Taliban lehnten Waffenpause ab - Hunderte Bus-Insassen entführt
Kabul (APA/Reuters/dpa) - Die radikal-islamischen Taliban lehnen die von der afghanischen Regierung angestrebte Waffenruhe ab. Vertreter der...
Kabul (APA/Reuters/dpa) - Die radikal-islamischen Taliban lehnen die von der afghanischen Regierung angestrebte Waffenruhe ab. Vertreter der Islamisten erklärten am Montag, der oberste Anführer Sheikh Haibatullah Akhunzada habe angeordnet, dass der Kampf gegen die Regierung fortgesetzt werde. Fast zeitgleich hatten Taliban-Kämpfer drei Busse mit Hunderten Reisenden in der Provinz Kunduz in ihre Gewalt gebracht.
Präsident Ashraf Ghani hatte am Sonntag trotz der zuletzt heftigen Kämpfe um die Stadt Ghazni eine Waffenruhe mit den Taliban während des bevorstehenden islamischen Opferfestes angekündigt. Diese sollte am Montag beginnen und so lange dauern, wie ihn die Taliban bewahrten. Zwar hatten nach Angaben aus Taliban-Kreisen mehrere Anführer einem viertägigen Waffenstillstand während des am Dienstag beginnenden Opferfestes zugestimmt. Die Billigung durch Sheikh Akhunzada stand aber noch aus.
Dieser rief stattdessen am Montag die Taliban zum weiteren Kampf gegen die Regierung auf. Die Taliban würden aber am Montag mindestens 500 Gefangene freilassen, sagte ein Sprecher der Islamisten. Darunter seien auch Angehörige der Sicherheitskräfte, die bei Kämpfen in drei Provinzen gefangen genommen worden seien.
In der Provinz Kunduz wurden nach Angaben eines Sprechers des Gouverneurs drei Busse auf der Fahrt von der Provinz Takhar in die Hauptstadt Kabul von Taliban-Kämpfern angehalten. Die Islamisten hätten den Passagieren befohlen auszusteigen und sie dann an einen unbekannten Ort verschleppt. Ein Angehöriger des Provinzrats sagte, wegen des bevorstehenden Opferfestes seien die Busse mit etwa 300 bis 400 Menschen sehr voll gewesen.
Ein Sprecher der Islamisten sagte, die Busse seien überfallen worden, nachdem es Informationen gegeben habe, dass sich auch Sicherheitskräfte an Bord befänden. An einem sicheren Ort würden die Papiere der Passagiere überprüft, um Sicherheitskräfte zu identifizieren, sagte der Taliban-Sprecher. Zivilisten würden bald freigelassen. Der Sprecher wollte sich nicht dazu äußern, ob auch Soldaten oder Polizisten aus den entführten Bussen freikommen sollten.
Über den Verbleib der Geiseln gab es am Montag widersprüchlich Angaben. Während der Sprecher des Innenministeriums, Najib Danish, am davon sprach, mehr als 140 Geiseln seien von einem Suchtrupp der afghanischen Streitkräfte befreit worden, widersprachen dieser Darstellung lokale Behördenvertreter. Laut dem Polizeichef des Bezirks Chanabad, Abdul Sahir, wurden noch keine Geiseln von den Taliban freigelassen oder von Regierungskräften befreit. Laut einem zweiten Sprecher des Innenministeriums, Assad Rahimi, waren noch 21 Menschen in den Händen der Taliban.
Der Polizeichef des Bezirks Chanabad, Abdul Sahir, sagte, das Dorf, in dem die Passagiere festgehalten würden, sei unter Taliban-Kontrolle und die Sicherheitskräfte hätten dort keinen Zugriff. Der Bezirksvorsteher von Chanabad, Hajatullah Amir, sagte, es seien bisher drei Frauen freigelassen worden.
Taliban-Kämpfer errichten immer wieder Kontrollposten auf Überlandstraßen und durchsuchen Autos und Busse auf Mitarbeiter der Regierung und Sicherheitskräfte.
Russland kündigte am Montag für Anfang September ein Treffen zum Afghanistan-Konflikt, zu dem auch die radikalislamischen Taliban eingeladen sind, an. Die Konferenz solle am 4. September in Moskau stattfinden und gehöre „zu den Bemühungen, einen Prozess der nationalen Versöhnung in Afghanistan in Gang zu bringen“, sagte der russische Sondergesandte für Afghanistan, Samir Kabulow, der Agentur Interfax zufolge. Genaue Angaben zur Beteiligung der Taliban machte Kabulow nicht. Der afghanische Botschafter in Moskau, Abdul Kajum Kotschai, sagte indes, er rechne mit ihrer Teilnahme. Zwischen Russland und den Taliban hätten sich zuletzt gute Kontakte ergeben. Seiner Darstellung nach hofft Moskau darauf, dass die Taliban gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) vorgehen, die nach ihren Niederlagen in Syrien und dem Irak nach Afghanistan ausgewichen ist.