,,freiraum!“ in Fließ: Exterritorialer Ort für widerständige Gedanken
Von Edith Schlocker...
Von Edith Schlocker
Fließ –Das Innsbrucker „bilding“ stand ohne jeden Zweifel Pate für den Fließer „freiraum!“. Nicht nur deshalb, weil beides Orte sind, in denen Kindern Lust auf kreatives Tun gemacht bzw. durch ihre unkonventionellen Hüllen in ihnen die Sensibilität für architektonische Qualitäten geweckt werden soll. Denn wie beim „bilding“ ist auch der Prozess des Entstehens des „freiraum!“ unkonventionell.
Entwickelt wurde die hinter der Schule in eine als unbebaubar geltende Böschung hineingesteckte „exterritoriale Klasse“ als ein vom kultur- bzw. architekturaffinen Fließer Tischler Josef Walch angezetteltes Projekt, das fächerübergreifend im Rahmen des regulären Unterrichts entwickelt wurde. Wie das kleine Gebäude ausschauen soll, hat Walchs Architektensohn Elias gemeinsam mit den rund 100 Schülern der Neuen Mittelschule des 3000-Einwohner-Dorfs erarbeitet, bevor die von Elias Walch endgültig definierte Form in einer schulfrei gegebenen Woche mit vereinten Kräften von Schülern, Lehrern, Eltern und Professionalisten umgesetzt wurde.
Honorar gab es angesichts des minimalen – von Land, Bund und EU gefütterten – Budgets von 85.000 Euro für niemanden. Der direkt hinter der Neuen Mittelschule liegende Grund wurde von der Gemeinde zur Verfügung gestellt, das Holz der Haselfichte, aus dem das kleine Gebäude gebaut ist, von der örtlichen Agrargemeinschaft. Beim Schlagen des Holzes im nahen Wald haben die Schüler genauso tatkräftig mitgeholfen wie bei dessen mühsamer Entrindung und dem Schichten der sieben Zentimeter hohen und 16 Zentimeter breiten sägerauen Bretter zu Wänden, die allein mit rund 3000 Holzdübeln stabilisiert sind.
Von einem professionellen Zimmerer gebaut wurde die tragende hölzerne Rahmenkonstruktion des „freiraum!“, die auf acht rund 1,20 Meter in der Erde verankerten, von Fließer Gemeindearbeitern betonierten Punktfundamenten steht. Als talseitig sich aus dem Steilhang stemmende hölzerne Kiste, deren unregelmäßige Form sich aus dem Gelände ergibt.
Betreten wird der eigentliche „freiraum!“ über einen kleinen, mit einem Brunnen aus Beton bestückten Vorplatz. Als Tür genügt ein verschiebbares dunkel lasiertes Holzbrett, das wunderbar auch als Tafel funktioniert. Der nicht winterfeste Raum, der im Rahmen des Unterrichts, aber auch extern genutzt werden kann, ist rund 32 Quadratmeter groß, sparsam möbliert und talwärts zu zwei Drittel raumhoch verglast. Über eine Holzbrücke wird die 20 Quadratmeter große Dachterrasse erschlossen. Angelegt als für alle offener Ort zum Feiern, Spielen, Chillen und Entstehen freier, vielleicht widerständiger Gedanken.