Identitäre-Prozess: 17 Angeklagte standen zehn Tage vor Gericht
Wien (APA) - Am zehnten Verhandlungstag des Identitäre-Prozesses wurden die 17 Angeklagten am Donnerstag großteils freigesprochen. Zehn führ...
Wien (APA) - Am zehnten Verhandlungstag des Identitäre-Prozesses wurden die 17 Angeklagten am Donnerstag großteils freigesprochen. Zehn führende Mitglieder und sieben aktive Sympathisanten der „Identitären Bewegung Österreich“ (IBÖ) hatten sich seit 4. Juli vor dem Straflandesgericht Graz wegen krimineller Vereinigung, in einigen Fällen wegen Verhetzung, Sachbeschädigung und Nötigung sowie in einem Fall wegen Körperverletzung verantworten müssen.
Den 16 Männern und einer Frau, die zwischen 22 und 35 Jahre alt sind, wurden die Verbreitung von „radikaler, fremden- und islamfeindlicher Ideologie“ und der Verkauf von Propagandamaterial über das Internet vorgeworfen. Zehn Angeklagte sind Studenten, einer geht in die Schule, mehrere sind Handwerker. Sie kommen aus der Steiermark, Kärnten und Oberösterreich.
Im Mittelpunkt des Prozesses standen auch mehrere Aktionen der Identitären, die die Angeklagten nicht abstritten, wenngleich sie sich der Anklage nicht schuldig bekannten. Mitglieder der IBÖ hatten etwa am Dachfirst des Büros der steirischen Grünen ein Transparent mit der Aufschrift „Islamisierung tötet“ angebracht und mit Theaterblut übergossen. Bei einem weiteren Vorfall wurde eine Vorlesung zum Thema „Inklusionsbegleiter/innen: Flucht, Asyl, Migration“ an der Alpen-Adria-Universität in Klagenfurt gestürmt, im Lehrsaal entrollten die Identitären Transparente und verteilten Flugblätter. Dabei stellten sie auch die Steinigung eines Österreichers durch Frauen in Burkas dar. Weiters diskutiert wurden ein Transparent mit der Aufschrift „Erdogan - hol deine Türken ham“ am türkischen Generalkonsulat in Wien und an türkisch-stämmige Personen verteilte „Flugtickets“ mit der Aufschrift „Guten Heimflug“.
An dem Prozess wurde aber auch viel Kritik geübt. Zahlreiche Politiker und Experten fürchteten, dass er sich zu sehr in Richtung Gesinnungsstrafrecht bewegen könnte, zumal die Tatbestände der kriminellen Vereinigung und Verhetzung sehr weit gefasst seien.
Die IBÖ wurde 2012 gegründet und wird vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands als rechtsextrem eingestuft. Der Verfassungsschutz bezeichnete sie im Jahresbericht 2014 als Gruppe von jüngeren Neonazis und Personen aus dem studentischen und burschenschaftlichen Milieu, die das aus Frankreich kommende Ideologiekonzept der „Neuen Rechten“ in Österreich etablieren wollen. Die Identitären selbst sehen sich aber als „Jugendbewegung, die nicht vom Hass auf das Fremde getrieben wird, sondern von der Liebe zur eigenen Heimat“, wie es ihr früherer Obmann Alexander Markovics einmal formulierte.
Das Erkennungszeichen der Bewegung ist der griechische Buchstabe Lambda, eingekreist und in Gelb gehalten, auf schwarzem Hintergrund. Der derzeitige IBÖ-Chef Martin Sellner sprach im Rahmen des Prozesses von derzeit rund 300 aktiven Mitgliedern und hunderten Spendern. Auch mit der FPÖ gibt es immer wieder Berührungspunkte.