Grasser-Prozess

Auf der Spur der Buwog-Millionen: Eine Zwischenbilanz

Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (M.) mit seinen Verteidigern Norbert Wess (l.) und Manfred Ainedter. Er verteidigt vor Gericht die Buwog-Privatisierung.
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Zum siebten Mal nimmt Ex-Finanzminister Grasser am Mittwoch in der Causa am Zeugenstuhl Platz. Eine Bilanz vor der Sommerpause.

Von Cornelia Ritzer

Wien –Am Mittwoch wird am Wiener Landesgericht der Buwog-Prozess weitergeführt. Danach dürfen sich die Angeklagten in der Causa in einen mehrwöchigen Urlaub verabschieden, erst am 18. September nimmt Richterin Marion Hohenecker die Verhandlung wieder auf. Auch die Prozesstermine bis Jahresende stehen bereits fest, laut Kalender geht es erst nach dem 20. Dezember in eine weihnachtliche Pause.

46 Verhandlungstage wurden bisher abgewickelt, seit dem 41. Verhandlungstag am 19. Juni ist Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ, ÖVP) am Wort. Der frühere Spitzenpolitiker in zwei Bundesregierungen unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) gab eine mehrere Stunden dauernde Stellungnahme zu den Anklagevorwürfen ab. Grasser, der in der Causa Buwog wegen Geschenkannahme durch Beamte, Bestimmung zur Untreue und Beweismittelfälschung angeklagt ist, bekannte sich nicht schuldig. Und er rechnete wortreich und redegewandt mit der Anklage ab. Er habe nie Geld genommen, wies er den Vorwurf der Korruption zurück.

Der einstige PR-Profi Peter Hochegger legte vor Gericht ein Teilgeständnis ab und sagte, Grasser hätte von der Provision finanziell profitiert. Grasser reagierte heftig und sprach Hochegger die Glaubwürdigkeit ab.
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Er sei unschuldig, auch wenn die Optik nicht die beste ist, versicherte Grasser vor Gericht. Es habe keinen „Tatplan“ gegeben, bei Privatisierungen und Aufträgen in der schwarz-blauen Bundesregierung mitzukassieren, und er hat bei den Geschäften seiner Freunde – etwa dem mitangeklagten Lobbyisten Walter Meischberger – nicht mitgeschnitten. Die belastenden Aussagen seiner Schwiegermutter seien auf deren Aufregung nach einer Hausdurchsuchung und Steuerprüfung zurückzuführen. Der Bargeldtransfer ab Juli 2005 von 500.000 Euro nach Österreich sei ein Geschenk gewesen, er habe das Geld dann nicht für sich, sondern für seine Ehefrau bei der Meinl-Bank veranlagt. Diesem Themenkomplex widmet Richterin Hohenecker bei ihrer Befragung viel Raum. Denn bei seiner ersten Einvernahme durch die Staatsanwälte und Ermittler hatte Grasser angegeben, dass er die 500.000 Euro in bar von seiner Schwiegermutter in der Schweiz bekommen habe, weil sie sein Veranlagungsgeschick testen wollte. Im Prozess spricht Grasser nun davon, dass es ein Geschenk und letztlich für seine Kinder gedacht war.

Auch die diversen Geldströme nahm die Richterin immer wieder unter die Lupe. Denn die 500.000 Euro landeten – nach einer Veranlagung in Meinl-Wertpapieren und einer Veranlagung in einen Genussschein der Hypo Alpe Adria-Bank – auf einem Konto der Briefkastengesellschaft Mandarin in der Schweiz. Auf eben dieses Mandarin-Konto wurde auch Geld aus der Buwog-Millionenprovision übertragen, von dem der mitangeklagte Meischberger sagt, es gehöre ihm. Laut Anklage geht es aber um den Anteil Grassers. Die Vermengung der Gelder am Mandarin-Konto sei laut Anklage für Grasser belastend.

Am intensivsten wurde bisher der einstige Lobbyist und Grasser-Trauzeuge Walter Meischberger befragt. Der Richterin erzählte er ausführlich von seiner beratenden Tätigkeit, die Staatsanwälte strafte er mit Schweigen.
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Auch neueste Entwicklungen halten alle Prozessbeteiligten auf Trab. Am Wochenende sind Unterlagen an die Öffentlichkeit gelangt. Standard und ORF-Radio zitierten am Samstag aus einem brisant klingenden Mailverkehr vom September 2009, kurz nach Bekanntwerden der Buwog-Affäre. Darin fragte eine Steuerberaterin den mitangeklagten Steueranwalt Gerald Toifl, ob sie Grassers Depot offenlegen dürfe, woraufhin Toifl antwortete: „Sein’s nicht, weil dann ist er tot.“ – „Wie, tot?“ – „Mausetot, dann kann er auswandern.“ Welche Relevanz die über 1000 Seiten neue Ermittlungsakten für den Prozess haben, war zunächst unklar. Laut Verteidigern haben die E-Mails nichts mit der Causa zu tun. Toifl, der noch nicht befragt wurde, wird das wohl aufklären.

Die Causa Buwog

Laut Anklage hat Finanzminister Karl-Heinz Grasser bei der Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 gemeinsam mit den Mitangeklagten Walter Meischberger, Ernst Karl Plech und Peter Hochegger eine fast zehn Millionen Euro hohe Provision kassiert. Das Geld soll auf diversen Konten verteilt worden sein.

Wegen einer Zahlung über 200.000 Euro im Zuge der Einmietung der Finanz in den Linzer Büroturm Terminal Tower sind wiederum Grasser, Meischberger, Hochegger und andere angeklagt.

Seit Juni ist die Causa noch komplexer, das „Faktum Telekom“ wurde einbezogen. Angeklagt wegen angeblicher „Schwarzer Kassen“ sind Hochegger, Meischberger sowie andere.