Osttirol

In Virgen formen Männer den Stein

© Peter Unterweger

Zwei Wochen dauerte das Bildhauersymposium 2018 in Virgen. Künstler aus dem Tal schufen Skulpturen aus Marmor, heimischem Serpentin oder Granit. Livekonzerte und Kulinarisches beenden heute das Treffen.

Von Peter Unterweger

Virgen –Die Sonne brennt vom Himmel. Der Schweiß rinnt den muskulösen Männern über den nackten Oberkörper. Staubwolken verschleiern die Sicht. Die Szenerie in der „Trottn“ erinnert ein bisschen an Wildwest. Skulpteure treten gegen die unerbittliche Härte des Steins an. Bewaffnet mit Meißeln, Diamantfräsern, Bohrern und Schleifmaschinen.

Seit 16. Juli findet an der Isel in Virgen ein Steinbildhauer-Symposium statt. Besucher konnten bei „Skulp-tour 2018“ live dabei sein und erleben, wie Kunst entsteht. Die Arbeiten werden nach ihrer Fertigstellung am 500 Meter langen Skulpturenpark entlang der Isel aufgestellt.

In der ersten Abteilung der Freiluftateliers werkt Michael Fuetsch. Er bearbeitet seinen Lieblingsstein, den Dorfergrün. „Man muss zuerst die schönen Seiten finden, dann lass’ ich mich vom Stein inspirieren und verfolge die Linien“, beschreibt Michael Fuetsch, der an der HTL Hallein unterrichtet.

Eine „Endlosschleife“ aus Carrara-Marmor formt Lukas Fuetsch. Der Steinmetzmeister mit Erfahrung aus der Steinbildhauerschule Laas ist bereits beim Schleifen. Eine interessante Serpentinskulptur gestaltet Alois Oberwalder. Zwei kegelförmige Durchbohrungen des Objekts geben den Durchblick frei. Das Werk wird drehbar im Skulpturenpark aufgebaut werden. Durch die Öffnungen können dann die heimischen Bergspitzen anvisiert werden – in optisch vorgegaukelter Vergrößerung oder Verkleinerung.

Mit Serpentin arbeitet Gerold Leitner. „Es ist ein Findling, also ein Stein mit besonders harter Oberfläche“, erzählt der Künstler von den speziellen Herausforderungen des Materials. Das Werk wird ein Teil einer Brunnenanlage mit der Botschaft, die Natur mehr zu schätzen.

Eine große Moses-Büste schafft Michael Lang aus Krastaler Marmor. Er wird sie zwischen zwei Serpentinwänden, die das Meer symbolisieren, aufstellen. Vier Meter breit und dreieinhalb hoch wird die Installation insgesamt. Der Künstler liebt große Dimensionen: Ein 20 Tonnen schwerer Quarz liegt am Gelände, den Michael Lang sukzessive zu einem Stier formt. „Lass den Stein, der macht dich fertig!“ Diesen Rat von Künstlerfreunden will er nicht befolgen.

Heuer wurden zwei Gastkünstler in die Bildhauerwerkstätte nach Virgen eingeladen: Peter Dörflinger, in Villach gebürtiger Bildhauer, bearbeitet Krastaler Marmor zu einer Skulptur mit kompakten Ausmaßen. Alois Lang kehrte wieder einmal in seinen Heimatort zurück. Er studierte Bildhauerei in Wien, werkte dann in New York, Tokio, Seoul und Deutschland. Aktuell betreibt er sein Atelier im Burgenland. „Der Stein hat mich gleich angesprochen, den haben die Gletscher ins Tal gebracht“, beschreibt der Künstler die Auswahl eines Granitblocks.

Immer wieder müssen die Künstler Ohrenschutz, Staubmaske und Brille abnehmen, weil sie von interessierten Besuchern angesprochen werden. Bereitwillig geben sie über ihre Arbeit Auskunft und erklären das Projekt Skulpturenpark, das im Virgental entlang der Isel entsteht. Mit Harald Weiskopf und Mario Berger werken zwei weitere hoffnungsvolle junge Bildhauer aus dem Tal in der Anlage.

Künstlergespräche, ein Theaterstück und musikalische Auftritte bereicherten bisher die Kunstveranstaltung. Mitglieder des Vereins „Art Osttirol“ stellten in einer Halle Arbeiten aus. Auch Bischof Hermann Glettler, selbst Künstler, Kunsthistoriker und Kunstvermittler, besuchte am Sonntag seine Zunftkollegen in Virgen. Das Finale des Symposiums zelebrieren die Künstler heute ab 11 Uhr mit einem großen Fest.