Salzburger Festspiele - Currentzis zwischen Heiterkeit und Schmerz
Salzburg (APA) - Die Fallhöhe war nicht groß. Nach drei erfolgreich absolvierten Stationen seines Beethoven-Zyklus‘ mit seinem Orchester mus...
Salzburg (APA) - Die Fallhöhe war nicht groß. Nach drei erfolgreich absolvierten Stationen seines Beethoven-Zyklus‘ mit seinem Orchester musicAeterna wurde Teodor Currentzis am Mittwochabend nicht müde, weiter in der Trickkiste zu wühlen und seiner Interpretation von Beethovens Symphonien neue Aspekte hinzuzufügen. Jubel vorprogrammiert, aber durchaus berechtigt.
Nachdem sich der griechische Ausnahmedirigent am vergangenen Sonntag seinem Schicksal in Beethovens Fünfter gestellt hatte, stand dieses Mal ein Ausflug in die Natur an, die „Pastorale“. Die sechste Symphonie ist ein Ausblick auf die Programmmusik, der im fortlaufenden 19. Jahrhundert noch so viel Bedeutung zu Teil wurde. Die programmatischen Satzüberschriften sind die Steilvorlage für eine aus heutiger Sicht pathetisch anmutenden Erzähl-Symphonie. Da war Ludwig van Beethoven doch recht genau, als er die einzelnen Sätze betitelte. Allen voran der erste Satz, der die „heiteren Empfindungen, welche bei der Ankunft auf dem Lande im Menschen erwachen“ wiedergeben sollte.
Teodor Currentzis dürfte in den letzten Tagen zwar kaum Zeit gehabt haben, einen Ausflug ins Salzburger Land zu unternehmen, dennoch könnte man seinen Einstieg in die Symphonie als Abbild der letzten Tage in der Gegend verstehen. Sommerliche Wärme und die helle Sonne strahlten geradezu aus dem Orchester, was nicht zuletzt Currentzis‘ Vorliebe und Beschäftigung mit Originalklang zu verdanken ist, womit er in der Dimension des Großen Saals der Stiftung Mozarteum auch gut aufgehoben ist. Der auskomponierte Vogelgesang von Oboe und Flöte im zweiten Satz weckte dementsprechend treffend die Vorstellungen der echten Tiere. Die Lust am Erzählen ließ sich schon alleine an den Bewegungen des Dirigenten ablesen. Den dritten Satz, das „lustige Zusammensein der Landsleute“, tanzte er wörtlich mit stampfenden Füßen mit.
Die vierte Symphonie, die nach der Pause folgte, kommt ohne die beschreibenden Satzbezeichnungen aus, obwohl Beethoven sie fast parallel komponierte. Mit ihrer Position zwischen der „Eroica“ und der „Schicksalssymphonie“ hat sie es nicht leicht und wird in der Programmplanung oft stiefkindlich behandelt. Vom Charakter überwiegend unbeschwert, hatte Currentzis vor allem Freude an den Harmoniewechseln. Hätte man hier eine Satzüberschrift nach Manier der Sechsten gesucht, man würde sie bei Beethovens Zeitgenossen Goethe finden: „Himmelhoch jauchzend, zum Tode betrübt“. Die Eingangslast der ersten schleppenden Takte warf er plötzlich wie einen schweren Mantel ab, trieb sein Orchester wie besessen durch das Allegro vivace, schuf Heiterkeit und Freiheit, bis er in der Mitte des zweiten Satzes wieder eine tiefe Wunde aufriss.
Das leidige Thema Tempo, über das nach den ersten Symphonien viel diskutiert wurde, wurde am Mittwochabend nicht sonderlich groß zum Thema gemacht. Natürlich war Currentzis zeitweise wieder flott unterwegs, gerade zum Ende der Vierten, doch in diesem Gang fuhren Dirigenten wie Carlos Kleiber schon lange vor ihm. Das Publikum hat er wieder jubelnd von den Stühlen gerissen und damit seine Erfolgsserie ausgebaut. Am Donnerstag Abend wird der Zyklus mit Beethovens Achter und Siebter wohl einen runden Abschluss finden.
(S E R V I C E - www.salzburgerfestspiel.at)