Warten auf Kurz’ Antworten und Mahrers Bestellung
Mit dem heutigen Sommer-Ministerrat sollte die Zeit des Schweigens des Kanzlers beendet werden. Es dürfte auch um Personalien gehen.
Von Michael Sprenger
Wien — „Kein Kommentar!" Dies war in den vergangenen Wochen die Standardantwort, wenn man um eine Stellungnahme des Kanzlers zu strittigen Themen anfragte. Wollte man des Kanzlers Meinung zu den verbalen Attacken des Koalitionspartners, konkret vorgetragen von FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky gegen EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker oder Bundespräsident Alexander Van der Bellen, erfahren, hieß es kurz und bündig: Kein Kommentar! Auch bei der Einladung von Wladimir Putin zur Hochzeit von Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) wolle Sebastian Kurz (ÖVP) nichts sagen. Kneissls Knicks vor dem russischen Präsidenten beschäftigte die internationale Medienlandschaft, nur der Kanzler des Landes, welches derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat, wollte nichts sagen. Auch eine Anfrage zu seinem Abgeordneten Dominik Schrott und dessen nun entlarvtem Fake-Gewinnspiel im Nationalratswahlkampf wollte man gestern im Kanzleramt nicht kommentieren. Heute wird der Kanzler erstmals seit Wochen wieder vor Journalisten auftreten. Und dabei Gelegenheit bekommen, Antworten zu all diesen Vorfällen zu geben.
Damit nicht zu viel gefragt wird, dürfte Kurz zuvor die geplante Pensionserhöhung sowie Personalentscheidungen referieren. Wie am Dienstagabend aus Regierungskreisen durchsickerte, soll der Kurz-Vertraute und Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer (45) ab September nebenbei als neuer Präsident der Nationalbank fungieren. Der Vertrag des bisherigen Präsidenten Claus Raidl läuft mit Ende des Monats aus.
Für die Raidl-Nachfolge war bisher der FPÖ-nahe frühere Weltbank-Direktor Robert Holzmann (69) gehandelt worden. Gestern Abend hieß es jedoch, Holzmann solle im Herbst dem SPÖ-nahen Ewald Nowotny als Nationalbank-Gouverneur nachfolgen. Der Gouverneursposten gilt als der wichtigere.
Der ZiB zufolge sei auch eine weitere Personalentscheidung gefallen: Otmar Karas, ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, soll angeblich der nächste EU-Kommissar aus Österreich werden.
Neuer Rahmen für Forschung
Wien — Der Ministerrat will heute die Weichen für ein Forschungsfinanzierungsgesetz stellen. In Kraft treten soll es mit Frühjahr 2019. Darin werden die zentralen Forschungs- und Forschungsfördereinrichtungen des Landes festgelegt. Anstatt der zumeist Einjahres-Budgets soll es künftigdrei- bis vierjährige Zielvorgaben mitsamt entsprechender Finanzierung erhalten.
Außerdem will die Regierung eine Exzellenzinitiative zur Stärkung der kompetitiven Grundlagenforschung starten, eine Forschungsförderungsdatenbank etablieren, ihre drei forschungsrelevanten Beratungsgremien zusammenlegen sowie die 2020 auslaufende Forschungsstrategie durch eine bis 2030 laufende neue Strategie ergänzen, heißt es in dem von Bildungs-, Wirtschafts- und Infrastrukturministerium vorgelegten Ministerratsvortrag. Für Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) ist der Ministerratsbeschluss „eine wirklich sensationelle Angelegenheit", ein Bekenntnis zur „ Spitzenforschung".
Weniger euphorisch ist der Rat für Forschung und Technologieentwicklung. Er befürchtet, dass Österreich in der Grundlagenforschung den Anschluss an die internationale Spitze verliert. Um das zu vermeiden, empfiehlt das Gremium der Regierung, die im Wettbewerb vergebenen Mittel für Grundlagenforschung zu steigern. So sollte das Budget des Wissenschaftsfonds FWF um 80 bis 90 Mio. Euro jährlich erhöht werden. (TT)