Pressestimmen zur Niederschlagung des Prager Frühlings vor 50 Jahren

Prag/Bratislava (APA/dpa) - Tschechische und slowakische Tagezeitungen kommentieren den 50. Jahrestag des Warschauer-Pakt-Einmarschs in die ...

Prag/Bratislava (APA/dpa) - Tschechische und slowakische Tagezeitungen kommentieren den 50. Jahrestag des Warschauer-Pakt-Einmarschs in die Tschechoslowakei:

Die liberale Zeitung „Hospodarske noviny“ (Prag):

„Eine Volksweisheit sagt, dass Schweigen Zustimmung bedeutet. So weit kann man selbstverständlich nicht gehen, was das Schweigen des tschechischen Präsidenten Milos Zeman zum 50. Jahrestag des Warschauer-Pakt-Einmarschs in die Tschechoslowakei betrifft. Doch es ist zumindest bedenklich, dass er zu den Ereignissen vom August 1968, an die das ganze Land erinnert, keine Rede halten wird. Erklären lässt sich das nur auf eine Weise: Er weiß nicht, was er tun soll. Denn er würde seinen Freund, Kremlchef Wladimir Putin, verärgern, wenn er zum Beispiel sagen würde, dass sich eine solche Tragödie - die Invasion eines östlichen Imperiums - nie wieder in irgendeiner Form wiederholen darf. Und jegliche Relativierung der damaligen Ereignisse würde zwar im Kreml Begeisterung auslösen, Zeman aber zu Recht zur Zielscheibe heimischer Kritik machen. Deshalb bleibt der Präsident lieber still.“

Die linksliberale Tageszeitung „Pravda“ (Bratislava):

„Es lässt sich darüber diskutieren, inwiefern die Hoffnung naiv war, dass die Kommunisten wirklich selbst aus innerem Antrieb den Übergang vom Stalinismus zur Demokratie bewerkstelligen würden. Gerade wegen der Okkupation werden wir die Antwort nie erfahren. Das ändert aber nichts an der Wirklichkeit und Massenhaftigkeit dieser Hoffnung in den 60er-Jahren und insbesondere im Jahr 1968. Ebenso wenig wie an der Wirklichkeit der massenhaften Erniedrigung, die in den Jahrzehnten danach folgte.

Nicht jeder ist dazu bestimmt, ein Held zu sein, und nicht jeder kommt in eine Situation, in der er dieses Heldentum exemplarisch unter Beweis stellen kann. Und obendrein kann das Heldentum selbst sehr unterschiedliche Formen annehmen, wie sich viele Eltern überzeugen konnten, die dem Wohl ihrer Kinder den Vorzug gegenüber ihrer Selbstverwirklichung gaben.