Psychiatrische Erkrankungen können genetisch verwandt sein

Wien/Boston (APA) - Verschiedene psychiatrische und neurologische Erkrankungen könnten genetisch verwandt sein. Das zeigt sich in einer vor ...

Wien/Boston (APA) - Verschiedene psychiatrische und neurologische Erkrankungen könnten genetisch verwandt sein. Das zeigt sich in einer vor kurzem in „Science“ erschienen Studie des internationalen „Brainstorm Consortiums“ von Harvard University und Massachusetts Institute of Technology (MIT; Boston/USA). Wiener Wissenschafter lieferten dazu Daten von jugendlichen Patienten mit Essstörungen.

Die Diagnostik psychiatrischer Erkrankungen, wie zum Beispiel Anorexie, Depression oder Schizophrenie, wurde bisher vorwiegend phänotypisch anhand der Symptome vorgenommen. Andreas Karwautz, Kinder- und Jugendpsychiater der Universitätsklinik der MedUni und Mit-Autor der Studie, wurde dazu am Mittwoch in einer Aussendung so zitiert: „Es gibt keine ‚reine‘ Depression, oder ‚reine‘ Anorexie, die nicht Symptome anderer psychischer Störungen aufweist. Eine Diagnose ist immer heterogen“.

Die Studie des Brainstorm Consortiums, eines Zusammenschlusses mehrerer Arbeitsgruppen der Harvard University und des MIT, analysierte nun Daten zum Genom von rund 265.000 psychiatrischen und neurologischen Patienten sowie von 785.000 gesunden Menschen. Untersucht wurde, ob Erkrankungen mit bestimmten genetischen Merkmalen miteinander zusammenhängen. Für die aktuelle Studie wurden gemeinsame Erbanlagen von fünfzehn neurologischen und zehn psychiatrischen Erkrankungen überprüft.

Die psychiatrischen und neurologischen Krankheiten wurden als jeweils eigene Gruppe betrachtet und dann im Vergleich zueinander. Das zentrale Ergebnis: Es gibt bei einigen psychiatrischen Erkrankungen große genetische Gemeinsamkeiten, wodurch das Risiko sich erhöht, im Fall einer Krankheit auch an der entsprechend korrelierten zu erkranken. Das gilt für Schizophrenie, depressive Episoden, bipolare Störung, Angststörung und ADHS, nicht aber für das Tourette-Syndrom (Tics) und Autismus. Diese wiesen kaum genetische Korrelationen auf. Depression und Angststörung wiederum dürften genetisch eng verwandt sein, auch wenn die Symptome unterschiedlich sind. Dasselbe gilt für Magersucht und Zwangsstörungen sowie für Schizophrenie und bipolare Störung.

Resultat des zweiten Schwerpunktes war, dass sich neurologische Erkrankungen genetisch stärker von einander unterscheiden. Die dritte Schwerpunkt-Analyse zeigte, dass sie sich auch von den psychiatrischen Störungen genetisch unterscheiden, mit Ausnahme der Migräne. Da fanden sich Korrelationen mit ADHS, Tourette-Syndrom und depressiven Episoden. Die Studie zeigte also, dass es bei speziellen genetischen Anlagen zu Überlappungen kommt, wodurch die traditionellen diagnostischen Klassifikationen infrage gestellt werden.