb sagte zu der Prügelattacke des Macron-Mitarbeiters Alexandre Benalla während der 1.-Mai-Demonstration in Paris, er sei einen Tag später über die Existenz eines Videos unterrichtet worden, das Gewaltanwendung durch Benalla zeige. Seine Mitarbeiter hätten zu diesem Zeitpunkt bereits die Polizeipräfektur und das Präsidialamt darüber informiert.

Das sei der richtige Schritt gewesen, da es der höher gestellten Behörde obliege, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, sagte Collomb weiter. Er habe sich persönlich davon überzeugt, dass Benallas Vorgesetzter, Macrons Kabinettsdirektor Patrick Strzoda, über die Lage informiert wurde und dass der Fall bearbeitet wurde.

Danach sei es Aufgabe des Elysee-Palasts gewesen, „tätig zu werden“, sagte der Innenminister. Oppositionelle Abgeordnete hatten Collombs Rücktritt gefordert, sollte dieser von dem Vorfall gewusst, aber geschwiegen haben.

Nach dem Innenminister hörte der zuständige Ausschuss der Nationalversammlung den Polizeichef Delpuech an. Dieser sagte, ein Strzoda-Mitarbeiter habe ihn am Vormittag des 2. Mai angerufen. Erst dadurch habe er von der Benalla-Affäre erfahren.

Delpuech nahm danach nach eigenen Angaben Kontakt zum Innenministerium auf, das ihn darüber informierte, bereits in Verbindung zum Präsidialamt zu stehen. Für ihn habe in diesem Augenblick festgestanden, dass die Präsidentschaft mit dem Fall befasst gewesen sei.

Der Fall werde allerdings auch Folgen für die Polizeipräfektur haben, sagte Delpuech. Die „Ereignisse“ gingen zurück auf „unannehmbare und zu verurteilende individuelle Entgleisungen vor dem Hintergrund ungesunder Kumpaneien“.

Regierungssprecher Benjamin Griveaux sagte am Montag gegenüber dem Sender RTL, Macron sei „ruhig und äußerst entschlossen, der Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen“. Das „schockierende“ und „inakzeptable“ Verhalten des Mitarbeiters Alexandre Benalla werde Strafen nach sich ziehen, so Griveaux. Niemand stehe über dem Gesetz. Mängel im System müssten behoben werden.

Bereits am Sonntagabend hatte es aus Macrons innerem Kreis geheißen, der Staatschef - der bisher schwieg - werde sich äußern, sobald alle Informationen vorlägen. Straflosigkeit werde es nicht geben. Einen für Mittwoch geplanten Auftritt bei der Tour de France in den Pyrenäen sagte Macron indes ab.

Die Opposition bezichtigt die Regierung der Vertuschung. Der Generalsekretär der Sozialistischen Partei (PS), Olivier Faure, erklärte, Macron, sei „in diese Affäre verwickelt“ und müsse dazu persönlich Stellung nehmen. Auch die Chefin der rechtspopulistischen „Rassemblement National“ (RN, Nationale Sammlungsbewegung), Marine Le Pen, forderte eine Erklärung des Staatspräsidenten.

„Es gibt keine Vertuschung“, entgegnete Regierungssprecher Griveaux gegenüber dem Sender RTL. „Ich fordere alle zu etwas Ruhe auf, zu etwas Überlegtheit und dazu, keine politische Instrumentalisierung zu betreiben.“

Die Zeitung „Le Monde“ hatte vor einigen Tagen ein Video veröffentlicht, auf dem zu sehen ist, wie Benalla und der ebenfalls beschuldigte Angestellte der Regierungspartei La Republique en Marche (LREM), Vincent Crase, bei der Kundgebung am 1. Mai Demonstranten heftig angreifen und schlagen. Benalla trug dabei einen Polizeihelm, obwohl er kein Polizist ist.

Erst nach den Veröffentlichungen durch „Le Monde“ nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf. Am Sonntag wurde ein Verfahren eingeleitet. Neben Benalla und Crase laufen auch Ermittlungen gegen drei Polizisten, die Benalla Videomaterial von Überwachungskameras der Stadt Paris beschafft haben sollen.

Präsident Macron gerät in der Angelegenheit immer mehr unter Druck. Ob er selber frühzeitig von dem Vorfall wusste, ist weiter unklar. Innenminister Collomb gab an, nicht direkt mit Präsident Macron über den Fall gesprochen zu haben. Am Dienstag sollte der Minister erneut aussagen, dieses Mal vor einem Ausschuss des französischen Senats.