Linde und Praxair bangen um Gelingen ihrer Fusion

München (APA/Reuters) - Die Fusion des deutschen Industriegase-Konzerns Linde mit dem US-Konkurrenten Praxair zum weltgrößten Anbieter von S...

München (APA/Reuters) - Die Fusion des deutschen Industriegase-Konzerns Linde mit dem US-Konkurrenten Praxair zum weltgrößten Anbieter von Sauerstoff und Helium erscheint zunehmend ungewiss.

Zwar gab die EU-Kommission als einer der weltweit wichtigsten Wettbewerbshüter den Plan unter der Bedingung frei, dass Praxair sich von seinem Europa-Geschäft trennt. Als entscheidende Hürde gilt jedoch die US-Kartellbehörde FTC, die sich skeptisch zeigt.

Die Fusionspartner bieten der FTC an, dass Linde einen Großteil seines US-Geschäfts abstößt. Die Konzerne hoffen, dass die Kartellauflagen erträglich bleiben und dass eine Freigabe rechtzeitig kommt. Denn es bleiben nur noch zwei Monate. Wenn bis zum 24. Oktober nicht alles unter Dach und Fach ist, ist die Fusion gescheitert, weil die Aktionäre laut Gesetz nicht länger hingehalten werden dürfen. Mögliche Szenarien:

Wenn die Kartellauflagen der FTC nicht dazu führen, dass Linde und Praxair weltweit Firmenteile mit mehr 3,7 Mrd. Euro Umsatz oder 1,1 Mrd. Euro operativem Gewinn abgeben müssen, kann kaum noch etwas schiefgehen. Dieses Volumen haben die beiden Partner selbst als ihre Schmerzgrenze definiert. Bleibt es trotz der Auflagen von Kartellbehörden in den USA, Europa und anderen Ländern unter dieser Marke, dann lohnt sich die Fusion ihren Berechnungen zufolge auf jeden Fall. Allerdings müssten zusätzliche Unternehmensverkäufe rasch über die Bühne gehen. „Das könnte den Preis drücken“, gibt Fondsmanager Arne Rautenberg von Union Investment zu bedenken. Die bisher vorgesehenen Verkäufe von Firmenteilen in den USA an den deutschen Konzern Messer und in Europa an die japanische Taiyo Nippon Sanso summieren sich auf rund 2,7 Mrd. Euro Umsatz und 700 Mio. Euro Gewinn.

Weil Linde-Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle und Praxair-Chef Steve Angel die Fusion bisher gegen alle Widerstände energisch vorangetrieben haben, rechnen Branchenexperten nicht damit, dass beide Manager ihren Plan aufgeben, wenn für sie nicht alles optimal läuft. „Ich würde mich wundern, wenn beide Partner nicht alles dafür täten, den Deal durchzuziehen“, sagt Rautenberg. „Am wahrscheinlichsten ist, dass die Umsatzschwelle gerissen wird, vielleicht um einige hundert Millionen Euro, die Fusion aber trotzdem stattfindet.“ Der Manager eines anderen Investors, der namentlich nicht genannt werden will, glaubt, dass der Praxair-Chef seine Aktionäre auch dann noch von dem Deal überzeugen kann, wenn die Synergievorteile nicht so groß sind wie die erhoffte eine Milliarde Euro.

Wenn die Kartellauflagen die Schmerzgrenze deutlich überschreiten oder wenn die FTC sich sogar völlig gegen den Zusammenschluss sperrt, würde die Fusion scheitern. Das wäre nach Ansicht von Branchenexperten auch dann der Fall sein, wenn die FTC oder eine andere Kartellbehörde ihre Entscheidung absichtlich so lange hinauszögert, bis die vom deutschen Aktienrecht gesetzte Frist verstrichen ist. „Der Deal ist eigentlich zu gut, um durchzugehen“, sagt ein Fondsmanager, der anonym bleiben will. Denn auch wenn die Fusionspartner nun deutliche Zugeständnisse machen müssten, könne sich das Gasegeschäft auf längere Sicht trotzdem wieder bei den wenigen Großkonzernen Linde/Praxair, Air Liquide und Air Products konzentrieren. Das könnte besonders der FTC ein Dorn im Auge sein. Ob Linde und Praxair nach einem Scheitern ihres Plans einen weiteren Anlauf nehmen könnten, ist in der Branche umstritten.

~ ISIN DE0006483001 WEB http://www.linde.com/ ~ APA312 2018-08-21/15:20