Strafzölle - Showdown im Handelsstreit: Trump trifft Juncker
Washington (APA/dpa) - Im Handelsstreit zwischen der EU und den USA zeigen sich beide Seiten unnachgiebig. Kurz vor ihrem Krisentreffen am M...
Washington (APA/dpa) - Im Handelsstreit zwischen der EU und den USA zeigen sich beide Seiten unnachgiebig. Kurz vor ihrem Krisentreffen am Mittwoch in Washington machten US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker klar, dass sie sich im Recht sehen und von der jeweils anderen Seite ein Einlenken erwarten.
„Wir sitzen hier nicht auf der Anklagebank. Insofern brauchen wir uns auch nicht zu verteidigen“, sagte Juncker in einem ZDF-Interview zu seinem Gespräch mit Trump, das um 19.30 Uhr österreichischer Zeit im Weißen Haus beginnen sollte. Mit EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström will Juncker Trump von der Einführung von Sonderzöllen auf Autos abhalten. Diese würden vor allem die deutsche Wirtschaft deutlich stärker treffen als die bereits geltenden Abgaben auf Stahl- und Aluminiumimporte. Malmström sagte der schwedischen Zeitung „Dagens Nyheter“, eine erste Liste für Produkte für mögliche Vergeltungszölle solle Waren im Gesamtwert von rund 20 Milliarden Dollar umfassen.
In Genf zeigte sich der Chef der Welthandelsorganisation (WTO), Roberto Azevêdo, alarmiert von den zuletzt gestiegenen Tendenzen, nationale Märkte durch Zölle abzuschotten. „Ich fürchte um den Handel, um Arbeitsplätze, Kaufkraft und Gehälter. Wenn wir diesen Weg weitergehen, werden wir in jedem Land eine Konjunkturabschwächung sehen“, warnte er. „Neue Hemmnisse bedrohen Wachstum, Arbeitsplätze und die Erholung der Weltwirtschaft.“ Politiker müssten erkennen, dass die Wurzel solcher Entwicklungen das Ersticken des Handels ist.
Trump hatte zuvor erneut mit zusätzlichen Importzöllen gedroht. „Zölle sind das Größte!“, schrieb er auf Twitter. Nur „faire Handelsabkommen“ seien eine Alternative. Auf dem Kurznachrichtendienst wehrte er sich gegen Kritik republikanischer Senatoren. „Jedes Mal, wenn ich einen schwachen Politiker sehe, der fordert, Handelsgespräche oder die Nutzung von Zöllen zu stoppen, um unfaire Zölle zu bekämpfen, frage ich mich, was sie denken? Sollen wir einfach so weitermachen und unsere Bauern und unser Land abzocken lassen?“, schrieb Trump. Man dürfe keine Schwäche zeigen.
Um die Folgen des Handelskonfliktes für die heimischen Landwirte abzumildern, hatte die US-Regierung am Dienstag ein milliardenschweres Nothilfepaket verkündet. Der republikanische Senator Bob Corker warf der Regierung vor, mit der Politik massive Steuererhöhungen zu schaffen. Statt ein Problem zu lösen, das die Regierung selbst geschaffen habe, müsse sie ihren Kurs ändern.
An faire Handelsabkommen glaubt Trump aber nach eigenen Angaben selbst nicht. Sowohl die USA als auch die Europäische Union könnten sämtliche Zölle, Handelsbarrieren und Subventionen aufheben, schrieb er. Die USA seien dazu bereit, die EU werde dies aber nicht tun. Wie er zu dieser Einschätzung kommt, erläuterte er nicht. Die unter dem Namen TTIP laufenden Verhandlungen über einen Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen zwischen den USA und der EU liegen seit dem Beginn seiner Amtszeit auf Eis.
Kommissionschef Juncker plädierte für einen Verzicht auf weitere Zollerhöhungen und eine „Beruhigung der Gesamtlage“, richtete aber auch eine Warnung an Trump: „Wenn es zu Autozöllen kommt, dann muss die EU Gegenmaßnahmen ergreifen. Dazu sind wir bereit. Das haben wir nicht im Gepäck, aber im Kopf. Wir sind in der Lage, dass wir sofort adäquat antworten können.“ Die EU werde „auf Augenhöhe verhandeln“. Was die Ergebnisse des Gesprächs angehe, sei er „nicht übermäßig optimistisch“. Bereits zuvor hatte Juncker mitteilen lassen, dass er ohne ein konkretes Angebot zu Trump reisen werde.
In der deutschen Wirtschaft wächst unterdessen die Sorge. Sollten die USA die angedrohten Zölle auf importierte Autos erheben, würde das allein in der ersten Runde eine Mehrbelastung von rund fünf Milliarden Euro für deutsche Unternehmen ausmachen, sagte Eric Schweitzer, Präsident des DIHK, der „Passauer Neuen Presse“.
Trump erfährt vor dem Treffen mit der EU-Spitze Widerstand im eigenen Land. So stellte sich der US-Dachverband der Autozulieferer gegen ihn. „Alle Autoproduzenten, ob in- oder ausländisch, sind gegen die Zölle“, sagte Ann Wilson, Vizepräsidentin des Verbands Mema, dem „Handelsblatt“. Unter Autozöllen würden viele Betriebe in Amerika leiden. Gegen Trump wandten sich auch Hersteller von Garten- und Elektrogeräten. Vertreter beklagten in Washington, Firmen hätten die Produktion wegen Zöllen bereits herunterfahren müssen.
Der von Trump angezettelte Handelsstreit trifft insbesondere die Auto-Industrie hart. Die Branchenriesen General Motors (GM) und Fiat Chrysler verdienten im Frühjahr bereits deutlich weniger und schockten die Finanzwelt am Mittwoch mit Gewinnwarnungen. An der Börse gerieten die Aktien der Autohersteller stark unter Druck. Die Turbulenzen im Autosektor gipfelten im Mailänder Handel in einem mehr als 15-prozentigen Kursrutsch bei Fiat Chrysler. Bei den Aktien von BMW , Daimler und Volkswagen sowie dem Branchenzulieferer Continental führten sie zu Abgaben zwischen 1,2 und 2,7 Prozent.