Kreationisten und Verschwörungstheoretiker teilen gleiche Denkweise

Freiburg (APA/sda) - Man hört oft den Satz „nichts passiert zufällig“, oder dass etwas „so kommen musste“. Diese Denkweise nennen Fachleute ...

Freiburg (APA/sda) - Man hört oft den Satz „nichts passiert zufällig“, oder dass etwas „so kommen musste“. Diese Denkweise nennen Fachleute Teleologie. Und sie steht an der Basis zweier Überzeugungen, die sonst wenig miteinander gemein haben: dem Glauben an Kreationismus und dem an Verschwörungstheorien, berichteten Forscher der Universität Freiburg mit französischen Kollegen kürzlich im Fachblatt „Current Biology“.

Teleologisches Denken bringt Annahmen hervor wie „die Sonne geht auf, um uns Licht zu spenden“ oder „das Ziel der Bienen ist es, die Bestäubung von Blüten sicherzustellen“. Schon Voltaire machte sich über derlei Gedanken lustig, indem er seine Figur Pangloss behaupten ließ, die Nase sei zum Tragen einer Brille gemacht.

Dieser Denkweise folgt sowohl der Kreationismus, also der Glaube, dass das Leben auf der Erde durch ein übernatürliches Wesen zu einem Zweck geschaffen wurde, als auch der Glaube an Verschwörungstheorien. Letztere setzen historische oder zeitgenössische Ereignisse in den Kontakt der geheimen Machenschaften mächtiger Gruppen oder Individuen.

Die Anhänger beider Überzeugungen stellen sich die Existenz allmächtiger Absichten hinter den Dingen vor. Sie glauben an verborgene Absichten, die den Ablauf von Ereignissen erklären. Die Aussagen von Wissenschaft, Politik und offiziellen Medien hingegen lehnen sie ab.

Um das Phänomen „alternativer Fakten“ besser zu verstehen, führten die Freiburger Forscher gemeinsam mit Kollegen der Universitäten Rennes und Paris Saint-Denis eine Umfrage unter 150 Schweizer Studierenden durch. Der Fragebogen testete das analytische Denken, esoterische Überzeugungen, die Wahrnehmung von Zufällen, und enthielt Fragen zu teleologischen Gedanken, wie die Uni Freiburg in einer Mitteilung schreibt.

Die Auswertung ergab einen Zusammenhang zwischen der Tendenz, natürlichen Phänomenen eine Bedeutung zuzuschreiben, und dem Glauben an Verschwörungstheorien. Mithilfe weiterer Befragungen von mehreren hundert Personen konnten die Forscher einen Zusammenhang zwischen teleologischem Denken, Kreationismus und Verschwörungstheorien ausmachen, der auch bestehen blieb, wenn sie anderen Variablen wie Religion, Alter oder Bildungsniveau berücksichtigten.

Die Studienautoren betonen, dass teleologisches Denken ein Bestandteil der Kognition von Kindern ist. Es lasse sich nur schwer durch Bildung aushebeln, selbst bei Erwachsenen und manchmal sogar bei Wissenschaftern, schreibt die Uni Freiburg. Es sei daher naheliegend, diese Denkweise als kognitive Verzerrung zu sehen, die Ideen wie den Kreationismus oder Verschwörungstheorien begünstigen.

Die Studienergebnisse hätten große Bedeutung für den naturwissenschaftlichen Unterricht und die Entwicklung kritischen Denkens, schreiben die Forscher. Sie könnten dabei helfen, Strategien zu entwickeln, um irrtümliche und mitunter gefährliche Vorstellungen zu bekämpfen, die sich in den sozialen Netzwerken verbreiten.

(S E R V I C E - Fachartikel-Link: https://doi.org/10.1016/j.cub.2018.06.072)