Astronomen in Wien über Sterne, Schwarze Löcher und Minigalaxien
Wien (APA) - Trotz seiner Größe von bis zu 600 Lichtjahren schimpft man das Sternensystem Fornax UCD3 „Zwergengalaxie“. Doch in seinem Zentr...
Wien (APA) - Trotz seiner Größe von bis zu 600 Lichtjahren schimpft man das Sternensystem Fornax UCD3 „Zwergengalaxie“. Doch in seinem Zentrum befindet sich ein Schwarzes Loch, das sich größenmäßig von jenem in der Milchstraße nicht verstecken muss, erklärten Forscher zum Auftakt der Generalversammlung der Internationalen Astronomischen Union (IAU) in Wien, an der mehr als 8.000 Forscher teilnehmen.
Anton Afanasiev von der Staatlichen Universität Moskau berichtet auf der Konferenz vom Fund eines extrem massiven Schwarzen Loches im Zentrum der Zwergengalaxie Fornax UCD3. Es hat die 3,5-millionenfache Masse der Sonne und ist damit in etwa so gewichtig wie das Schwarze Loch, das man im Zentrum der Milchstraße nachgewiesen hat. UCD3 hat jedoch nur etwa ein drei Hundertstel der Größe der Milchstraße.
Ein Schwarzes Loch ist ein Objekt, das aufgrund seiner gigantischen Gravitation sämtliche Materie und Information (wie Lichtsignale) an sich reißt. Berechnet haben die Forscher die Existenz dieses Schwarzen Loches anhand der unterschiedlichen Geschwindigkeiten (Geschwindigkeitsdispersion) der Sterne in dieser Galaxie. „Die Sterne werden von der Schwerkraft eines solchen massiven Körpers beeinflusst und beschleunigen sich in verschiedene Richtungen“, berichteten die Forscher. Die Geschwindigkeitsdispersion im Zentrum der Galaxie sei so hoch, dass sie nur durch das Vorhandensein eines massiven Schwarzen Lochs im Zentrum erklärt werden kann. Die Daten, aus dem die Forscher dies ableiteten, stammen vom einem Gerät (Infrarot-Integralfeldspektrographen) am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Astronomieorganisation ESO in Chile.
Dieses riesige Schwarze Loch ist wahrscheinlich Zeuge, dass die Galaxie nicht immer Zwergenmaße hatte, meinte Afanasiev. Wahrscheinlich hat sie als durchschnittlich bemessene Galaxie einst den Weg einer größeren Galaxie gekreuzt, die ihr im Vorübergehen durch Gezeitenkräfte die Mehrzahl ihrer Sterne entriss.
Die Generalversammlung der Internationalen Astronomischen Union (IAU) findet vom 20. bis 31. August in Wien statt. Die lokalen Veranstalter (Universität Wien, die Österreichische Akademie der Wissenschaften und die Österreichische Gesellschaft für Astronomie und Astrophysik) erwarten mehr als 8.000 Forscher aus rund 90 Ländern. Sie werden sich über die Planetenentstehung und Physik der Sterne austauschen, über die Entwicklung des James Webb Weltraumteleskops referieren, das bewohnbare Planeten in anderen Sonnensystemen finden soll, und auch geerdete Themen wie die Standardisierung astronomischer Größen diskutieren.
Durch „vergleichende Planetologie“ und die Erforschung des gesamten kosmischen Materiekreislaufs könne man etwa nachvollziehen, wie die Erde entstanden ist und sich entwickelte, so Franz Kerschbaum vom Institut für Astrophysik der Universität Wien. Kleine Länder könnten auch in der Weltraumforschung vorne mitspielen, wenn sie sich auf Nischenbereiche spezialisieren, meint er. Dies sei hierzulande zum Beispiel bei der Entwicklung von Software gelungen, die in Weltraumteleskopen steuert, wie sie Sterne finden, vermessen und die Ergebnisse zur Erde schicken. Verschiedene Missionen wie „Cheops“, „Plato“ und „Ariel“ seien maßgeblich mit in Österreich entwickelten Computer- und Softwarekomponenten ausgestattet. Sie haben die Aufgabe, Planeten zu finden, auf denen durch ihre Beschaffenheit, Atmosphäre und Distanz zum nächsten Stern Leben möglich ist, und sie näher zu charakterisieren, erklärte der Forscher in einer Aussendung.
Bei der Konferenz im Austria Center Vienna wird heute, Montag, eine Wanderausstellung eröffnet, die anlässlich des 100 jährigen Bestehens der IAU im Jahr 2019 zusammengestellt wurde und 2018 und 2019 in verschiedenen Städten in Europa gezeigt wird. Dabei werden die wichtigsten und überraschendsten astronomischen Entdeckungen des vergangenen Jahrhunderts präsentiert, die Wissenschaft, Technologie und Kultur geprägt haben, so die Veranstalter. In dieser Zeit hat man entdeckt, was Sterne zum Leuchten bringt (Kernfusion), nachgewiesen, dass auch außerhalb unseres Sonnensystems Planeten existieren (Exoplaneten) und Menschen sind auf dem Mond gelandet, erklärte die niederländische Astronomin und IAU Präsidentin Ewine van Dishoeck vor Journalisten.
Eine weitere Wanderausstellung namens „Inspiring Stars“, die die IAU gemeinsam mit der Amerikanischen Astronomischen Gesellschaft (American Astronomical Society, AAS) organisiert hat, wird am Mittwoch eröffnet. In der Schau werden Initiativen gewürdigt, die benachteiligte Menschen in die Verbreitung von Informationen aus der Sternenkunde sowie in die professionelle Astronomie einbinden. „Wir wollen zeigen, dass es keine Barrieren geben darf, die Menschen aus der aktiven Forschung ausgrenzen“, sagte IAU Generalsekretär Piero Benvenuti. So habe zum Beispiel die aus Puerto Rico stammende Astronomin Wanda Diaz Merced als junge Forscherin ihr Augenlicht verloren, sei aber auch ohne diesen Sinn erfolgreich. Sie hat eine Methode gefunden, die Sterne zu hören, anstatt zu sehen, indem sie die Signale aus den Messinstrumenten in Töne übersetzt.
(S E R V I C E - Internet: https://www.iau.org/)