Architektur

Tipps und Tricks: Kühler Kopf für den Hausbau

Ein Wärmebild zeigt den Zustand der Dämmung. Die hilft nicht nur im Winter, sondern auch gegen Hitze im Sommer.
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Die zunehmende Hitze könnte viele Häuser künftig unerträglich heiß und nahezu unbewohnbar machen. Bauingenieure und Architekten sind auf der Suche nach Abkühlung.

Von Philipp Schwartze

Innsbruck — Der heurige Sommer lässt viele auch in ihren Wohnungen schwitzen. Längst müssen sich Bauingenieure und Architekten damit beschäftigen, wie man die Hitze aussperren kann. Einige Beispiele.

Nord-Süd-Front: Viele Gebäude sind Ost-West ausgerichtet, was durch die stärkere Sonneneinstrahlung die Räume mehr erhitzt. „In Zukunft würde ich die Fronten nach Nord und Süd ausrichten", sagt Wolfgang Feist vom Arbeitsbereich Energieeffizientes Bauen der Universität Innsbruck.

Verschatten: Jalousien, umstehende Bäume oder, bei Südfronten, Dachvorsprünge, die direkte Sonneneinstrahlung vermeiden, halten das Raumklima auf einem erträglichen Maß. „Hier am Bauingenieur-Gebäude der technischen Fakultät Innsbruck fahren die Jalousien automatisch herunter. Man kann sie aber jederzeit übersteuern und aufmachen", erklärt Feist. Vergessene Verschattung kann durch diese technische Lösung nicht vorkommen — und die Raumtemperatur bleibt, trotz Ost-West-Front, erträglich.

Fenstergröße: „Ein Fenster muss nur so groß sein, wie man Licht braucht", sagt Feist und macht sich bei Kollegen der Architektur, die oft von künstlerischen Glasfassaden schwärmen, nicht gerade beliebt. „Man muss auch akzeptierten, dass Architektur Kunst ist", sagt der Bauingenieur. Abhilfe verschaffen bei größeren Fensterflächen zumindest Dreifachverglasung und Spezialscheiben, die den für das menschliche Auge unsichtbaren Teil des UV-Lichts reflektieren.

Nachtlüftung: Auch die Fenster werden am Bauingenieur-Gebäude in Innsbruck automatisch geschlossen (tagsüber) und geöffnet (nachts, sobald die Temperatur draußen niedriger ist als drinnen). So kann die kühle Luft in das Gebäude dringen und ermöglicht, dass das klimaanlagenlose Gebäude zu Zeiten, wenn niemand da ist, kühlt. „Auch für Privathäuser kann man sich das einbauen lassen", meint Feist. Doch dort, wo man nachts schläft, ist natürlich die Lärmbelästigung ein Faktor, der nächtliches Fensteröffnen teils unmöglich macht. Städte müssten demzufolge auch leiser werden.

Farben: So genannte „cool colours", also helle Farben, können die Hitzeentwicklung deutlich senken, da sie viel weniger Wärme speichern. „Die Dächer sind bei uns nur aus Tradition dunkel, aber wenn man daran und an den Fassaden etwas ändert, kann man die Temperatur der Stadt um mindestens zwei Grad Celsius senken, wie Studien gezeigt haben", erklärt Feist. Begrünte Fassaden würden dagegen deutlich weniger bringen. „Das wird überschätzt", sagt der Bauingenieur. Auch seien Pflanzen kein Ersatz für Dämmung.

Dämmen: Eine gute Dämmung hilft nicht nur im Winter, sondern ist auch gegen Hitze wirksam. „Bei zeitgemäßen Bauten haben die Materialien an der Innenseite mehr Einfluss, hier spielen die ersten zehn Zentimeter eine Rolle. Es sollten wärmespeichernde, schwere Materialien verwendet werden", sagt Architekt Joachim Nackler von der Technischen Uni Wien.

Wärmequellen reduzieren: Im Gebäude gilt es, Geräte, die zusätzlich Wärme abgeben, zu vermeiden: etwa große Stand-PCs gegen wärmeneutralere Tablets austauschen, wie Feist erklärt. „Das spart auch 1 bis 2 Grad."

Aktiv kühlen: Wird es noch wärmer, stößt die passive Klimatisierung irgendwann an ihre Grenzen. Die Önorm von 25 Grad in Schlafräumen und 27 Grad als Tagesmaximum kann dann nicht mehr eingehalten werden. Die Wohlfühltemperatur — auch wenn individuell verschieden — liegt mit 24 Grad ohnehin nochmals darunter. „Heutige Klimaanlagen verbrauchen aber weniger, es kann über Filtrat aus Grundwasser und Flüssen gekühlt werden, wofür nur eine Pumpe betrieben werden muss", sagt Feist. Wenn es nicht mehr anders geht, sei das die Lösung.

Simulieren: Joachim Nackler von der TU Wien hat mit „Thesim3D" ein kostenloses Online-Tool entworfen. Damit kann man dank meteorologischer und architektonischer Daten simulieren, welche Temperatur sich im Sommer in den Räumen entwickelt. „Das Programm weiß den Außentemperaturverlauf, die Bauteilorientierung, Flächen, Volumen. Auch die Fensterart kann angegeben werden. So ist es nicht nur Fachleuten, sondern auch mit dem Internet vertrauten Häuslbauern möglich, die Raumtemperatur zu simulieren", erklärt Nackler.

Doch bei den zahlreichen Möglichkeiten, Hitze baulich zu bekämpfen, gibt Feist auch zu bedenken: „Wir müssen die Hauptursache, den Klimawandel, bekämpfen. Und nicht glauben, wir könnten hinterher alles mit Nachjustieren lösen."

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