Kulturherbst - Theaterauftakt mit Kehlmann, Kaufmann und Klaus Mann

Wien (APA) - Kaum ist die letzte Festspiel-Premiere geschlagen, darf man sich bereits auf den Beginn der neuen Theatersaison freuen. Dabei w...

Wien (APA) - Kaum ist die letzte Festspiel-Premiere geschlagen, darf man sich bereits auf den Beginn der neuen Theatersaison freuen. Dabei wird das Staffelholz buchstäblich weitergereicht: Mit der Wien-Premiere der bei den Salzburger Festspielen herausgebrachten Dramatisierung des Romans „Kommt ein Pferd in die Bar“ von David Grossman im Akademietheater startet am 5. September die Spielzeit 2018/19 in Wien.

Schon tags darauf gibt es die erste „echte“ Premiere: Im Theater in der Josefstadt bringt Janusz Kica Daniel Kehlmanns Dramatisierung „Die Reise der Verlorenen“ zur Uraufführung. Es geht dabei um die reale Fahrt des Schiffs St. Louis, das im Mai 1939 mit 937 deutschen Juden an Bord von Hamburg aus Kuba ansteuerte. Nach der Reihe verweigerten die kubanische, die US-amerikanische und die kanadische Regierung die Aufnahme der Migranten, die wieder nach Europa zurück mussten. Die „Irrfahrt der St. Louis“ wurde von Gordon Thomas und Max Morgan-Witts in dem 1976 mit Oskar Werner verfilmten Sachbuch „Voyage of the Damned“ beschrieben. Kehlmann rücke „nicht die Flucht an sich in den Fokus, vielmehr die Tatsache, dass Menschen sich in einer Situation wiederfinden, in der sie ohnmächtig zum Spielball politischer und wirtschaftlicher Interessen werden“, heißt es zu dem Stück, bei dem Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger als Kapitän an der Spitze eines 28-Personen-Ensembles steht.

Am 8. September startet Volkstheater-Direktorin Anna Badora mit ihrer eigenen Inszenierung von „Der Kaufmann von Venedig“ in ihre vorletzte Saison, die von zwei Fragen geprägt sein wird, die nicht auf der Bühne entschieden werden: Wer wird mit welchem Konzept ihr Nachfolger? Und: Lässt der Bund die mit der Stadt Wien bereits paktierte bauliche Sanierung des Hauses wieder fallen? Badora wird das heikle Shakespeare-Stück als „Spiel mit hohen Einsätzen“ inszenieren: „Geld, Liebe, Rache, Recht - und das nackte Leben“.

Am 11. September geht es weiter mit „Mephisto“ im Burgtheater: Bastian Kraft bringt den Roman von Klaus Mann mit einem großen Ensemble auf die Bühne. Nicholas Ofczarek spielt den an Gustav Gründgens orientierten großen Opportunisten und Schauspielstar Hendrik Höfgen, der sich zum „Affen der Macht, zum Clown zur Zerstreuung der Mörder“ macht. Zwei Tage später erhält die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Autor Daniel Glattauer und Regisseur Michael Kreihsl in den Wiener Kammerspielen eine Fortsetzung: Glattauers neues Stück „Vier Sternstunden“ konfrontiert einen berühmten Autor in der Krise (August Zirner) mit einer ambitionierten Kulturjournalistin (Susa Meyer).

Am 22. September bringt Robert Gerloff das Jugendbuch „Die rote Zora und ihre Bande“ ins Volkstheater. Mit der Komödie „Rotterdam“, in der sich Autor Jon Brittain mit den Themen Homosexualität und Transgender auseinandersetzt, startet der Rabenhof am 25. September in der Regie von Fabian Pfleger in die Spielzeit. Das Schauspielhaus Wien eröffnet am 26. September - der Titel der Produktion wird erst bekanntgegeben. Am 27. September folgt die nächste Akademietheater-Premiere: Milos Lolic inszeniert das Kolonialismus-Stück „Kampf des Negers und der Hunde“ von Bernard-Marie Koltès. Tags darauf kommt es im Burgtheater zu einer besonderen Aufführung: Philipp Hochmair, gefeierter Jedermann-Einspringer in Salzburg, gastiert mit seiner Multimedia-Performance „Jedermann (reloaded)“ und gibt dabei nicht nur ein Echo auf seine eigene Domplatz-Auftritt, sondern auch auf die „jedermann (stirbt)“-Fortschreibung von Ferdinand Schmalz, die im September zwei Mal auf dem Programm des Burgtheaters steht.

