Literatur

Kindergedichte von Norbert C. Kaser: Leichte Lyrik mit ,,floete“

Selbstporträt auf Stord: Norbert C. Kaser im Sommer 1970 in Norwegen.

Die „scherzi“, Kindergedichte von Norbert C. Kaser, als Herzstück eines Klangbuchs mit Tobias Moretti. Zum 40. Todestag des eigenwilligen Poeten.

Von Benedikt Sauer

Innsbruck –In der Todesanzeige stand „Schriftsteller“. Da war Norbert C. Kaser (1947–1978) noch keiner, ohne Buch am Markt. „Er ist erst jetzt einer geworden“, schrieb zwei Jahre später Franz Schuh, als posthum die ersten Auswahlbände „Eingeklemmt“ und „Kalt in mir“ vorlagen, herausgegeben von Hans Haider, finanziert von Paul Flora.

„norbert c. kaser“, der auf die Kleinschreibung auch des Namens beharrte, hat in einem Schaffensjahrzehnt bis zum frühen Tod am 21. August 1978 nicht nur permanent geschrieben, gedichtet vor allem: in Lehrerzimmern der Bergschulen Flaas und Vernuer, im Kloster und in der Psychiatrie, auf Ansichtskarten und Kellnerblöcken. kaser hat auch eigenwillig „publiziert“. Liebevoll gestaltete er aus Typoskriptdurchschlägen kleine Büchlein seiner Gedichte und Prosaminiaturen, die er an wenige Freunde verschenkte. Acht Ausgaben, die auch den Autorenstatus eines Unsteten unterstrichen.

Ein Bändchen, von dem wir nun erstmals erfahren, enthält kasers (andernorts schon veröffentlichte) Kindergedichte: „10 scherzi für Wendelgard Beikircher“, Lyrik, die kaser für diese Auswahl von 1969 eigens – ungewöhnlich – in konventioneller Groß- und Kleinschreibung schrieb, kindgerechter, leichter lesbar. Die Widmung galt der damals 7-jährigen Tochter eines Freundes.

Dieser Zyklus der „scherzi“ – eine Anspielung auch auf die musikalische Satzform – bildet nun das Herzstück des kleinformatigen, illustrierten Klangbuchs mit CD „meine floete trinkt musik“ in der schönen Reihe des mandelbaum verlags (neben Kraus und Kafka), von Beikircher angeregt. Es wirkt in seiner feinen Gestaltung wie eine Verneigung vor den Artefakten des Autors.

Der Tonfall der „scherzi“ erinnert ein wenig an die schnörkellose Sprache der Kinderlieder Brechts. kaser spielt mit vermeintlich Scherzhaftem. Wenn etwa der mahnende Zeigefinger ausgestreckt wird, ironisch gebrochen: „was du nicht tun sollst//laß keine fliege in/der milch baden//... laß keinen wolf das/rotkaeppchen fressen//laß keine maus ueber/den speck spazieren.“

Angereichert ist die Textauswahl von Peter Rosmanith mit Prosaminiaturen und einigen anderen Gedichten. Tobias Moretti erzeugt beim Lesen Stimmung durch Zurückhaltung, unterstreicht Lakonie und ironische Brechungen durch wirkungsvolle Tempi-Wechsel, überraschende Pausen oder auch durch ein Schnäuzen, wo es sich gehört.

Peter Rosmanith (Perkussion, Schlagzeug, Hang), der die Klangbuchreihe bei mandelbaum konzipierte, und Otto Lechner, der die Vielfalt des Akkordeons auszureizen scheint (und noch Klavier, Melodica, Valiha und Flöten spielt), schaffen ein neues Hörerlebnis. Der Klang begleitet oder er wird ein wenig kontrapunktisch eingesetzt oder steht für sich. Die auch volksmusikalischen Anklänge erweitern ein Spektrum bisheriger Kompositionen zu Texten kasers, etwa von Benno Simma, Anton Prestele, Heinrich Unterhofer oder, ebenfalls zu den „scherzi“, von Peter Suitner.

Zentrale Motive der „scherzi“ hat die Kinderbuchzeichnerin Linda Wolfsgruber illustriert und ergänzend einen Animationsfilm gestaltet, der auf der Homepage des Verlages (www.mandelbaum.at) zu sehen ist.

Schlaglichtartig zeigt die Textauswahl eine Vielfalt der Schreibweisen norbert c. kasers und en passant Lebensstationen: den engagierten Lehrer, der mit eigenen Texten für den Unterricht gegen den Mief der Schulbücher noch in den 1970ern anschrieb und einen Autor, für den der eigensinnige Rabe, der „krah“, den auch Paul Flora im Briefkopf führte, ein Sinnbild war: „traulichkeit ist nichts fuer meines-gleichen.“

Lyrik/Hörbuch norbert c. kaser: meine floete trinkt musik. Gelesen von Tobias Moretti, illustriert von Linda Wolfsgruber, Musik: Otto Lechner und Peter Rosmanith. 40 Seiten; 24,90 Euro.

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