Waltraut Haas: „Ich war nicht immer ein braves Mariandl“ 1
Wien/Weißenkirchen (APA) - Waltraut Haas, legendäres „Mariandl“ und ebenso legendäre Rösslwirtin im Heimatfilm der 50er- und 60er-Jahre, hat...
Wien/Weißenkirchen (APA) - Waltraut Haas, legendäres „Mariandl“ und ebenso legendäre Rösslwirtin im Heimatfilm der 50er- und 60er-Jahre, hat derzeit einen dichten Terminkalender: Ab 31. August steht sie bei den Wachaufestspielen Weißenkirchen in Ödön von Horvaths „Geschichten aus dem Wiener Wald“ auf der Bühne, und vor wenigen Tagen sind ihre Erinnerungen in Buchform unter dem Titel „Jetzt sag ich‘s“ erschienen.
Beim APA-Interview in ihrer Hietzinger Villa präsentierte sich die 91-jährige Schauspielerin mit bewundernswertem Elan ebenso heiter und liebenswürdig lebhaft wie resolut. Sie gab Auskunft unter anderem über die Angst, die Sympathie des Publikums zu verlieren, über die schönste Zeit ihres Lebens und über Begegnungen mit vielen prominenten Kolleginnen und Kollegen.
Man sitzt auf der Terrasse, Waltraut Haas hat eine erfrischende Aperol-Bowle vorbereitet und lässt sich auch vom Fotografen nicht weiter irritieren. Nur auf ihre vorteilhaftere Seite weist sie hin, von der sie abgelichtet werden möchte. Angesprochen auf den Buchtitel, reagiert die Doyenne des österreichischen Nachkriegsfilms allerdings zunächst mit prophylaktischer Allergie: „Jetzt kommen Sie auch damit! Ununterbrochen werde ich gefragt: Was ist das, was Sie nicht sagen? Sag ich: Das sag ich auch nicht! Sie können mich tausend Mal fragen - Sie können das Buch lesen, dann werden Sie wissen, was das Geheimnis ist!“
Eine Biografie wurde schon vor zehn Jahren publiziert, aber im neuen Buch gehe es auch darum, „was vor meiner Ehe war“, so Haas: „Ich war nicht immer ein braves Mariandl. Wenn man so lange in dem Beruf ist, dann kommen eben Dinge vor, und die hab ich halt erzählt jetzt - und jetzt sag ich‘s“.
Das liebliche „Mariandl“-Image durchbricht der Langzeit-Publikumsliebling spätestens auch mit der Rolle der bösen Großmutter im Horvath-Stück - und das verursacht durchaus einige Skrupel: „Ich hab auch ein bissl Angst, dass das Publikum gerade in Weißenkirchen geschockt sein wird. Ich bin halt der Liebling, wenn ich dort hinkomme: Unser Mariandl ist wieder da. Das werden sie dann vielleicht nicht mehr sagen.“
Doch ihr Sohn (Marcus Strahl, Intendant der Wachaufestspiele und der Neuen Bühne Wien) habe erklärt, diese Rolle hätten alle älteren Burgschauspielerinnen gespielt. Da brauche sie sich nicht zu ängstigen, dass sie dann nicht mehr beliebt sein könnte. Auch in der Theaterfassung von „Hofrat Geiger“ hatte sie 2011 in Weißenkirchen die Großmutter verkörpert: „Das war auch eine böse Hex‘, aber die war witzig! Witzig und listig. Aber ich spiel ja jetzt nicht nur solche Rollen!“
Auf die Frage, wer von den vielen prominenten Persönlichkeiten, denen Haas im Laufe der Zeit begegnet ist, am stärksten in Erinnerung geblieben ist, kommt die Antwort ohne langes Nachdenken: „Sicher natürlich die Arbeit mit meinem Mann (Anm.: Erwin Strahl, 1929-2011), mit dem ich sehr viel unterwegs war, vor allem in Deutschland. Wir haben ja damals nicht nur Filme gemacht, sondern nach der großen Filmzeit auch 30 gemeinsame Theaterproduktionen in Österreich, Deutschland und der Schweiz. ‚Es war die Lerche‘ von Kishon haben wir vielleicht 400 Mal quer durch Deutschland gespielt. Das war für mich eigentlich die schönste Zeit: Mit meinem Mann Theater zu spielen. Ich vermisse ihn sehr.“
Nun hat der Sohn diesen Part zum Teil übernommen. Er schenke ihr auch jedes Jahr eine Schiffsreise, wie sie sie mit Erwin Strahl seinerzeit oft und gerne unternommen hat, und überlege immer, wie er sie in Weißenkirchen einsetzen könne. Wie es denn für sie sei, wenn der eigene Sohn Regie führe? „Ich bin eine ganz eine Brave“, lacht Haas, „ich liebe es, wenn er Regie führt.“ Zuletzt war das beim „Wachauer Jedermann“ der Fall. Bei Horvath inszeniert Martin Gesslbauer, für den Haas nur lobende Worte findet, Marcus Strahl spielt den Fleischhauer Oskar.
Die oft gestellte, unvermeidliche Frage nach der erstaunlichen Fitness ist schnell beantwortet: „Seit meiner Jugend habe ich jeden Morgen geturnt. Fünf Minuten, nicht länger. Und dann zweimal am Tag spazieren gehen mit dem Hund. Das Positive ist eigentlich immer schon in mir drin gewesen. Ich bin dankbar, dass ich soweit gesund bin, dass ich noch einen Beruf habe, der mir viel Freude macht, und dass ich meinen Sohn hab. Er und meine Schwiegertochter Leila kümmern sich rührend um mich.“