Der reiche Theatermonat geht mit einer Doppelpremiere am 29. September zu Ende: Michael Thalheimer inszeniert am Burgtheater „Glaube Liebe Hoffnung“ von Ödön von Horvath und kündigt für Olaf Altmanns Bühne „die größtmögliche Leere“ an: „Ich halte es von absoluter Wichtigkeit, dass um diese Figuren herum nichts ist. Das verstärkt einerseits die Schärfe der Betrachtung, andererseits verschärft es die Einsamkeit und Hilflosigkeit der Figuren. Dass sie wirklich verloren in einer Welt stehen. Hineingeboren in diese Welt, wie bestellt und nicht abgeholt.“ Am selben Tag bringt Elmar Goerden seine Dramatisierung des Romans „Marias Testament“ des irischen Schriftstellers Colm Toibin, die im Februar mit Nicole Heesters in der Rolle der Gottesmutter an den Hamburger Kammerspielen Premiere hatte, an die Josefstadt.

Auch der weitere Theaterherbst verspricht noch zahlreiche Höhepunkte. Im Oktober folgen etwa die beiden Kammerspiele-Premieren „Josef und Maria“ mit Johannes Silberschneider und Ulli Maier (Regie: Alexander Kubelka) und „Acht Frauen“ (Herbert Föttinger inszeniert), Christine Eders Politshow mit Musik „Verteidigung der Demokratie“, die sich u.a. mit der österreichischen Bundesverfassung beschäftigt (Premiere: 18. Oktober) am Volkstheater sowie Georg Schmiedleitners Sternheim-Inszenierung „Der Kandidat“ am Akademietheater.

Am 15. November bringt die slowenische Regisseurin Mateja Koleznik Schnitzlers „Der einsame Weg“ an die Josefstadt (Bernhard Schir spielt den Herrn von Sala, Maria Köstlinger die Irene Herms), einen Tag später hat die polnische Regisseurin Barbara Wysocka mit Schillers „Don Karlos“ am Volkstheater Premiere. Ein Werner-Schwab-Comeback und das Burg-Regie-Debüt von Nikolaus Habjan bringt die „Volksvernichtung“-Premiere am 29. November am Akademietheater.

„Schöne Bescherungen“ bringt die Vorweihnachtszeit in Form von Barbara Freys Ayckbourn-Inszenierung im Burgtheater, wo für Dezember auch Simon Stones moderne „Medea“-Version angekündigt ist. Am 12. 12. hat Dusan David Parizeks Sicht auf Grillparzers „König Ottokars Glück und Ende“ im Volkstheater Premiere, tags darauf bringt Josef E. Köpplinger in der Josefstadt Raimunds „Der Bauer als Millionär“ mit Michael Dangl als Fortunatus Wurzel auf die Bühne.

Mit sehr unterschiedlichen Projekten startet man in den Bundesländern in die neue Saison. Schon am 2. September kann das Salzburger Landestheater mit einer fast festspielwürdigen Attraktion aufwarten: Ben Becker ist der amoralische und tyrannische Kaiser „Caligula“, John von Düffel und Marike Moiteaux inszenieren das Stück von Albert Camus, das in den vergangenen Jahren - u.a. an der Burg und am BE - wieder viel gespielt wird.

Ein Wiedersehen mit Peter Weiss‘ faszierendem Stück „Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade“ bringt am 14. September Katrin Plötners Inszenierung am Landestheater Linz, wo im Herbst u.a. auch Susanne Lietzows Interpretation von Horvaths „Kasimir und Karoline“ (12.10.) und Lars von Triers „Dogville“ in der Regie von Schauspielchef Stefan Suschke (1.12.) neugierig machen. Ebenfalls am 14. September findet die Eröffnungspremiere „Die Spitze der Fontäne“ am Schauspielhaus Graz statt, wo man eine Woche später in Kooperation mit dem steirischen herbst den Roman von Fiston Mwanza Mujila dramatisiert.

Am Landestheater NÖ eröffnet man die Spielzeit am 15. September mit Bertolt Brechts „Der gute Mensch von Sezuan“ in der Inszenierung von Peter Wittenberg. Am Vorarlberger Landestheater beginnt die neue Intendantin Stephanie Gräve ihre Direktion am 22. September mit „Der große Gatsby“ nach dem Roman von F. Scott Fitzgerald (Regie: Ingo Berk). Das Stadttheater Klagenfurt lockt am 4. Oktober mit Shakespeares „König Lear“ in der Inszenierung von Stephanie Mohr, das Tiroler Landestheater am 5. Oktober mit Grillparzers „Das Goldene Vlies“ und zwei Tage später in den neuen Kammerspielen mit der Uraufführung von Felix Mitterers Deserteursstück „Vomperloch“. Regie führt Schauspielchef Thomas Krauß, der zum Republikjubiläum einen Österreich-Spielplan zusammengestellt hat.

(A V I S O - Die APA startet mit dieser Meldung eine Vorschauserie, die in loser Folge auf die Höhepunkte der kommenden Herbstsaison in verschiedenen Sparten aufmerksam macht.)