Putsche und Massaker prägen die Geschichte Burundis
Wien (APA) - Seit dem Mittelalter bilden die beiden Volksgruppen der Hutus und Tutsis die beiden bedeutendsten Volksgruppen in der Region zw...
Wien (APA) - Seit dem Mittelalter bilden die beiden Volksgruppen der Hutus und Tutsis die beiden bedeutendsten Volksgruppen in der Region zwischen dem Nordufer des Tanganjika- und des Victoriasees. Dabei dürfte es sich ursprünglich nicht um zwei unterschiedliche Ethnien, sondern gesellschaftliche Schichten gehandelt haben:
Während die Tutsis ihrem Namen nach „reich an Rindern“ waren, bildeten die Hutus die Landwirtschaft betreibende, sozial niederrangige Mehrheitsbevölkerung. Eine gewisse ethnische (genetische) Differenzierung entstand, als die Gesellschaftsschichten, die sich in der Geschichte immer wieder auch feindlich gegenüberstanden und blutig bekämpften, hauptsächlich nur mehr innerhalb der eigenen Gruppe heirateten.
Im 16. Jahrhundert etablierte sich ein eigenes Königreich Burundi. Ende des 19. Jahrhunderts, als die europäischen Großmächte den Großteil Afrikas unter sich aufteilten, wurden Burundi und auch Ruanda Teil der deutschen Kolonie Deutsch-Ostafrika. Zu dieser Zeit bereiste der österreichische Geograf Oscar Baumann die Gegend. Im Ersten Weltkrieg besetzte Belgien Burundi, später verwaltete Belgien Ruanda-Urundi, wie es damals hieß, als Mandat des Völkerbundes bzw. der UNO.
1962 - Nach Bildung von Parteien, Abhaltung von Wahlen und begleitet von blutigen Unruhen zwischen Hutus und Tutsis wird Burundi am 1. Juli als Monarchie unter Mwami (König) Mwambutsa IV. in die Unabhängigkeit entlassen.
1966 - Burundi wird Republik unter Putsch-General Michel Micombero, der das Land immer diktatorischer regiert. Hutus werden immer mehr aus Militär und Staatsführung verdrängt; Tutsi-Hardliner erlangen die Oberhand.
1972 - Nach einem Aufstand der Hutus, lässt die Staatsmacht bis zu 250.000 Hutus bei Massakern, die zumindest als völkermordartig gelten, töten.
1976 - Generalstabschef Jean-Baptiste Bagaza stürzt Micombero. Er versucht, das Verhältnis zwischen Hutus und Tutsis zu verbessern.
1981 - Die neue Verfassung schreibt ein Ein-Parteien-System der seit der Unabhängigkeit dominierenden UPRONA (Union für den nationalen Fortschritt) fest, die rund um die Unabhängigkeit als einzige Hutus und Tutsis trotz aller Gräben vereinen wollte, dann aber vor allem von Tutsis geführt und unterstützt wurde.
1987 - In einem weiteren Militärputsch stürzt Pierre Buyoya Bagaza. Auch er versucht den Ausgleich zwischen Hutus und Tutsis aber auch unter ihm dominieren Tutsis die Regierung und eine Demokratisierung bleibt weiterhin aus.
1988 - Nach Unruhen wieder schwere Massaker an Hutus.
1992/93 - Integration von Hutus in die Regierung und Rückkehr zum Mehr-Parteien-System. Der Hutu Melchior Ndadaye von der Hutu-Partei FRODEBU (Front für Demokratie in Burundi) wird zum Präsidenten gewählt aber kurze Zeit später von Tutsi-Soldaten ermordet. Nun Massaker vorwiegend von Hutus an rund 300.000 Tutsis. Ein mehr als zehnjähriger Bürgerkrieg mit weiteren 300.000 Toten beginnt.
1994 - Nach dem Abschuss des Flugzeugs mit dem ruandischen Präsidenten Juvenal Habyarimana und Ndadayes Nachfolger Cyprien Ntaryamira (beide Hutus) kommt es zum Völkermord der Hutus an den Tutsis in Ruanda. Das verschlimmert auch die Lage im Bürgerkrieg in Burundi.
1996 - Der Tutsi Buyoya kehrt mit Unterstützung der Armee an die Macht zurück.
2000 - Zwei mächtige Hutu-Rebellengruppen, die FDD und die FNL, bleiben dem Arusha Friedens- und Versöhnungsabkommen, das eine Machtteilung zwischen Hutus und Tutsis vorsieht, zunächst fern.
2003 - Die FDD legt die Waffen nieder.
2005 - Der Hutu Pierre Nkurunziza und seine nunmehrige Partei CNDD-FDD (Nationalrat für die Verteidigung der Demokratie - Demokratie-Verteidigungskräfte) gewinnen die ersten Präsidenten- und Parlamentswahlen nach der Transitionsphase nach dem Arusha-Abkommen.
2009 - Auch die FNL (Kräfte für die nationale Befreiung) unter Agathon Rwasa legt drei Jahre nach Unterzeichnung eines Waffenstillstands als letzte größere Hutu-Rebellengruppe die Waffen nieder und wird zur politischen Partei.
2015 - Nkurunziza kandidiert trotz Verbots in der Verfassung und Protesten nach einem umstrittenen Urteil des Verfassungsgerichts für eine dritte Amtszeit. Die Opposition boykottiert die Wahl, so bleibt Nkurunziza Präsident. Seither immer wieder aufflammende Gewalt mit Toten, laut UNO flohen 430.000 in Nachbarländer. Die EU hat ihre finanzielle Unterstützung mit Ausnahme humanitärer Hilfe eingestellt; aus dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) ist Burundi als bisher einziger Staat ausgetreten, nachdem dieser wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Burundi Ermittlungen einleitete; die Zusammenarbeit mit dem UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte wurde nach Kritik beendet.
2018 - Die Regierungspartei kürt Nkurunziza (54) inmitten der ungelösten Krise zum „Höchsten und Ewigen Anführer“. Am 17. Mai stimmt die Bevölkerung für eine umstrittene Verfassungsänderung, die ihm offiziell bis 2034 den Verbleib im Präsidentenamt sichern soll - ohne Wahlbeobachter. Die Opposition ist mundtot gemacht oder im Exil.